Unter dem Vampirmond 02 - Verfuehrung
anfangen kannst. «
» Meinetwegen « , lenkte ich ein. Sie hatte gar nicht so unrecht. » Dann hör einfach auf, Milo anzurufen, okay? Er will nicht mit dir reden, und nichts, was du sagst oder tust, wird ihn umstimmen. «
» Ich weiß « , flüsterte sie zittrig. » Deshalb brauche ich, glaube ich, noch etwas zu trinken. «
» Aber du wirst ihn nicht mehr anrufen? « , fragte ich, als sie schon Anstalten machte, wieder ins Haus zu gehen.
» Pfadfinderehrenwort. « Sie überkreuzte die Finger über dem Herz. » Ich lösche sogar seine Nummer aus dem Speicher « , rief sie, während sie auf ihren Stöckelschuhen unsicher zur Haustür schwankte.
Nachdem sie im Haus verschwunden war, stand ich noch eine Weile draußen im Nebel und überlegte mir, was ich nun tun sollte. Ich hätte Jane wirklich gern mitgenommen, aber meine Gründe waren überwiegend egoistisch. Mir graute davor, noch eine Nacht allein in der Wohnung zu verbringen. Und ich konnte nicht einmal Peters Buch finden, das mir Gesellschaft hätte leisten können.
Ich erwog, Milo anzurufen und ihm mitzuteilen, dass die Mission erfüllt war. Dann hätte ich ihn auch gleich fragen können, ob er das Buch mitgenommen hatte. Doch ich überlegte es mir anders und machte mich auf den Nachhauseweg.
Der Nebel steigerte meine Einsamkeit noch. Er schnitt mich von meiner Umwelt ab und vermittelte mir das Gefühl, der einzige Mensch auf einem verlassenen Planeten zu sein. Ich erschauderte bei dem Gedanken.
Es war schon merkwürdig, dass Jane ein heulendes Elend war und ich immer noch tapfer durchhielt. Machte ich mir nur etwas vor, wenn ich mir einredete, dass am Ende alles gut werden würde und dass die anderen irgendwann wieder mit mir würden reden müssen?
Ich war so in Gedanken versunken, dass ich die Schritte hinter mir erst hörte, als das vertraute Helium-Lachen durch den Nebel an meine Ohren drang. Es schien gleichzeitig weit weg und ganz nah zu sein. Ich erstarrte, denn weder Kampf noch Flucht kamen infrage, unvorbereitet, wie ich war.
Ich befand mich in einer besonders verlassenen Straße, und niemand hatte eine Ahnung, wo ich war, abgesehen vielleicht von meiner betrunkenen Freundin. Zu Hause würde mich niemand vermissen, und es würde womöglich Tage dauern, bis Milo auffiel, dass ich nicht angerufen hatte.
Ich würde sterben, und niemandem würde es etwas ausmachen, ja, niemand würde es überhaupt bemerken.
Kapitel 26
Da ich lieber in Würde sterben wollte, drehte ich mich um und stellte mich meinen Angreifern. Es war unmöglich, ihnen davonzulaufen, und da sie mich wahrscheinlich schon länger verfolgt hatten, wussten sie sicher, wo ich hin wollte. Ich hatte es Lucian angetan. Er würde mich bestimmt nicht einfach laufen lassen.
» Ich weiß, dass ihr da seid! « , rief ich in den Nebel.
Ich hörte ihre merkwürdig wiederhallenden Schritte näher kommen, und schon tauchten vor mir zwei dunkle Silhouetten auf. Mein Herz raste, und mir war klar, dass sie es hörten. Dennoch wollte ich ihnen nicht zeigen, wie viel Angst ich hatte.
Mein Magen machte einen Salto, doch ich schluckte und ballte die Hände zur Faust, um das Zittern zu unterdrücken. Trotzig reckte ich das Kinn in die Luft, auf die Gefahr hin, dass ich ihnen auf diese Art meinen Hals präsentierte.
Es spielte sowieso keine Rolle. Sie würden meine Adern auch so finden.
Die beiden standen nun direkt vor mir. Lucians schwarze Augen verschlangen mich. Sein schmieriges schwarzes Haar war glatt zurückgekämmt. Er lächelte mich breit an und entblößte dabei seine lächerlich großen Zähne.
Violets lila Haar fiel im Nebel schwer und glatt nach unten. Ihr dickes schwarzes Make-up war verschmiert. Sie sah nicht gerade erfreut aus, mich endlich erwischt zu haben, sondern lächelte nur matt.
» Du hast uns die Jagd verdorben « , sagte Lucian. Seine Stimme klang wie pures Gift.
» Na ja, so ein toller Fang ist sie nun auch wieder nicht « , quäkte Violet. Sie starrte mich böse an und bedachte dann Lucian mit einem Blick, in dem pure Lust stand.
Deshalb also hielt sich ihre Begeisterung in Grenzen. Während sie mich und ihren Appetit zu vergessen bereit war, empfand sie Lucians Interesse für mich, ja seine Besessenheit, als wachsende Bedrohung. Diese Erkenntnis steigerte meine Angst nur noch. Niemand ist eifersüchtig auf ein Abendessen – konnte es sein, dass Lucian andere als nur kulinarische Absichten verfolgte?
» Okay. Bringen wir es hinter uns « , sagte ich, so sachlich es
Weitere Kostenlose Bücher