Unten Am Fluss - Watership Down
das nicht hören kann, vermißt er es. Sein Name ist – Kehaar. Es ist das Geräusch, welches das Wasser macht.«
Die anderen waren unwillkürlich beeindruckt.
»Nun, warum ist er hier?« fragte Hazel.
»Er sollte eigentlich nicht hier sein. Er sollte schon lange zu dieser großen Wasserfläche unterwegs sein, um zu brüten. Anscheinend gehen eine Menge von ihnen im Winter fort, weil es kalt wird und stürmisch. Dann kehren sie im Sommer wieder zurück. Aber er ist schon einmal in diesem Frühling verletzt worden. Es war nichts Ernstliches, aber es hielt ihn auf. Er ruhte sich aus und lungerte ein Weilchen in der Nähe einer Krähenkolonie herum. Dann wurde er wieder kräftiger und verließ sie, und er kam ganz gut voran, als er auf dem Bauernhof haltmachte und dieser dreckigen Katze begegnete.«
»Wenn es ihm besser geht, zieht er also weiter?« sagte Hazel.
»Ja.«
»Dann haben wir unsere Zeit verschwendet.«
»Warum, Hazel, was hast du vor?«
»Geh und hol Blackberry und Fiver – am besten auch Silver. Dann werde ich es erklären.«
Die Stille des Abend silflay, während die westliche Sonne direkt auf die Hügelkette fiel, die Grasbüschel Schatten warfen, die doppelt so lang waren wie sie selbst, und die Luft nach Thymian und Heckenrosen roch, war etwas, das zu genießen sie alle gekommen waren, mehr noch als an den früheren Abenden in den Wiesen von Sandleford. Obgleich sie es nicht wissen konnten, war das Hügelland einsamer, als es Hunderte von Jahren zuvor gewesen war. Es gab keine Schafe, und die Dorfbewohner von Kingsclere und Sydmonton hatten keinen Anlaß mehr, über die Hügel zu gehen, weder geschäftlich noch zum Vergnügen. In den Wiesen von Sandleford hatten die Kaninchen fast jeden Tag Menschen gesehen. Hier hatten sie seit ihrer Ankunft nur einen einzigen gesehen – und den auf einem Pferd. Hazel blickte sich in der kleinen Gruppe, die sich im Grase versammelte, um und sah, daß alle – selbst Holly – kräftiger, glatter und in besserer Verfassung waren als bei ihrer Ankunft in dem offenen Hügelland. Was immer vor ihnen liegen mochte, er konnte für sich in Anspruch nehmen, sie soweit nicht im Stich gelassen zu haben.
»Uns geht es hier gut«, begann er, »so scheint es mir jedenfalls. Wir sind bestimmt nicht mehr ein Haufen hlessil. Aber trotzdem habe ich etwas auf dem Herzen, und ich bin wirklich erstaunt, daß ich der erste von uns sein sollte, der daran denkt. Wenn wir nicht eine Antwort darauf finden können, dann ist dieses Gehege so gut wie erledigt, trotz allem, was wir getan haben.«
»Nanu, wie kann das sein, Hazel?« sagte Bigwig.
»Erinnerst du dich noch an Nildro-hain?« fragte Hazel.
»Sie hörte auf zu laufen. Armer Strawberry.«
»Ich weiß. Und wir haben keine Weibchen – nicht eines –, und keine Weibchen bedeutet keine Jungen und in ein paar Jahren kein Gehege.«
Es mag unglaublich erscheinen, daß die Kaninchen einer so lebenswichtigen Frage bisher keinen Gedanken gewidmet hatten. Aber die Menschen haben denselben Fehler mehr als einmal gemacht – ließen die ganze Angelegenheit außer Betracht oder begnügten sich damit, dem Glück oder dem Zufall des Krieges zu vertrauen. Kaninchen leben in der Nähe des Todes, und wenn der Tod näher kommt als gewöhnlich, läßt der Gedanke ans Überleben wenig Raum für irgend etwas anderes. Aber jetzt, im Abendsonnenschein auf dem freundlichen, leeren Hügelland, mit einem guten Bau im Hintergrund und Gras im Bauch, das sich in Kügelchen verwandelte, wußte Hazel, daß er Sehnsucht nach einem Weibchen hatte. Die anderen waren still, und er konnte feststellen, daß seine Worte gewirkt hatten.
Die Kaninchen grasten oder nahmen ein Sonnenbad. Eine Lerche schwang sich zwitschernd in den helleren Sonnenschein weiter oben, stieg auf und sang und kam langsam wieder herunter, mit einem seitlichen Gleitflug und einem Bachstelzen-Lauf durch das Gras die Vorstellung beendend. Die Sonne sank tiefer. Schließlich fragte Blackberry: »Was sollen wir tun? Uns wieder auf den Weg machen?«
»Hoffentlich nicht«, sagte Hazel. »Ich möchte, daß wir uns ein paar Weibchen schnappen und sie hierherbringen.«
»Woher?«
»Aus einem anderen Gehege.«
»Aber gibt es überhaupt welche auf diesen Hügeln? Der Wind trägt nicht den geringsten Kaninchengeruch herüber.«
»Ich werde euch sagen, wie«, sagte Hazel. »Der Vogel. Der Vogel wird losziehen und für uns suchen.«
»Hazel-rah«, rief Blackberry, »was für eine glänzende
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