Unter fremden Sternen - Die Frontier-Saga (2): Die Frontier-Saga 2 (German Edition)
als Navigator war sie weniger überzeugt.
Nach einer kurzen Beschleunigungsphase hatte das Schiff maximale Unterlichtgeschwindigkeit erreicht. »Wir fliegen mit fünfundsiebzig Prozent LG «, meldete Cameron. »Hauptantrieb ist offline. Beginne Verzögerung.«
Mit abgeschaltetem Hauptantrieb verzögerte sie mit dem vorderen Bremstriebwerk. Der Vorgang würde fünf Stunden dauern, erst dann wäre ihre Geschwindigkeit so weit abgesunken, dass sie von der Gravitationssenke des Gasriesen eingefangen würden. Verglichen mit dem Hauptantrieb war die Verzögerung kaum wahrzunehmen, sodass die Besatzung sich im Schiff bewegen konnte, ohne befürchten zu müssen, das Gleichgewicht zu verlieren.
»Sehr schön. Beschleunigungswarnung aufheben.«
»Wir fliegen jetzt ins Hafensystem ein, Captain«, meldete Fähnrich Yosef.
»Dann wollen wir hoffen, dass alles gut geht«, murmelte Nathan.
Die MedStation war zwar noch immer voller Patienten, aber wenigstens befand sie sich wieder in sauberem, ordentlichem Zustand. Gut vierundzwanzig Stunden lang hatte hier Chaos geherrscht, bis die Lage sich allmählich beruhigt und Doktor Chen und ihre wenigen Helfer für eine gewisse Routine gesorgt hatten. Inzwischen hatte die Ärztin die umliegenden Unterkünfte leer räumen lassen, sie in Krankenzimmer umgewandelt und auf diese Weise ihre Aufnahmekapazität nahezu verdreifacht. Obwohl sie die gesamte verfügbare Überwachungstechnik einsetzte, stellte es nach wie vor eine große Herausforderung dar, jeden einzelnen Patienten zu versorgen. Sogar einige Biosensoren aus den Raumanzügen setzte sie für deren Überwachung ein.
Trotz des Einsatzes der jungen Ärztin hatten sie in den vergangenen zwei Tagen weitere drei Besatzungsmitglieder verloren. Einer war von vornherein ein hoffnungsloser Fall gewesen. Die Verletzungen der beiden anderen aber waren nicht besonders schwerwiegend gewesen. Wegen des Medikamentenmangels an Bord waren sie einer Infektion erlegen, die sich in einem Krankenhaus problemlos hätte behandeln lassen.
Nathan sah mindestens einmal täglich nach Doktor Chen und ihren Patienten, für gewöhnlich unter dem Vorwand, seine eigene Verletzung versorgen zu lassen. Sie aber wusste es besser: Er wollte nach seiner Crew sehen. Ihr war klar, dass er sich noch immer mitschuldig fühlte an ihren Verletzungen, und das galt vor allem für jene, die nicht überlebt hatten. Sie hatte ihm selbst zunächst Vorwürfe gemacht, doch als sie erfuhr, wie es dazu gekommen war, wurde ihr klar, dass er unter denkbar widrigen Umständen die bestmöglichen Entscheidungen getroffen hatte. Sie wusste ebenso wie die meisten Besatzungsmitglieder, dass er keine Schuld daran trug. Aber sie wusste auch, dass er sich noch lange Vorwürfe machen würde.
Deshalb wunderte es sie nicht, als Nathan wieder einmal im Behandlungsraum auftauchte, an jedem Bett einen Moment stehen blieb und ein paar Worte mit den Kranken wechselte. Woher nahm er nur die Zeit für die Besuche? Eigentlich hätte er mit wichtigeren Dingen beschäftigt sein müssen. Aber vielleicht waren die Besuche für ihn mindestens ebenso wichtig wie für die Patienten.
Dieses Verhalten war ihr nicht neu. Während ihres Praktikums auf der Erde hatte sie als Freiwillige in einem Feldlazarett gearbeitet, in dem Verletzte eines Stammeskrieges behandelt wurden. Trotz der globalen Einigkeit, die nach der Entdeckung der Datenarche hergestellt worden war, gab es immer noch einige Regionen, die von alteingesessenen Stämmen kontrolliert wurden. Eine Gruppe von etwa fünfzig Soldaten war vom Gegner überrannt worden, und der Kommandant der Einheit hatte ebenfalls viel Zeit darauf verwendet, seine verletzten Soldaten zu besuchen. Er hatte ähnlich schuldbewusst gewirkt wie Nathan.
Sie wartete an der anderen Seite des Raums, während er seine Runde machte. Sein Besuch war ein guter Vorwand, mal eine Pause einzulegen, also setzte sie sich in den angrenzenden Geräteraum und beobachtete ihn durch den Eingang hindurch. Sie hatte einen geheimen Vorrat an Studentenfutter, und daran knabberte sie hin und wieder. Schon seit mehreren Tagen hatte sie sich keine Pause mehr gegönnt, um richtig zu essen, und nur hin und wieder ein kurzes Nickerchen gemacht.
Nathan brauchte fast eine halbe Stunde, um mit jedem Patienten zu sprechen. Sie wusste nicht, ob er auch die Kranken in den umliegenden Unterkünften besuchte, doch sie nahm es stark an.
»Was macht das Bein?«, fragte sie, als er zu ihr kam.
»Ist prima
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