Unsterbliches Verlangen
Dad. Wer ist es denn?«
»Er ist Töpfer. Ein gewisser Michael Langton.«
»Oh! Der eigenbrötlerische Langton!« Judy schüttelte lächelnd den Kopf. »Er ist schwer zu finden, steht nicht im Telefonbuch und zieht sich auch sonst auf ganzer Linie zurück. Ein Rätsel, wie er geschäftlich über die Runden kommt, aber er scheint zu verkaufen noch und noch. Ich selbst hab ihn nie kennengelernt, nur mein Vater. Für eine Wohltätigkeitsauktion zur Renovierung unserer Kirche hat Michael Langton eine wirklich sehr schöne Suppenterrine und mehrere Teller beigesteuert. Zu Dad hat er gesagt, er würde gerne seinen Beitrag leisten, solange er nicht zu erscheinen brauche. Seltsamer Vogel, aber seine Sachen waren hübsch.«
»Haben Sie welche hier?«
Judy schüttelte den Kopf. »Sind alle weggegangen, und zu einem guten Preis. Der Käufer, jemand aus Effingham, sah darin trotzdem ein wahres Schnäppchen. Anscheinend ist Langton im ganzen Land bekannt. Aber was nun seine Adresse angeht«, sie hielt inne, »lassen Sie mich Sylvie anrufen, die Herausgeberin des Pfarrblatts.«
Judy griff zum Telefon und wählte blitzschnell eine gespeicherte Nummer. Nach Erkundungen über den Gesundheitszustand ihres Vaters, der sich offenbar schon sehr auf einen zweiwöchigen Urlaub in der Bretagne zu freuen schien, notierte sie sich entweder eine scheinbar sehr lange Adresse, oder aber eine höchst komplizierte Wegbeschreibung. »Die Adresse lautet Manor Farm Cottages , aber von der Manor Farm Road aus kommen Sie nicht hin.« Sie gab Antonia ein Stück Papier. »Das ist wortwörtlich der Anfahrtsweg, wie ihn Sylvie beschrieben hat. Für den Fall, dass Sie sich nicht zurechtfinden, hab ich unten noch Sylvies Nummer notiert. Rufen Sie sie an. Sie hat da schon das Pfarrblatt ausgetragen.«
Der Zettel war voller großer kringeliger Buchstaben, aber halbwegs leserlich. Antonia steckte ihn ein. »Vielen Dank. Sie haben mir wirklich sehr geholfen.«
»Freut mich. Sie hatten Glück, da ich selten hier bin, aber mir ist zufällig eingefallen, dass sich ja Mum und Dad mal über ihn unterhalten haben.« Sie hielt inne. »Möchten Sie, dass sich Mum noch ein bisschen umhört im Dorf? Oder haben Sie besondere Ansprüche und sind vielleicht an Amateurware nicht interessiert?«
»Sicher werde ich sehr stark auswählen.« Bei Abel, das würde sie auch müssen. »Aber ich habe nichts gegen Amateure. Letztlich zählen Qualität und Originalität. Trotzdem würde ich mich freuen, überwiegend mit Leuten aus der Gegend zusammenzuarbeiten. Kennen Sie vielleicht noch jemanden?«
»Nur zwei alte Ladys, die Misses Black. Zwei Schwestern, die in den Gemeindewohnungen an der oberen Hauptstraße wohnen. Sie stricken, und das schon seit Jahren. Zu Weihnachten ließ Mum bei ihnen einen wunderschönen Poncho für mich machen. Ihre Arbeiten können sich echt sehen lassen und sind eine ganze Ecke besser als das Zeug, das man uns für die Kirchenbasare zur Verfügung stellt.«
»Die beiden hat schon jemand erwähnt. Hätten Sie vielleicht die Adresse oder die Telefonnummer?« Beides hatte Judy. Antonia nahm einen Schluck Tee. »Leider muss ich schon gehen, aber ich würde gerne noch versuchen, den schwer greifbaren Töpfer ausfindig zu machen, ehe ich nach Hause fahre.«
»Ich selbst«, fuhr Judy zögernd fort, »mache Stickereien und Collagen. Ein paar Kissen hab ich schon an einen Inneneinrichter in Oxford verkauft. Damit konnte ich mein Stipendium ein wenig aufbessern.«
Schreckliches Zeug unter Umständen, aber man wusste ja nie. »Haben Sie vielleicht gerade eines da?« Antonia schielte auf den Berg Nähzeug, den Judy zuvor weggeräumt hatte.
»Ich bin noch mitten in der Planungsphase«, erwiderte sie, während sie Antonias Blick folgte, »aber letztes Jahr habe ich Mum und Dad zwei zu Weihnachten geschenkt. Ich hol sie schnell.«
Während sie nach oben lief, nutzte Antonia die Gelegenheit, den Inhalt ihrer Tasse in den Ausguss zu schütten. Sie nahm gerade wieder Platz, als Judy mit zwei großen Kissen im Arm zurückkam.
Antonia wären beinahe die Augen aus dem Kopf gefallen. Beide hatten die Größe eines veritablen Kopfkissens und stellten eine atemberaubende Mischung aus Farben, Stoffen und Stickmustern dar. Auf beiden standen im Vordergrund winterlich kahle Bäume. Bei dem einen leuchtete der Hintergrund in hellen Orange-, Gelb- und Rottönen, beim anderen war es eine Mischung aus Hellblau und Weiß mit rosafarbenen und violetten Streifen.
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