Unsterbliches Verlangen
Hälfte eines Doppelhauses dazugekauft, als Peter geboren wurde. Da drin« – sie klopfte sich auf ihren Bauch – »sind die Nummern vier und fünf. Nebenbei betreibe ich noch einen Partyservice – hier sehen Sie eine kleine Auswahl.« Sie wies auf den Korb. »Als dann also unser Nachbar von nebenan ausgezogen war, haben wir eine schwindelerregende Hypothek aufgenommen und die andere Hälfte dazugekauft. Es ist ein Traum. Wir haben so viele Zimmer jetzt und eine herrlich geräumige Küche für meine Geschäfte.« Sie lächelte, und ihre Augen blitzten. »Ian sagt, ich hätte den kürzesten Weg zur Arbeit, den man sich vorstellen kann: die Treppe hinunter und dann links herum.«
Elizabeth nahm einen Schluck Tee. »Das mit dem Partyservice klingt fantastisch, aber auch nach verdammt viel Arbeit. Wie alt sind denn Ihre Kinder?«
»Das älteste schon geht zur Schule. Die anderen sind nachmittags in einer Spielgruppe, und wenn nicht, dann habe ich ein nettes Au-pair-Mädchen, Nina aus Schweden.« Das Fleisch in dem Korb duftete immer unwiderstehlicher. Steak, der Nase nach zu urteilen. »Sie ist fantastisch, und die kleinen Rangen lieben sie, und, was noch besser ist, sie hören auch auf sie.« Sie hielt inne. »Genug geredet jetzt. Sollten Sie mal Unterstützung für eine Party oder ein Abendessen brauchen, meine Telefonnummer und die Preisliste sind im Korb.«
»Ich habe schon die tollsten Sachen von Ihrem Essen gehört«, sagte Elizabeth.
Emma erstarrte. »Von Mike Jenkins?«
»Nein.« War vielleicht nicht der geeignete Augenblick, aber woher sollte sie das wissen? »Von Dixie.« Emma war sichtlich schockiert, aber Elizabeth redete trotzdem weiter. »Dixie LePage.«
»Sie kennen Dixie!«
Elizabeth kämpfte gegen ihre Schuldgefühle an. Wie konnte sie eine schwangere Frau nur so vor den Kopf stoßen. »Wir haben uns zufällig in den USA kennengelernt.« Das stimmte immerhin. »Wir kamen ins Gespräch, und sie erzählte von ihrem Haus in Südengland, das sie verkaufen wollte. Ich wusste, dass Antonia hier in der Gegend was suchte, und so sind wir jetzt hier. Sie hat uns viel von Bringham erzählt und auch ein paar Namen erwähnt, darunter auch Ihren.« Hoffentlich schadete diese Art Dauerschock Schwangeren nicht allzu sehr.
»Ich bin platt!« Emma schnaubte leicht. »Sie sind auch Amerikanerin, nicht wahr?« Elizabeth nickte, worauf Emma fortfuhr. »Wie klein die Welt doch ist. Ich bin so neugierig, dass ich gar weiß nicht, wo ich anfangen soll … Geht es ihr gut?«
Mehr als gut, aber die Einzelheiten gingen Emma nichts an. »Wunderbar. Sie lebt in Ohio und ist beruflich selbstständig. Von ihr haben wir viele nützliche Informationen über Bringham. Ich glaube, ihr war nicht ganz wohl bei dem Verkauf. Immerhin ist es alter Familienbesitz.«
Emma reagierte prompt. »Das überrascht mich nicht. Sie hat dieses Gemäuer geliebt, aber nach allem, was war …« Sie unterbrach sich. »Ich will ja nicht tratschen, aber …«
»Ja?« Antonia half ihr auf die Sprünge. »Sie hat gewisse Unannehmlichkeiten erwähnt.«
Emma rollte mit den Augen. »›Unannehmlichkeiten‹ ist leicht untertrieben. Tatsache ist, dass wir, während Dixie hier war, die größten Turbulenzen in Bringham seit dem Zweiten Weltkrieg hatten. Damals war ein deutscher Bomberpilot mit dem Fallschirm auf der Dorfwiese gelandet.« Sie hielt inne, um einen Schluck Tee zu trinken. »Kurz gesagt, wir hatten hier Brandstiftung und einen Mordfall, und dann ist noch jemand unter mysteriösen Umständen verschwunden. Einer von den örtlichen Honoratioren drehte komplett durch und hat sich selbst und dem halben Dorf Gott weiß was alles vorgeworfen. Manches davon erwies sich als wahr, aber das meiste wurde als Spinnerei abgetan. Sie können sich gar nicht vorstellen, was da alles ans Tageslicht kam. Geschichten von Hexen, Vampiren …«
Elizabeth’ Blicke schweiften zu Antonia. Sie beide glaubten alles sofort. »Aber jetzt hat sich die Lage wieder beruhigt?«, fragte Antonia.
Emma nickte. »Einigermaßen. Trotzdem wurde viel Staub aufgewirbelt und so manches Leben aus der Bahn geworfen. Meine Nachbarin Sally ist weggezogen, nachdem Sebastian, der verrückt gewordene Anwalt, sie und noch ein paar andere bezichtigt hat, an einem Mord beteiligt gewesen zu sein. So richtig geklärt wurde die Sache nie, aber sie hielt das ganze Dorf neun Tage lang in Atem.«
»Kann ich mir denken«, sagte Elizabeth. »Ist sonst was Interessantes passiert
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