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Unsichtbare Spuren

Unsichtbare Spuren

Titel: Unsichtbare Spuren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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Platz genommen und sich angeschnallt hatten: » Wohin nun, zu meinen Eltern oder zu mir? «
    » Zu dir. «
    » Okay, dann dauert ’ s aber noch ein bisschen, ich muss nämlich noch kochen. «
    » Wenn ich dir helfen darf, geht ’ s schneller. Außerdem hat meine … Na ja, es heißt, ich sei ein geradezu begnadeter Koch. «
    » Was zu beweisen wäre. «
    » Mein Gott, wenn uns jemand zusammen sieht, die denken doch gleich wer weiß was. «
    » Na und? Seit wann kümmert es dich, was die andern denken? Und mir ist es auch egal. Sollen sie sich doch die Mäuler zerreißen. «
    » Auch wieder wahr. «
    Es war fünf vor halb sieben am Abend, als Lisa auf den für sie reservierten Parkplatz vor dem gepflegten Mehrfamilienhaus fuhr. Henning war noch nie bei ihr gewesen. Früher, als er noch verheiratet war, wäre er nie auf die Idee gekommen, und später hatte er sich so zurückgezogen, dass selbst eine Lisa Santos bald keine Möglichkeit mehr sah, an ihn ranzukommen.
    » Mach ’ s dir bequem, ich muss mal für kleine Mädchen. «
    Henning sah sich um. Er war beeindruckt, wie schön und gemütlich Lisa ihr kleines Reich eingerichtet hatte, mit viel südländischem Flair, vielen Kerzen, vor allem aber vielen Familienfotos, die auf einem Regal standen. Als sie noch klein war, zusammen mit ihren Eltern, Großeltern und mit ihrer Schwester Carmen, als sie noch voll im Leben stand. Beide hielten sich umarmt wie ein Herz und eine Seele. Und er glaubte Lisa, dass Carmen ihr großes Vorbild gewesen und vielleicht noch immer war. Auf einem davon, so schätzte Henning, war Carmen etwa in dem Alter, als das Verbrechen geschah, ein Verbrechen, das sie für den Rest ihres Lebens in ein Pflegeheim gebracht hatte.
    Auf jeden Fall hatte er Lisa gestern Abend zum ersten Mal von einer Seite kennen gelernt, von der er bislang nichts wusste, denn Lisa konnte die verschwiegenste Person überhaupt sein. Stolz und verschwiegen. Er hatte auch kaum ein Wort über sein Privatleben verloren und doch alle spüren lassen, wie schlecht es ihm ging. Es mussten nicht immer Worte sein, oft reichten schon Gesten oder ein demonstratives Sich -Z urückziehen, so wie er es getan hatte. Für einen Moment kam wieder dieses Selbstmitleid in ihm hoch, doch er ließ es nicht zu, weil er es nicht wollte. Er sah sich weiter um und wartete, bis Lisa aus dem Bad kam.
    » Du hast dir ja ein richtiges Nest geschaffen. Sehr gemütlich. «
    » Danke. Aber wenn ich schon allein lebe, will ich wenigstens was davon haben. Die Wohnung ist zum Glück viel preiswerter, als sie aussieht, und die meisten Möbel … Nein, das erzähl ich dir vielleicht ein andermal. Wollen wir loslegen? Die Küche ist gleich nebenan. «
    » Ich wasch mir auch erst mal die Pfoten «, sagte er und ging ins Bad.
    Lisa Santos und Sören Henning verbrachten eine Stunde in der Küche, brieten Steaks, bereiteten Salat und ein Dressing sowie Folienkartoffeln, unterhielten sich dabei und lachten ein paarmal, etwas, das Henning schon lange nicht mehr getan hatte. Das Essen nahmen sie bei Kerzenschein und leiser Musik ein, tranken spanischen Rotwein aus Ribera del Duero und räumten anschließend gemeinsam den Tisch ab und spülten das Geschirr. Zum ersten Mal seit einer schier endlosen Zeit fühlte sich Sören Henning wieder richtig gut, als ob eine große Bürde von ihm abgefallen wäre. Um halb drei sagte er, dass er gehen müsse, doch Lisa meinte wie selbstverständlich, er könne ruhig bleiben und auf der Couch schlafen. Er nahm das Angebot zögernd und doch gerne an.

 
    SAMSTAG, 11.45 UHR
     
    B utcher war exakt anderthalb Stunden unterwegs. Er fand sofort die Straße, in der sein potentieller Kunde, Herr Reuter, wohnte. Ein Wohnviertel am Stadtrand von Buxtehude mit gepflegten Vorgärten und Häusern, die aussahen, als wären sie erst vor kurzem gebaut worden, obwohl einige von ihnen schon älteren Datums waren. Er hielt vor der Nummer 45, stieg aus und klingelte. Ein etwa fünfzigjähriger großgewachsener schlanker Mann mit grauen Haaren kam heraus und reichte Butcher die Hand. Er meinte, Reuters Gesicht schon einmal gesehen zu haben, aber ihm fiel nicht ein, wo das gewesen sein könnte.
    » Tag. Das ging ja schneller als erwartet. Wollen wir erst ins Haus gehen, oder möchten Sie sich gleich ein Bild von dem Prachtstück machen? «
    » Ich sage immer, nicht lange drum herumreden, sondern gleich zur Sache kommen. Wo steht denn das gute Stück? «
    » In der Garage. Wenn Sie mir bitte folgen

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