Unter deinem Stern
ausgesehen hat, als ich nach Hause gekommen bin. Alles voll mit Sägemehl, und überall Werkzeug! Der war vollkommen in seine Welt aus winzigen Segelmasten abgetaucht. Wenn er seine Schiffsmodelle bastelt, ist er nicht mehr ansprechbar. Na ja, immerhin hat er was, womit er sich beschäftigen kann, bis die Touristensaison wieder losgeht und er mit dem Boot rausfahren kann. Hier«, sagte sie und reichte ihm eine Dose Bier, die sie aus dem Kühlschrank genommen hatte. »Geh rein und mach’s dir bequem – falls du einen freien Stuhl findest.«
Simon trank einen Schluck Bier und schlenderte ins Wohnzimmer hinüber. Er kam gern hierher, aber es lag außerhalb seiner Vorstellungskraft, wie zwei Menschen in so einer kleinen Hütte zusammenleben konnten und auch noch so gut miteinander auskamen. Er und Felicity hatten in einer geräumigen Doppelhaushälfte mit drei Schlafzimmern gewohnt und waren sich trotzdem auf die Nerven gegangen. Kristen und Jimmy hatten echt Glück.
»Hallo, Jim«, sagte er. Das Wohnzimmer sah aus wie eine Miniaturausgabe des Hafens von Whitby. »Wie läuft’s mit dem Schiffsbau?«
Jimmy blickte von seinem Platz mitten auf dem Teppich auf. »Großartig.« Er zeigte Simon, der sich auf alle viere niederließ, sein neuestes Meisterwerk. »Ich hab demnächst eine Ausstellung, ich muss mich also ranhalten.«
»Ich weiß nicht, wie du das machst. Ich hätte niemals die Geduld, mich mit so einem Kleinzeug abzugeben«, sagte Simon, während er das winzige Schiff in die Hand nahm und von allen Seiten betrachtete.
»Tja, deinen Job möchte ich auch nicht haben«, erwiderte Jimmy. »Ich würde verrückt, wenn ich den ganzen Tag vor einem Computer verbringen müsste.«
»Es macht Spaß«, sagte Simon. »Wenn es gut läuft.«
Jimmy nickte verständnisvoll. »Wie alles im Leben.«
Simon lächelte schwach und reichte Jimmy das Boot zurück.
»Meine Güte, seht euch bloß an!«, stöhnte Kristen, als sie das Zimmer betrat. »Wie zwei kleine Jungs hockt ihr beide da auf dem Teppich.«
Als Simon nach Hause zurückkehrte, blieb er kurz in der Diele stehen. Es war so ruhig. Er hatte sich immer noch nicht daran gewöhnt, von der Stille empfangen zu werden, wenn er heimkehrte. Es gefiel ihm nicht. Allein zu leben war nicht das, was er sich vorstellte, und es bedrückte ihn ganz besonders, wenn er von einem Besuch bei Kristen und Jimmy kam.
Manchmal war er regelrecht ein bisschen eifersüchtig auf Jimmy. Hatte Jimmy überhaupt eine Ahnung, was er für ein Glückspilz war? Dass er so eine tolle Frau hatte, nach der er rufen konnte, wenn er das Haus betrat. Eine, mit der er zusammen essen und baden, mit der er ein Bett teilen konnte. Manchmal vermisste er sogar Dinge, die ihn richtig genervt hatten, als Felicity noch da war, wie zum Beispiel die Lippenstiftränder an den Teetassen oder die nassen Nylonstrumpfhosen, die wie tote Schlangen über der Badewanne gehangen hatten.
Er schaltete die Wohnzimmerlampe an und zuckte zusammen, als das Licht aus der Sechzig-Watt-Glühbirne ihn blendete. Als Felicity ihn verlassen hatte, war ihr offenbar rechtzeitig eingefallen, dass der mit Chintz bespannte Lampenschirm ihr gehörte. Außerdem hatte sie sämtliche Töpfe und Pfannen aus der Küche mitgenommen, alles aus dem Schrank unter dem Treppenabsatz ausgeräumt, was mehr als zehn Pfund wert war, und war trotz ihrer Angst vor Leitern sogar auf den Dachboden gestiegen. Das Einzige, was ihm von ihr geblieben war, war Pumpkin.
Simon ging zu dem kleinen, runden Glasbehälter hinüber, streute ein bisschen Futter ins Wasser und schaute zu, wie Pumpkin an die Oberfläche geschwommen kam. Armer kleiner Fisch, dachte er. Nachdem er ihn auf einem Jahrmarkt gewonnen hatte, war Felicity etwa zehn Minuten lang von seinem Geschick beim Ringewerfen beeindruckt gewesen. Dann hatte sie Simon die Tüte mit dem Goldfischglas in die Hand gedrückt und war auf der Damentoilette verschwunden, um ihr Make-up aufzufrischen. Danach hatte sie sich nie wieder für den Goldfisch interessiert.
Sie hatte ihm noch nicht einmal einen Namen gegeben und nur eines Tages, als sie einen Blick in das Goldfischglas geworfen hatte, bemerkt, er sehe aus wie ein kleiner schwimmender Kürbis. Und dann war der Name hängen geblieben.
Simon wackelte mit dem Finger über der Wasseroberfläche. Als Haustier war Pumpkin eigentlich kaum zu gebrauchen. Man konnte ihn nicht auf den Arm nehmen, ihn nicht streicheln, nicht mit ihm spazieren gehen, und wenn Simon mit
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