Unsterbliche Liebe
solltest du deine schlechte Laune an mir auslassen und nicht an anderen.“
Mylan schaute sie verdutzt an. „Wie meinst du das?“, wollte er von ihr wissen. Ayla erzählte ihm von ihrem Gespräch mit Kyra. Kyras Absichten ließ sie natürlich unerwähnt.
„Du hast die arme Kyra ganz schön durcheinandergebracht mit deiner miesen Laune. Sie hat schon gedacht, du seiest wütend auf sie.“
Ihr Bruder sah bedröppelt drein. „Hat sie das?“, fragte er.
„Ja, das hat sie. Vielleicht solltest du dich bei ihr entschuldigen. Oder noch besser: Frag sie doch, ob sie heute mit dir zusammen zu Abend ess en möchte, als Wiedergutmachung so zu sagen. Ich habe gesehen, dass sie ansonsten immer mit ihren zwei kleinen Geschwistern an einem Tisch sitzt. Sie freut sich sicher über ein wenig reifere Gesellschaft.“
Mylan lachte. „Ja, immer nur mit den kleinen Geschwistern am Tisch zu sitzen, kann manchmal wirklich mühsam sein.“
Er zwinkerte Ayla zu und sie boxte ihn in die Seite. „Ich werde sie fragen“, sagte er wieder etwas ernsthafter. Ayla lächelte zufrieden in sich hinein.
A nschließend widmete sich Mylan wieder seinen Bücherstapeln und Ayla schlich ein wenig durch die Gänge der Bibliothek auf der Suche nach guter Lektüre. Sie wusste gar nicht, wo sie anfangen sollte. So viele Bücher, die gelesen werden wollten. Ayla fand eine schöne ältere Ausgabe von Stolz und Vorurteil . Sie hatte das Buch zwar schon zwei Mal gelesen, konnte aber nicht genug davon bekommen. Danach schnappte sie sich noch die Göttliche Komödie und die Kameliendame aus den Regalen. Alles altbekannte Werke, doch die Klassiker waren nun mal einfach am besten und konnten nicht oft genug gelesen werden. Gerade wollte Ayla die Bibliothek verlassen und sich mit ihrer Ausbeute in ihr Zimmer verziehen, als ihr ein Gedanke kam. Unauffällig schlich sie in die historische Abteilung, in welcher ihr Bruder letzte Woche solch ein Chaos veranstaltet hatte. Langsam schlenderte sie den Regalen entlang und ließ ihren Blick über die Buchrücken gleiten. Manche der alten Werke waren schon so vergriffen, dass man die Titel kaum entziffern konnte. Der größte Teil der Bücher behandelte die Geschichte der Menschheit, schließlich war deren Geschichte auf gewisse Weise ja auch die Geschichte der Vampire. Immer wieder fand sie jedoch auch ein Werk, das sich ausschließlich mit der Geschichte der Vampire befasste. Auf einmal fiel ihr Blick auf ein Buch, dessen Titel mit goldenen Lettern geschrieben war. „Die große Spaltung von 1860“ las Ayla. Das musste das Buch sein, nach welchem sie gesucht hatte. Vorsichtig nahm sie es heraus und packte es ganz nach unten zu ihren ausgeliehenen Büchern. Sie machte sich auf den Weg, die Bibliothek so schnell wie möglich zu verlassen. Am Ausgang angekommen, sah Ayla das Register, in welchem sie sich noch mit den Ausleihen eintragen musste. Sie packte einen Stift und trug ihren Namen und die drei Klassiker ein. Das Buch aus der historischen Abteilung ließ sie unerwähnt. Es würde schon nicht gleich jemand danach suchen. Außerdem würde sie es sofort zurückbringen, wenn sie gefunden hatte, wonach sie suchte. Leise öffnete sie die Bibliothekstüre, trat hinaus und machte sich auf den Weg in ihr Zimmer.
A yla hatte nie Vampirunterricht oder dergleichen gehabt. Als sie noch ein Mensch gewesen war, hatte sie natürlich eine Schule besucht. Aber Ayla dachte nicht gerne an die Zeit als Mensch zurück. Seit sie ein Vampir geworden war, hatte sie keinen Schulunterricht mehr gehabt. Bei den Vampiren gab es keine Schulpflicht. Das Wichtigste lernte jeder Vampir in seinem langen Leben von selber und wer sich bilden wollte, der hatte genug Gelegenheit dazu. Natürlich gab es Mythen, Sagen und vampirgeschichtliche Erzählungen, die alle Generationen zu hören bekamen, meist während Tischgesprächen. Auch Ayla hatte das eine oder andere von ihren Brüdern aufgeschnappt. So hatte sie beispielsweise auch erfahren, dass die Vulpari und die Satari schon vor vielen Jahrzehnten aufgrund eines Krieges die Grenze gebildet hatten, die bis heute noch bestand. Als sie damals ihren Bruder Kylan gefragt hatte, um was es bei diesem Krieg denn genau gegangen sei, hatte er angefangen von politischen Meinungsverschiedenheiten und revolutionärem Gedankengut zu sprechen. Da hatte sie abgewinkt. Politik hatte sie nie interessiert. Doch genau über dieses geschichtliche Ereignis wollte sie jetzt ein wenig mehr in
Weitere Kostenlose Bücher