Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
Familie. Dann habe ich noch eine andere Schwester in Südkalifornien und eine weitere, die in Nevada lebt. Ich bin jetzt der neue alte Doc Jensen.”
Nun fiel es ihr langsam wieder ein. Doc Jensen hatte Kinder gehabt, alle älter als sie. Zwei davon viel zu alt, um sie von der Schule her zu kennen. Aber sie erinnerte sich vage an den Sohn, der ihn bei seltenen Gelegenheiten begleitet hatte. Sie hob einen Mundwinkel, grinste schief und fragte: „Bist du etwa dieses kleine, picklige, kümmerliche Großmaul mit der Quietschstimme, das manchmal mit seinem Vater zur Farm rausgekommen ist?”
Nate machte ein finsteres Gesicht. „Ich war halt ein Spätentwickler”, erwiderte er grummelnd.
„Kann man so sagen.“ Sie lachte.
Nate war inzwischen damit beschäftigt, das dritte Paar Welpen zu untersuchen.
„Warum kann ich mich nicht besser an dich erinnern?”, überlegte sie laut.
„Ich war zwei Jahre unten in Oakland auf einem katholischen Internat. Ohne massive theoretische Hilfe hätte ich es niemals auf ein gutes College geschafft, und diese Jesuiten lieben Herausforderungen wie mich. Sie haben mich umgekrempelt. Und im ersten Jahr am College bin ich fast dreizehn Zentimeter gewachsen.“ Er legte die Welpen, die er in der Hand hielt, zurück und hob noch einmal die ersten beiden hoch. Sein Gesicht wurde ernst. Annie stellte fest, dass darin eindeutig ein Ausdruck von Güte lag, eine gewisse Weichheit. „Annie ist doch richtig, nicht wahr? Oder muss man dich jetzt Anne nennen?”
„Annie. McKenzie.”
„Also, Annie, dieser kleine Kerl hier ist wirklich schwach. Ich weiß nicht, ob er durchkommt.”
Traurigkeit spiegelte sich in ihren Augen wider, als sie ihm den Welpen abnahm und wieder unter den Pullover schob.
Nate nickte ihr zu. „Auch wenn das ein großer Lebensanreiz ist, ich weiß nicht, ob es ausreicht. Wie lange waren sie draußen, bevor sie gefunden wurden?”
„Das weiß niemand. Wahrscheinlich schon vor Sonnenaufgang. Jack hat sich den ganzen Tag um den Baum gekümmert und ist ständig raus- und reingelaufen. Er hat niemanden gesehen. Sein kleiner Junge ist unter den Weihnachtsbaum gekrabbelt, und als er wieder herauskam, hatte er ein Hündchen dabei. So haben wir sie entdeckt.”
„Und was soll jetzt mit ihnen geschehen?”
„Ich weiß nicht”, antwortete sie und schüttelte den Kopf.
„Soll ich sie für dich in ein Tierheim bringen? Dann musst du es nicht mit ansehen, falls es einer oder zwei nicht schaffen.”
„Nein!”, rief sie aus. „Ich meine, das ist wahrscheinlich keine gute Idee. Unten an der Küste gibt es zwar ein paar wirklich ausgezeichnete Tierheime, aber du weißt doch, wie es um diese Jahreszeit aussieht. So viele Leute wollen süße kleine Welpen als Weihnachtsgeschenk haben, und dann bringen sie sie im Januar zurück. Wobei das noch die
gute
Variante ist. Viel zu oft kommt es vor, dass sich einfach niemand um sie kümmert oder sie sogar misshandelt werden. Wäre es nicht besser, sie so lange zu versorgen, bis wir ein Zuhause für sie gefunden haben, auf das man sich verlassen kann?”
„Wer denn, Annie? Wer wird sie versorgen?”
Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe nur ein kleines Haus in Fortuna und arbeite den ganzen Tag.”
„Was ist mit der Farm?”, erkundigte er sich.
Aber sie schüttelte bereits den Kopf, bevor er ausgeredet hatte. „Das geht nicht, glaube ich. Mein Vater hat eine so schlimme Arthritis, dass er nach und nach den ganzen Viehbestand verkauft hat, und meine Mutter läuft wie eine Verrückte herum und kümmert sich um alles, was er nicht mehr schafft.”
„Dein Dad ist Hank McKenzie, richtig? Er bewegt sich noch ziemlich gut für jemanden, der an einer schlimmen Arthritis leidet.”
„Stimmt, er ist stolz. Er lässt sich nichts anmerken. Doch es würde alles an meiner Mutter hängen bleiben, und ich kann sie nicht bitten, acht Welpen zu versorgen. Dann kommt auch noch die ganze Familie über Weihnachten auf die Farm. Insgesamt dreizehn Leute.”
„Nun, Annie, da fallen mir nicht mehr viele andere Möglichkeiten ein. Ich kenne ein paar Tierärzte hier in der Gegend, allerdings wüsste ich keinen, der das auf sich nehmen würde. Sie würden die Kleinen in ein Tierheim geben, das Tiere nicht einschläfert.”
„Kannst du nicht helfen? Du und deine Frau?”
Er lächelte sie an. „Ich habe keine Frau, Annie McKenzie. Ich habe eine wirklich nette Assistentin, die ein Auge auf den Stall haben wird, solange ich über
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