Unter allen Beeten ist Ruh
Kurz – na klar.« Matthias grinste und ging die Treppe hinunter. »Ich seh’ dich dann nächste Woche …«
»Geh doch schon mal rein«, sagte Pippa zu Karin und schloss die Wohnungstür, »ich bringe alles mit. Milch und Zucker?«
»Beides – und so viel wie möglich.«
Durch die Verbindungstür ging Karin in Pippas kleines Reich und schlenderte zum Schreibtisch.
Pippa hatte gerade die Teekanne auf das Tablett gestellt, als ihre Freundin nebenan in schallendes Gelächter ausbrach und rief: »Was sind denn die Bar-Devisen der Haubentaucher? Würmer oder Muscheln?«
»Bitte?«
Als Pippa den Raum betrat, las Karin kichernd vor: »… so steht zu befürchten, dass die Bar-Devisen des Podiceps cristatus besonders in unseren Breiten aufgrund raumgreifender Verstädterung in erschreckend hoher Zahl abnehmen werden . Ich kenne mich mit Flugbuchungen aus, nicht mit Federn. Aber so, wie ich das verstehe, sieht es an der Haubentaucher-Börse gerade sehr schlecht aus.«
Pippa riss Karin das Manuskript aus der Hand und starrte ungläubig darauf. Dann begann sie zu lachen.
» Badewiesen! Badewiesen wollte ich schreiben!«
Pippa lachte, bis ihr die Tränen kamen, und Karin ließ sich anstecken.
»Da siehst du, was passiert, wenn ich dauernd gestört werde. Wenn ich das abgegeben hätte, wäre ich zusammen mit den Haubentauchern baden gegangen!« Sie wischte sich die Lachtränen von den Wangen. »Ehrlich, ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Das darf mir einfach nicht passieren, sonst kriege ich keine Aufträge mehr. Wenn sich das herumspricht …«
Beim bloßen Gedanken an die Konsequenzen schauderte sie.
» Tante Piiih-Paaah, Tante Piiih-Paaah …« , sang der Kinderchor im Hof. »Da! Hörst du?« Pippa rang in komischer Verzweiflung die Hände.
»Kein Wunder, dass du nicht richtig arbeiten kannst. Du brauchst eine eigene Wohnung«, stellte Karin fest.
»Kennst du eine, die billiger ist als diese hier? Hier zahle ich mit nichts als meiner Geduld.«
»Genau darum bin ich hier«, sagte Karin, »sonst hätte ich dich nicht gestört. Ich weiß eine Lösung.«
Pippa sah ihre Freundin skeptisch an. »Unter einer Million Schmerzensgeld heirate ich nicht noch mal.«
»Viel besser!« Karin machte eine Kunstpause und fuhr dann fort: »Schreberwerder. Da ist es wirklich ruhig!«
»Ich soll auf die Insel ziehen? In euren Schrebergarten?«
Pippa kannte die kleine Havelinsel im Norden Berlins aus Kindertagen, denn Karins Vater besaß dort seit Jahrzehnten ein Grundstück. Aber erst vor vier Jahren, als Pippa schon lange mit Leo in Italien lebte, hatten ihre Freunde dort eine eigene Parzelle erworben. Bisher hatte sich keine Gelegenheit ergeben, Karin auf der Insel zu besuchen. »Aber den braucht ihr doch selber – der Sommer beginnt gerade. Die Kinder sind bestimmt nicht begeistert, wenn ich ihr Hochbett belege.«
»Nicht unser Garten«, rief Karin triumphierend, »der meines Vaters!«
»Ich dachte, Viktor ist Dauerwohner.« Pippa zeigte auf ihr kleines Reich. »Ich glaube kaum, dass er mit mir tauschen will.«
»Mein Vater ist dank Sven zum Cyber-Opi avanciert und surft unermüdlich durchs World Wide Web. Jetzt plant er eine lange Reise mit dem Wohnmobil. Durch Italien. Mit Internetbekanntschaften. Er hofft mal wieder, die Frau fürs Leben zu finden. Er sucht jemanden, der sein Häuschen hütet. Ich habe dich vorgeschlagen.«
»Wann will dein Vater denn losfahren?«, fragte Pippa zögernd.
»Morgen Abend.«
Vor ihrem geistigen Auge sah Pippa Viktor Hausers Parzelle, die Gemüsebeete, die regelmäßig gejätet und bewässert werden mussten, Obstbäume, Sträucher mit Beeren aller Art, üppig blühende Blütenpracht, den saftig grünen Rasen … und sie sah Karins Vater mit Strohhut und ausgeblichener Jeans-Latzhose, wie er in seinem Garten werkelte. Zum Bild eines Schrebergartens, vor dem geistigen Auge oder real, gehörte für Pippa zwingend ein Mensch, der auf Knien durch seinen Garten robbte und Unkraut zupfte. Und genau so hatte sie es aus Kindertagen in Erinnerung, wenn sie mit Karin in Viktor Hausers Garten spielte.
»Ich verstehe nichts von Gartenarbeit. Dein Vater erschlägt mich, wenn ich seinen Garten ruiniere.«
»Darum kümmern sich seine Freunde. Nur regelmäßig sprengen musst du und die Eier der Hühner gerecht an die Nachbarn verteilen.«
Pippa vergaß alle weiteren Bedenken. »Das kann ja nicht so schwer sein. Das könnte ich schaffen.«
Grinsend wiegte Karin den Kopf. »Warte, bis
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