Unter Sternenjaegern
hoch. „Die Jungen und ich”, begann sie, hielt dann inne, als von den beiden Mädchen Protest kam. Sie lachte, entspannt, tief und leicht. Sie berührte Maras Wange. „Ich lerne langsam, ihr habt recht. Also gut. Wir alle, wir müssen… die Fa-Männer töten. Heute nacht.” Sie schloß die Augen. „Wir werden in meinem Zimmer bleiben, bis es an der Zeit ist. Die Türriegel. Siki, würdest du bei…” Sie spürte die deutliche Verneinung des Mädchens und lächelte. „Das habe ich auch nicht geglaubt. Aber wir werden Hodarzu hier zurücklassen. Er ist zu klein, um zu verstehen, und könnte Lärm machen.” Sie war müde.
Nach der Anspannung und dem Schrecken im Korridor fühlte sie sich schwach und knochenlos. Im Augenblick fragte sie sich, ob sie überhaupt stehen konnte. „In einer kleinen Weile”, murmelte sie.
„In einer kleinen Weile.”
Kitosime kniete an dem Geländer, starrte an der Zisterne vorbei, auf das hinter der Scheune schwach erkennbare Feld hinaus. Die Umgovi-Gruppe stand wieder am Himmel, ihr trügerisches, silbernes Licht gab die Illusion großer Klarheit. Schattenhafte Gestalten bewegten sich um einen auf dem Feld wachsenden Haufen herum.
Zwei, dachte sie. Aber sie konnte sich nicht sicher sein. Feuermann, natürlich, er mußte den Scheiterhaufen errichten. Der andere? Oder die anderen ?
„Wie viele siehst du?” flüsterte sie Cheo zu.
„Zwei.” Er preßte sein Gesicht gegen das Geländer. „Einer machen Feuer. Einer springen herum, wie wenn er verrückt.”
Eine Art Ritual, dachte sie. Die anderen müssen in der Scheune bei den Kindern sein. Fa-kichwa und Schnüffler. Sie erschauderte. Sie müssen es sein, Positionen, die sie nicht aufgeben würden, sie quälen die Kinder. Kleine Hände streichelten ihre Schultern, ihre Kinder projizierten TROST. Sie seufzte. „Ihr anderen, seht ihr auch nur zwei?” Als sie nickten, sagte sie: „Ich auch.
Aber ich mußte sichergehen.” Sie starrte finster auf die Schatten, empfand eine große Ungewißheit und eine noch größere Not.
„Wir haben keine Waffen.”
In der Dunkelheit neben ihr zischelte Amea, dann sagte er: „In Küche geben Messer, Mama ‘tosime. Wir erwischen eine der Fa
Bestien allein, wir ihr die Kehle durchschneiden.” Die längste Rede, die er gehalten hatte, seit er zu ihr gekommen war. Kitosime konnte die Anstrengung dahinter fühlen.
„Er ist ein Mann. Stark.”
„Er ist nur ein Mann”, sagte Cheo wild. „Wir sechs und du. Er uns verletzen, kann sein. Aber wir kriegen ihn tot. Tot!”
„Ich weiß so wenig.” Kitosime rieb ihre wehen Augen. „Nur daß wir bloß nicht versagen dürfen.” Sie spürte ihre Zustimmung und Entschlossenheit. „Immer nur einen”, flüsterte sie.
Die Nacht war plötzlich heller. Kitosime huschte auf Händen und Füßen auf dem Dachweg entlang zur Ostseite. Das Leuchten verblaßte, aber etwas Weißes hing wie ein gespenstischer Schleier über den Gipfeln. Sie sah zu, bis die Ungeduld der Kinder sie wieder zu sich brachte.
„Was war das?” Warne war unruhig neben ihr und starrte die Überreste des Leuchtens an.
„Ich glaube, das bedeutet, daß Haribu tot ist. Manoreh und die Jäger haben ihren Auftrag ausgeführt. Ich wünschte, er wäre hier.”
„Er?”
Sie lächelte über die in der Reaktion der Kinder sichtbare Eifersucht. „Manoreh. Mein Mann. Er ist Ranger.”
„Brauchst ihn nicht, du hast uns.” Warne ergriff ihr Handgelenk, schüttelte ihren Arm, strahlte eine tiefe und bittere Eifersucht aus.
Kitosime schaute die anderen an und spürte bei ihnen dasselbe.
„Meine Lieben …” Hilflos wandte sie sich von einem zum anderen.
„Oh, Meme Kalamah, dafür ist jetzt keine Zeit.” Sie kroch zwischen den Kindern hindurch zur Treppe, hielt sich hinter das Geländer geduckt, damit sie ihr Umriß nicht den Männern auf dem Feld verriet. „Kommt”, sagte sie. „Darüber können wir später reden. Jetzt müssen wir uns um die Fa-Männer kümmern.” An der Treppe angekommen, richtete sie sich auf, bis sie wieder gerade ging, und eilte die Stufen hinunter. Die Kinder folgten ihr still.
Kitosime glitt in die Scheune, blieb stehen, beobachtete die Männer in dem großen Heuspeicher. Schnüffler stolzierte um die zu-sam-mengekauerten Wildlingskinder herum, stach mit dem Assa-gai immer wieder auf sie ein und hielt seine schrille, unschöne Stimme zu einem klagenden Gesang erhoben. Fa-kichwa saß ein wenig abseits, eine kleine Trommel ruhte zwischen seinen
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