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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Ulldrael leibhaftig aus dem Himmel gestiegen und hätte sich gezeigt. Der Konsultant freute sich über den Ausgang und suchte verzweifelt einen Platz, der weniger schmutzig war, an dem auch er seine Ehrerbietung mit einem Kniefall bezeugen konnte. Da er ihn nicht fand, beließ er es bei einer demütigen Verbeugung.
    Etwas gegen den Kabcar zu sagen, würde nun wie eine Gotteslästerung sein.
    »Ulldrael der Gerechte sprach zu mir«, rief Lodrik. »Er sagte zu mir, ich soll den Platz des Oberen einnehmen, bis würdigere Menschen gefunden worden sind, die an meine Stelle treten sollen. Den Geheimen Rat gibt es hiermit nicht mehr. Von heute an leite ich den Ulldraelkult, wie es mir der Gerechte aufgetragen hat. Und ich werde ihn wieder zu der Reinheit zurückführen, wie Ulldrael es mir befiehlt.« Noch etwas unsicher kam er auf die Ulsarer zu. »Und Ulldrael sagte mir, dass er den Reichtum in seinem Tempel nicht mehr will. Bescheidenheit, die Arbeit in den Feldern, das sollen wieder die Aufgaben der Mönche und Brüder sein, nicht das Polieren von Gold und Silber.« Das blaue magische Leuchten seiner Augen war einem natürlichen, eigenen Feuer gewichen. »Ich werde alles Gold, das der frevlerische Geheime Rat und der Obere unrechtmäßig horteten, euch schenken, Ulsarer und Tarpoler!«
    Ungläubig hoben sich manche Köpfe in der Menge, um zu sehen, ob der Kabcar nicht den Verstand verloren hätte oder sich verrückt gebärdete.
    »Alle Bedürftigen sollen heute in einer Woche zu den Pforten des Tempel kommen und ihren Anteil erhalten.
    Ich will es so. Was nutzt all der Prunk, wenn die Ärmsten ihre letzten Gaben noch den Verschwenderischen in den Rachen werfen? Ihr werdet alle, wie ihr hier vor mir steht und kniet, reich werden. Ganz Tarpol wird reich werden, wenn wir die Tempel und Ordenshäuser vom blinkenden und glänzenden Schmuck gesäubert haben.«
    Er hob die Arme, und die Menschen sprangen auf, der Jubel war Ohren betäubend.
    Es war den dreihundert Wachen nicht möglich, den Herrscher vor den euphorischen Menschen zu bewahren, sondern sie mussten zusehen, wie Lodrik von zahlreichen Händen gepackt und auf die Holzplattform eines Baugerüsts gestellt wurde. Sie hätten mit Waffengewalt gegen die Ulsarer vorgehen können, aber der Kabcar bedeutete von seinem Hochstand herab, dass sie nicht eingreifen sollten. Ausnahmsweise fühlte er sich beschützter als je zuvor.
    Auf dem improvisierten Thronschild trugen die Massen ihn durch die Hauptstraße der Stadt, Lobgesänge von sich gebend, seinen Namen rufend.
    Er hatte ihnen ihr religiöses Oberhaupt genommen, und sie feierten ihn. Er konnte es nicht fassen, ein lautes, glückliches Lachen entfuhr ihm, während er von oben herab Hände berührte. Wohin Lodrik auch schaute, er sah nur jubelnde Mengen, die ihm huldigten. So sollten es alle Völker auf Ulldart mit ihm machen. Und mit Borasgotan würde er beginnen.
    Seine erste Tat, wenn er im Palast ankommen würde, würde die Zusammenrufung der Modrak sein. Sie müssten seine Befehle augenblicklich an alle Garnisonen des Landes überbringen, die Niederlassungen des Ordens zu durchsuchen, bevor einige Vorsteher die Reichtümer beiseite schaffen konnten.
    Aber nun wollte er das unbeschreibliche Gefühl, die Zuneigung seiner Untertanen, die er praktisch fühlen und greifen konnte, in vollen Zügen genießen. Wie ein Schwamm sog er sich damit voll, und in diesem Zustand der geistigen Ekstase wollte er am liebsten für immer verharren. Er hätte die Masse in ihrer Gesamtheit umarmt, wenn er es vermocht hätte.
    Der Zug der Tausend hielt irgendwann wieder vor dem großen Tempel an. Lodrik erklomm die Stufen und stellte sich in Positur. Augenblicklich herrschte Stille. »Ulldrael hat mir gesagt, dass die Kathedrale das neue Gotteshaus sein soll. Dieses hier«, er zeigte auf den mächtigen Bau in seinem Rücken, »wird nur noch zum Wohle der Bedürftigen und Schwachen dienen.« Er breitete die Arme aus. »Es soll ein Haus für die Kranken sein, in dem der Medikus die Gebrechen kostenlos heilen, die Salben und Tinkturen ohne Entgelt verteilen wird. Es werden Badehäuser in meinem ganzen Reich entstehen, in dem sich die Ulsarer und Tarpoler von ihrer harten Arbeit ausruhen können. Das ist mein Wille, und so wird es geschehen, so wahr ich der Kabcar von Tarpol und Tûris bin!«
    Die Augen des Konsultanten wanderten über die Menge, die dicht an dicht gedrängt stand und nur den einen Mann auf den Stufen vor dem Tempel feierte. Er

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