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Unter allen Beeten ist Ruh

Unter allen Beeten ist Ruh

Titel: Unter allen Beeten ist Ruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auerbach , Keller,
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ruhigen Dienst schob und Wörter wie ruckzuck oder sofort höchstens aus der Theorie kannte.
    »Danke, Freddy. Ich weiß dein Angebot zu schätzen. Allein der Gedanke, jederzeit von der Insel herunterzukönnen, wird jeglichen Inselkoller im Keim ersticken.«
    Freddy knurrte etwas Unverständliches und fing die Leinen auf, die ihm der Kapitän der Rieke zuwarf.
    Nante war fast zwei Meter groß und konnte auf der Brücke nur sitzen oder leicht gebückt stehen. Er hatte schwarze Locken und wettergegerbte Haut und entsprach Pippas Bild von einem entspannten Flussschiffer, der zufällig ein paar Passagiere aufliest.
    »Hm.« Freddy musterte Nante, als dieser geschmeidig auf den Landungssteg sprang und ihnen entgegenkam. »Die neue Arbeit tut ihm gut.«
    »Das kann man wohl sagen.« Pippa blinzelte rasch die aufkeimende Erinnerung an ihren braungebrannten Italiener fort.
    Nante tippte mit zwei Fingern an den Schirm seiner Kapitänsmütze. »Hallo, Exkollege! Was macht unser Revier?«
    »Arbeit.« Da ihm klargeworden war, dass Pippa sich unwiderruflich nach Schreberwerder einschiffte, fiel Freddy in seinen einsilbigen Gesprächsmodus zurück.
    »Was verschafft mir die Ehre deines Besuches? Willst du eine Runde mitfahren?«
    Während Nante sich mit Freddy unterhielt, hatte er Pippas Koffer auf die Fähre gewuchtet und wandte sich der ersten Kiste zu.
    Freddy zeigte auf Pippa. »Meine Schwester Pippa. Nach Schreberwerder.«
    Nante stutzte einen Moment und reichte Pippa dann die Hand. »Dann sind Sie also der Neuzugang. Gratulation, Sie haben gegen mich gewonnen. Das kommt selten vor.«
    »Gewonnen? Was denn?« Pippa war so erstaunt, dass sie vergaß, ihre Hand aus der Nantes zu lösen.
    Nante lächelte strahlend und musterte Pippa unauffällig von der Schiebermütze über die weiße Leinenjacke und die abgetragenen Jeans bis hin zu den orangefarbenen Strohsandalen.
    »In Viktors Haus hätte ich es auch eine Weile ausgehalten«, erklärte er. »Ich habe ihm sogar angeboten, das Dach neu zu decken. Aber Viktor wollte partout frisches Blut auf der Insel. Jetzt verstehe ich, warum.« Er ließ ihre Hand los.
    »Oh. Das tut mir leid. Ich wusste nicht …«
    Nante winkte lässig ab. »Keine Sorge, ich werde trotzdem nicht von der Insel fernzuhalten sein. Ich habe Familie dort.«
    Er griff nach der kleineren Kiste und stutzte, als diese sich keinen Millimeter bewegte.
    Pippa packte schnell mit an. »Bücher«, sagte sie verlegen, »alle, die ich schon seit Jahren lesen will.«
    Gemeinsam hievten sie die Kiste an Bord.
    »Dem Gewicht nach zu urteilen, kommt Viktor also in etwa drei Jahren zurück«, schnaufte Nante, »das wäre mir sowieso zu …«
    Er brach mitten im Satz ab und sah staunend Freddy zu, der leichthändig die zweite, größere Kiste an Bord trug. »Irgendwas muss sich auf dem Revier doch verändert haben, wenn selbst Freddy jetzt diese riesige …«
    Freddy warf Pippa einen Blick zu, und sie verkniff sich ihm zuliebe zu verraten, was die große Kiste enthielt: Kopfbedeckungen aller Art. Ihre Vorliebe für Hüte, Schals und Mützen in allen Formen und Farben hatte in der Schule begonnen, wo sie ständig für ihre roten Haare gehänselt wurde. So hatte sie schon früh gelernt, sich hinter ihren Büchern zu verschanzen und unter Kappen und Kapuzen zu verstecken. Erst in Italien hatte man sie für ihre tizianrote Haarpracht offen bewundert – aber da war sie bereits so daran gewöhnt, gut behütet zu sein, dass sie nicht mehr darauf verzichten wollte.
    Pippa umarmte ihren Bruder zum Abschied. »Grüß die Family von mir. Mum soll mal zum Schwimmen auf die Insel kommen und sich ausruhen. Anruf genügt. Bis bald.«
    Sie hängte sich den Laptop-Rucksack um und bestieg die Fähre.
    Erst als Freddy die Leinen losmachte, die Rieke ablegte und der Steg sich langsam von ihr entfernte, beschlich Pippa ein banges Gefühl. Jetzt gab es kein Zurück mehr.
    Was, wenn sie sich auf der Garteninsel wirklich einsam fühlte und ihre Sehnsucht nach Leo und Florenz übermächtig wurde? Was, wenn die Kiste voll literarischer Seelentröster kein ausreichendes Bollwerk gegen die Einsamkeit bot?
    Pippa seufzte.
    Wenn die Haubentaucher flügge geworden waren, konnte sie nur hoffen, dass der Aufenthalt auf der Insel unterhaltsam genug und ihre Tage ausgefüllt waren.

Kapitel 3
    V iktor Hauser stand vor dem Spiegel und prüfte den Sitz seines Panamahutes. »Meinst du, der ist richtig?«, fragte er Dorabella, während er sie besorgt im Spiegel

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