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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Menschen redeten leise miteinander, zu unglaublich war das, was der junge Herrscher ihnen erzählte.
    »Glaubt ihm nicht!«, rief der Obere und trat die Flucht nach vorne an. »Er ist das Übel. Seine Existenz wird die Dunkle Zeit zurückbringen. Wenn wir den Kabcar nicht töten, wird die Finsternis über unseren schönen Kontinent regieren.« Die eindringlichen Worte wirkten wie ein Donnerschlag auf die Ulsarer.
    Lodrik lachte. »Da, seht! Er redet wie ein Tzulani! Ich habe euch vor Borasgotan gerettet, und ich habe Euch vor den neuerlichen Invasoren bei Telmaran bewahrt.
    Mehr als fünfzigtausend Soldaten standen bereit, um in Tarpol einzumarschieren. Und das alles nur, weil sie fürchten, ich, der bisher nur Gutes für sein Volk getan hat, wäre eine Gefahr für die anderen Länder!« Die Augen des jungen Mannes spiegelten die Inbrunst wider, mit der die Sätze an sein Volk richtete. Seine ganze Körperhaltung war die eines Herrschers, keine Unentschiedenheit brachte seinen Redefluss zum Stocken. »Sie wollten jedoch in Wirklichkeit nur einmarschieren, um sich mein Reich anzueignen. Gierig, wie die Hunde, wenn sie sich in der Überzahl glauben, aber feige, wenn man sie einzeln stellt. Ich habe mich nicht gescheut, der Meute entgegenzutreten. Und ich habe sie schonen wollen. In ihrer Verblendung ritten sie gegen mich und wurden von Ulldrael dem Gerechten für ihre Anmaßung bestraft.« Wieder deutete er auf den Mann in der goldenen Robe. »Er hat gemeinsame Sache mit denen gemacht, die euch und eure Familien in die gnadenlose Leibeigenschaft zurückprügeln wollten. Aber auch ihm gewähre ich Schonung, wenn …«, theatralisch reckte er den Zeigefinger empor, »… wenn der Gerechte ihm seine Schandtat, seinen Verrat vergibt. Er wollte ein Gottesurteil an Stelle einer Verhandlung. Und er wird vor euren Augen, meine geliebten Untertanen, dieses Votum eines Gottes hinnehmen müssen. Es gibt in der Stadt einen Ort, an dem sich schon einmal göttliches Wirken zeigte.« Lodrik lief ohne eine weitere Ankündigung die Stufen des Tempels hinab, die Menschen bildeten ehrfürchtig eine Gasse. Die Wachen samt Gefangenen und die Einwohner Ulsars folgten ihm.
    Auf dem Zug, den der Kabcar mit entschlossenen Schritten anführte, schlossen sich immer mehr Bewohner der Stadt an, bis es schließlich mehrere Tausend waren, die das Gottesurteil erleben wollten.
    »Was habt Ihr vor. Hoher Herr?«, wollte Mortva leise an seiner Seite wissen. »Ich brenne vor Neugier. Wenn Eure Unternehmung fehlschlägt, sitzt Ihr auf einem äußerst wackligen Thron. Habt Ihr das bedacht?« »Lasst Euch überraschen.« Sein Schützling blieb hart. Es ging quer über den großen Marktplatz, und der Kabcar steuerte auf die neue Plattform der Ulldraelkathedrale mit den Baugerüsten und ersten Mauerstücken zu.
    Er lenkte die Massen in den vorderen Teil des wieder erstehenden Gotteshauses und bedeutete ihnen, stehen zu bleiben.
    Mit dem Oberen, dem Einzelnen aus dem Geheimen Rat und seinen Wachen passierte er das Mittelschiff und hielt im vordersten Teil an, genau an der Stelle, an der sich einst die überlebensgroße Statue Ulldraels befunden hatte. Hier reckten sich die Mauern bereits am Weitesten in die Höhe, eine Kuppel war bereits andeutungsweise fertig und wurde mit Stützen, Balken, Verstrebungen und etlichen Seilen vor einem möglichen Einsturz gesichert.
    »Ulsarer!«, rief er, und die Steine trugen seine Stimme wie ein Trichter den Menschen zu. »Schon einmal, bei meiner Krönung, sprach ein Gott. Gäbe es eine bessere Stelle für eine göttliche Entscheidung? Ich übergebe den Oberen und einen, der sich bereits zu seiner Schuld bekannte, nun der Obhut des Gerechten. Er möge entscheiden, was mit ihnen geschieht.« Mit einer Handbewegung schickte er die Wachen und seinen Konsultanten weg.
    »Und Euch«, sagte er leise zu den beiden Männern, »wünsche ich, dass Ulldrael Euch mehr Hilfe gewährt als mir.«
    »Ulldrael, der Gerechte, wird seine Hand schützend über uns halten, was auch immer geschieht.« Der Obere wirkte sehr sicher.
    Lodrik zog mit boshaftem Ausdruck sein Henkersschwert. »Lasst mich sehen, ob es Euren Gott gibt.« Die Klinge fuhr herab und durchtrennte eines der dicken Haltetaue. Mit einem peitschenden Geräusch verschwand das lange Ende nach oben in die dunkle Kuppel. Der Kabcar fuhr mit seiner Arbeit fort, immer schneller kappte er die Seile, die Anstrengung ließ ihm den Schweiß ausbrechen. Die Ulsarer verfolgten jeden

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