Unter Bruedern
Platz stehen. Er meint Anerkennung in ihrer Stimme zu hören.
„Sieht ganz so aus. Ja.“
„Mhm. Cool.“
Danielas anerkennendes Grinsen tut ihm gut und plötzlich spürt er Übermut in sich aufsteigen. Dieser Stimmung folgend, von der er fast schon vergessen hatte, wie sie sich anfühlt, fordert er Daniela schließlich lachend auf:
„Frag’ mich noch mal!“
„Was?“
„Komm schon. Frag’ mich noch mal!“, drängt er sie.
Amüsiert steigt Daniela darauf ein. Sie scheint ihm diesen Moment tatsächlich zu gönnen.
„Okay, warte! Wenn schon, dann machen wir es richtig!“
Sie dreht sich um, geht ein paar Schritte im Gang zurück, dreht sich wieder um, fährt sich kurz gestelzt durchs Haar und geht erneut mit weit aufgerissenen Augen auf Hendrik zu.
„Oh mein Gott! Du hast ihm die Nase gebrochen?“, fragt sie mit gespieltem Entsetzen.
Hendrik wartet einige Sekunden, lehnt sich entspannt zurück, verschränkt die Arme vor der Brust und sieht scheinbar gelangweilt aus dem Fenster.
„Mhm. Weiß nicht.“
Er zuckt mit den Schultern.
Den Blick wieder auf Daniela gerichtet antwortet er:
„Es hat sich aber zumindest so angehört“, und beide prusten drauf los.
*
Zuhause angekommen geht Hendrik schnurstracks in sein Zimmer. Seine Mutter will er jetzt nicht sehen. Ihr Anblick würde ihn wahrscheinlich nur wieder deprimieren oder verärgern, und nichts soll sein momentanes Stimmungshoch kaputt machen.
Auf seinem Schreibtisch findet er einen Zettel von Björn:
Hey, kleiner Bruder!
Respekt!!!
Habe schon von Deinem Siegeszug gehört! GRATULIERE!
Ja, wie Du siehst, habe ich meine Quellen.
Glaub mir, nach dieser Aktion bist Du den Idioten los!
Werde über das Wochenende bei Tom sein.
Sag den Eltern nichts, es sei denn, es fällt ihnen irgendwann auf, dass jemand fehlt.
Falls Du mich brauchst, weißt Du wo ich bin.
Björn
Hendrik legt den Zettel aus der Hand und spürt förmlich, wie seine Brust vor Stolz anschwillt. Björn zollt ihm Respekt und gratuliert ihm!
Gleichzeitig macht es ihn ein wenig traurig, dass Björn über das Wochenende nicht zuhause sein wird. Jetzt muss er es in diesem Affenstall allein aushalten, ein ganzes Wochenende lang. Außerdem wollte er doch derjenige sein, der seinem Bruder als Erster vom Sieg über Andre berichtet und er hätte gerne seinen Übermut mit Björn geteilt.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, versucht er sich selbst zu trösten und fast gelingt es ihm auch.
*
Am nächsten Morgen wird Hendrik durch laute Stimmen geweckt.
Es war ein unruhige Nacht. Hendrik war zu aufgedreht um gut zu schlafen und die Hitze im Zimmer war kaum auszuhalten.
Er reibt sich die Augen und steht langsam auf. Was für ein Lärm da draußen herrscht. Er hört die aufgeregte Stimme seines Vaters und die gedämpfte Stimme seiner Mutter. Außerdem hört er noch andere Stimmen, die er nicht kennt.
Schlaftrunken geht er zur Zimmertür und öffnet sie.
Im Schlafanzug in der Tür stehend, sieht er als erstes zwei uniformierte Polizisten, die augenblicklich ihre Blicke auf ihn richten.
Schlagartig ist jede Müdigkeit wie weggewischt.
Sie sind gekommen um dich zu verhaften. Du hast einen Mitschüler schwer verletzt, schießt es Hendrik durch den Kopf.
Doch dann meint er so etwas wie Mitgefühl oder Bedauern in den Blicken der Beamten zu erkennen. Plötzlich beginnt er zu frieren. Es läuft ihm eiskalt den Rücken hinunter.
BJÖRN!, ist sein nächster Gedanke.
Einen kurzen Moment schweigen alle.
Sein Vater starrt bewegungslos vor sich hin. Seine Mutter schluchzt auf.
Die beiden Polizisten wirken plötzlich nur noch wie Statisten.
Dann wendet sich seine Mutter an ihn.
„Björn...Björn ist doch da drinnen?“, sie zeigt auf das Zimmer der beiden Jungs, in dessen Türrahmen immer noch Hendrik verharrt und sieht diesen flehentlich an.
„Hendrik! Sag’ den Herren von der Polizei hier, dass dein Bruder in eurem Zimmer ist. Dass er noch in seinem Bett liegt und schläft. Es ist Samstag. Heute ist doch keine Schule!“
Sie wendet sich wieder an die beiden Polizisten.
„Heute ist doch Samstag?“, fragt sie unsicher.
Einer der beiden nickt kurz und Hendrik sieht nun deutlich die Betroffenheit in seinem Gesicht.
„Sehen Sie“, ist die Antwort seiner Mutter.
„Dann ist doch alles gut. Samstags können die Jungs länger schlafen, da haben sie keine Schule, wissen Sie?“
„Halt die Klappe!“
Die Worte seines Vaters
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