Unsterbliche Liebe
zurecht.
„Hallo, Ayla“, erwiderte sie leise, „lange nicht gesehen. Wie geht es dir?“ Ayla lächelte. Sie mochte Kyra wirklich gerne und hatte sich schon oft gewünscht, sie wäre ihre große Schwester. Schließlich gab es Dinge, bei denen man seine drei großen Brüder nicht um Rat fragen konnte.
„Es geht mir gut, danke. Wie geht es dir? Ich hoffe, mein Bruder lässt dich nicht den ganzen Tag schwere Bücher von einem Ende der Bibliothek zum anderen tragen.“
Kyra lächelte. „Nein, nein, keine Sorge, dein Bruder ist ganz nett zu mir. Und wenn er doch mal schlechte Laune hat, dann ist die Bibliothek ja zum Glück groß genug, um ihm aus dem Weg gehen zu können.“
Ayla lächelte. „Aber er ist hoffentlich nicht oft schlecht gelaunt?“
„Normalerweise nicht“, entgegnete Kyra, „aber letzte Woche gab es einen Tag, da muss ihm eine Laus über die Leber gelaufen sein. So habe ich ihn noch nie erlebt. Den ganzen Tag über wirkte er zerstreut und fahrig, ließ Bücher fallen oder brachte Verzeichnisse durcheinander. Eine ganze Stunde lang hat er medizinische Fachbücher in die historische Abteilung einsortiert. Als ich ihn auf seinen Zustand angesprochen habe, hat er gesagt, er hätte beim Abendessen wohl etwas in den falschen Hals bekommen. Dann ist er davongelaufen und hat mich mit dem ganzen Chaos alleine gelassen. Über drei Stunden habe ich gebraucht, bis alles wieder an der richtigen Stelle war.“ Ayla schluckte hörbar.
„War das vielleicht am Donnerstag?“, fragte sie nach.
„Ja, ja genau am Donnerstag! Ist es dir also auch aufgefallen? Weißt du, was mit ihm los war?“
Ayla nickte. „Wir hatten beim Abendessen so etwas wie … einen kleinen Streit. Eine Meinungsverschiedenheit besser gesagt. Aber jetzt ist alles wieder in Ordnung.“
Auch Kyra nickt e stumm und meinte: „Na dann bin ich ja froh. Und ich bin ehrlich gesagt auch erleichtert, dass es nur um einen kleinen Streit unter Geschwistern ging. Ich dachte schon, ich hätte etwas falsch gemacht und er wäre meinetwegen wütend.“
Kyra sah sie unsicher aus ihren großen, brillenverzerrten Augen an. Wie hätte man einem solch zerbrechlichen Geschöpf je böse sein können?
„Nein, mach dir da keine Gedanken“, sagte Ayla. „Er hat nie etwas davon gesagt, dass er nicht zufrieden mit dir ist. Und wir sprechen eigentlich über alles miteinander.“
Kyra sah aus, als ob sie angestrengt über etwas nachdachte.
„Über alles, sagst du?“, wollte sie dann wissen. „Hat er vielleicht sonst mal etwas über mich gesagt, abgesehen von meiner Arbeit in der Bibliothek?“
Ayla verstand nicht. „Was meinst du?“
Kyra sah aus, als ob ihr unbehaglich zumute wäre. „Du weißt schon, hat er mich sonst mal erwähnt, hat er vielleicht mal gesagt, dass er mich … Ach, nicht so wichtig.“
Sie brach ab und starrte auf die staubigen Buchrücken. Da ging Ayla ein Licht auf.
Mann oh Mann!
Ihre Brüder fanden ja ziemlich Anklang beim weiblichen Geschlecht! Schnell sagte sie von der Seite zu Kyra: „Ach so, jetzt versteh ich! Nun, ehrlich gesagt nein. Aber er hat mir gegenüber auch sonst niemanden besonders erwähnt. Ich könnte ihn ja in die Richtung mal ein wenig für dich aushorchen, wenn du magst.“
Kyra nickte zaghaft. „Und kannst du mir im Gegenzug dafür vielleicht verraten, wo mein liebes Brüderlein jetzt gerade steckt, bevor ich jeden Gang einzeln absuchen muss?“
„Fünftes Regal links von hier, ganz am Ende des Raumes“, antwortete Kyra wie aus der Pistole geschossen. Ayla musste schmunzeln.
K yras Hinweis folgend, traf Ayla kurze Zeit später auf ihren Bruder. Er war von allen Seiten mit Bücherstapeln zugestellt. Eines der Bücher war aufgeschlagen und er kritzelte etwas hinein. Als er sie kommen sah, rief er: „Ayla! Was für eine Überraschung! Du hast mich schon viel zu lange nicht mehr in der Bibliothek besucht!“
Gut, er schien also nicht mehr schlecht gelaunt. Er freute sich sogar, sie zu sehen.
„Das muss ich ja jetzt gezwungenermaßen, wenn du mich schon hier in der Burg festhältst. Was soll ich denn sonst denn lieben langen Tag tun, wenn ich nicht auf die Jagd gehen darf!“
Mylan sah etwas betreten drein. „Du weißt, Ayla, dass ich nur besorgt um dich bin. Es geht mir nicht d arum, dir den Spaß zu verderben oder dich für etwas zu bestrafen.“
„Ich weiß schon“, sagte sie schnell. Sie wollte ihren Bruder nicht wieder in schlechte Stimmung versetzen.
„Aber wenn, dann
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