Unsterbliches Verlangen
um zu James zu gelangen, aber die Hände hielten ihn zu fest umklammert. »Sie haben ihn erschossen!«
»Wäre nicht der erste, Ratte, und du bist der Nächste, wenn du noch ein Wort sagst.« Er schubste Sam. Als er hinfiel, packte ihn eine Hand. »Wirf ihn hinten rein, Dave.«
Er wurde hochgehoben, alles drehte sich um ihn und Sam schlug auf den Boden des Vans auf. Als er den Kopf schüttelte und sich aufzusetzen versuchte, traf ihn etwas. James lag direkt auf ihm. Die Türen wurden zugeknallt, und sie befanden sich im Dunkeln.
Wenig später, nach etwas, das sich anhörte, als würde jemand brüllen, fuhr der Van los und holperte über die unebene Gasse. James hustete, und als sich Sam unter ihm herauswand, roch er Blut. Alles war voller Blut. Frischem Blut. »James, sie haben dich angeschossen. Tut es weh?«
James ächzte und hustete. »Nicht sehr, mein Kleiner.« Wieder ein Erwachsener, der nicht die Wahrheit sagte. »Tut mir leid, James. Du wolltest mir doch nur helfen. Fiese Typen sind das. Echt fies.«
»Hör zu, Sam«, flüsterte James. Sam hoffte, dass sie beim Geräusch des Motors keiner hörte. »Du machst die Tür auf, springst raus und läufst, was du nur kannst. Hol Hilfe, wenn du es schaffst. Mit mir ist im Moment wenig anzufangen.« Er hustete abermals.
Sam glaubte nicht, dass er unbemerkt die Tür aufmachen könnte. Sie würden einfach anhalten und ihn wieder einfangen. Das würde nicht hinhauen, zumal sie die Gasse jetzt verlassen hatten und schneller fuhren, und wenn er James zurücklassen würde, würden sie ihn mit Sicherheit töten. »Ich geh nicht weg«, sagte er. »Aber ich rette uns beide.«
Seine Mum konnte er nicht bemühen, und überhaupt war er sich nicht sicher, ob er in Kontakt mit ihr würde treten können. Er hatte es noch nie versucht, aber Dad musste doch in der Nähe sein. Er hatte seine Nähe seit jenem Abend gespürt, als er an sein Fenster gekommen war. Sam setzte sich auf, so gut er konnte, und lehnte sich die Seitenwand des Vans. Indem er versuchte, die Vibrationen und Stöße möglichst zu ignorieren, konzentrierte er sich. Dad, dachte er bei sich und tat sein Möglichstes, um seinen Vater gedanklich zu erreichen. Dad, hilf mir! Bitte, bitte, Dad, hilf mir!
Dann kam es, schwach, aber klar. Sam? Sam grinste und hätte am liebsten in die Hände geklatscht. Er hatte Kontakt zu seinem Dad. Alles würde gut werden. Wo bist du, Sam? Was ist passiert?
In einem Van. Einem weißen. In der Seitengasse hinter dem Haus. Sie sind gerade rechts abgebogen. In Richtung Dorfwiese, glaube ich, Dad. Komm bitte schnell!
Ich komme sofort, mein Sohn. Warte! Sein Vater war stärker. Näher. Okay, mein Sohn. Ich bin unterwegs. Wer sind sie?
Der Mann, der das Auto geklaut hat. Den anderen kenn ich nicht.
Schon gut, mein Sohn. Ich beeile mich. Trotzdem schien es eine Ewigkeit zu dauern, während derer James ununterbrochen hustete und keuchte. Er atmete röchelnd, und Sam fürchtete, er würde sterben. Bitte, Dad.
Ich kann den Van jetzt sehen, Sam! Ich bin direkt hinter dir, und Tom ist auch bei mir!
Nun konnte ihnen nichts mehr passieren!
Stella rannte voran und holte Judy am vorderen Ende der Gasse ein.
»Was ist passiert?«, fragte Stella, spürte aber intuitiv, dass sich Sam in Gefahr befand und große Angst hatte.
»Ein Van! Sie haben James und den Jungen mitgenommen. Einfach hinten reingeworfen und ab!«
»Welche Richtung?«, fragte Antonia.
Judy schnappte ein paar Mal nach Luft, fing sich aber wieder. »Rechts. Zur Dorfwiese!«
Wo es Hunderte von Möglichkeiten gab, sich eines Menschen oder einer Leiche zu entledigen. Stellas Herz erstarrte. »Ich muss Justin erwischen. Dann kümmere ich mich um Sam.«
»Warte!«, sagte Antonia. Stella war außer sich. Sie wusste, sie konnte den Lieferwagen einholen, aber was war mit Judy? »Wir fahren mit unserem Van hinterher. Hol ihn, Elizabeth!« Während sie das sagte, umfasste sie Judys zitternde Schultern und drückte sie. Nicht um die Sterbliche zu trösten, obschon die Geste sie vielleicht schon ein wenig beruhigen würde, sondern um zu verhindern, dass sie die dunkle, feuchte Spur sah, die sich über die Gasse hinzog. »Wir befreien ihn, Stella. Keine Angst. Wenn der Van da ist, nehmen wir die Verfolgung auf. Kannst du Kontakt mit Justin aufnehmen?«
Natürlich konnte sie das! Sie hatte eine Gedankenverbindung mit Justin und hätte sie längst nutzen sollen, anstatt in Panik zu geraten. Stella schloss die Augen und sammelte sich.
Weitere Kostenlose Bücher