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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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eines Pilgers nach Mekka und Medina, kommen aber nur langsam voran. Schreiben strengt das Gehirn an & das Gehirn den Leib.
    Ich habe Dr. Johann Krapf getroffen und ihn zu seinen Erkenntnissen über die Quelle des Weißen Nils, über den Kilimandscharo & die Mondberge befragen können. Was ich von ihm erfuhr, die Geschichten arabischer Händler, die ich mitbrachte, waren das Fundament für eine Offenbarung, die ich bei der Lektüre Ptolemäus’ erhielt. Dieser schreibt nämlich: nahe Aromata, und die Höhlenbewohner zur Rechten, nach fünfundzwanzig Tagesmärschen, die Seen wohin der Nil fließt … Das ist des Rätsels Lösung, Maya, der Weg, das Ei aufrecht hinzustellen, das Zerreißen des Schleiers der Isis! Seit dreitausend Jahren haben Forscher versucht, dem Nil flussaufwärts zu folgen, um seine Quellen zu finden, bislang vergeblich. Wem dies gelingt, der wird Geschichte schreiben!
    Ich bin bereit, in der nächsten Saison das Landesinnere Afrikas zu erforschen, sofern man mir Urlaub gewährt. Wenn ich nur von der Regierung finanzielle Mittel erhielte für ein paar gute Männer, die mich begleiten könnten (einen für die geographische Vermessung, einen anderen für Botanik), so hätte ich an unserem grandiosen Erfolg keinen Zweifel. Ich habe viel von Arabien gesehen. Reisen ist dort eine Freude und nichts würde mir mehr Vergnügen bereiten, als für drei oder vier Jahre an dessen östliche Gestade aufzubrechen. Aber dabei würde nichts weiter herauskommen als noch mehr Entdeckungen von Wüstentälern und Volksstämmen. Keine Pferde, keine Gewürze, und nur spärlicher Ruhm, da von Wredes Buch – lächerlich, falls die hier zu hörenden Berichte darüber wahr sind, auf welche Weise er es zusammengetragen hat – den Löwenanteil dieses Themas bereits abgehandelt hat.
    Es freut mich, dass Dir jenes andere Buch gefällt, das ich Dir genannt habe – es wird Dir neue Horizonte öffnen. Lass Dich bei dessen Lektüre aber nicht erwischen; es würde Deine Frau Mama in Furcht um Deine Sittsamkeit versetzen! Bete zu Weihnachten für meine schwarze Seele und vergiss mich alten Gauner nicht.
    Für immer Dein
    Richard
    Es war der jüngste in der langen Reihe von Briefen, die Maya durch ihre Kindheit und die Jahre des Heranwachsens begleitet hatten. Briefe aus Bombay, dem Gujarat und dem Sindh, von den Stränden Goas und den blauen Bergen von Nilgiri, aus Hyderabad und Alexandria. Namen, die allein schon nach Safran und Koriander, nach Zimt und Pfeffer rochen und schmeckten, die Sonnenglut und Abenteuer in sich trugen. Briefe, von denen man erwartete, dass einem beim Öffnen Sand entgegenrieseln würde, rotes Gewürzpulver und grüner Hennastaub. Auf Papier geschrieben, das vermeintlich mit dem Salz der Weltmeere vollgesogen war, die Klänge eines orientalischen Basars und die Stille einsamer Gebirgszüge in seinen Fasern eingefangen hatte.
    Doch ginge es nach ihrer Mutter, sollte dieser Brief in ihren Händen der letzte gewesen sein. Richard Burtons Ruf eilte ihm voraus, und mittlerweile war dieser mehr als zweifelhaft. Er erntete Anerkennung für seinen Mut und seine Entschlossenheit, sein Sprachgenie und seinen Forscherdrang. Doch ein sahib , der in Indien nicht nur mit Einheimischen auf vertrautem Fuß stand, sondern offen mit seiner jeweiligen indischen Geliebten zusammenlebte, überschritt die Grenzen des guten Geschmacks und zeigte keinen Respekt für die herrschenden Sitten und Gebräuche. Einem Gerücht zufolge hatte er sogar als Geheimagent im Auftrag General Napiers ein Freudenhaus ausgekundschaftet, in dem englische Soldaten verkehrten. Sein Bericht sei so detailliert gewesen, dass er zweifellos selbst an allerlei Ausschweifungen teilgenommen hatte, bis hin zu »widernatürlicher Unzucht« mit Knaben, wie man entsetzt hinter vorgehaltener Hand tuschelte. Und nun war er in diesem Sommer in der Verkleidung eines Arabers zu den heiligen Stätten des Islam gereist, in einer für jeden guten Christen unerträglichen Perversion einer Wallfahrt, auf der er gar einen Mann getötet haben sollte.
    Martha Greenwood schätzte Richard Burton als Person wie als Freund ihres Gatten. Doch er war kein geeigneter Umgang für ihre älteste Tochter, und sei es nur per Brief. Ihre Tochter, die zu verheiraten ohnehin ein aussichtsloses Unterfangen schien. Trotz Tanzstunde, trotz Klavier- und Reitunterricht, trotz gnadenlosen Mitzerrens auf jede Teegesellschaft des Städtchens fand sich einfach kein ernstzunehmender Verehrer für

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