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Unter Sternenjägern

Unter Sternenjägern

Titel: Unter Sternenjägern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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jaulenden Grollen lief die Watuk-Menge vor dem Gebäude zusammen, zerschlug die Fensterscheiben, riß Läden ab, strömte hinein, um ihre Zerstörung fortzusetzen. Sie rissen Behänge herunter, warfen Bücher stapelweise zu Boden, häuften Armladungen von Kleidung und allem Brennbaren, an das sie Hand legen konnten, darauf, dann steckten sie diese Haufen in Brand.
    Der Direktor sah den schwarzen, öligen Rauch aus den zertrümmerten Fenstern wallen und fröstelte, als er das Jaulen hörte. Tiere, dachte er. Er schaute sich auf dem Heuboden um. Sechs Männer. Sieben, mich mitgezählt. Nicht genug. Nicht annähernd genug. Der Stall war ein trutziges, massives Gebäude, ein guter Hort, mit seinen dicken Mauern und den an einer Seite aufgereihten Schlitzfenstern gut zu verteidigen. Er überprüfte sein Gewehr erneut, lehnte es an die Wand, stapelte dann die zusätzliche Munition neben dem Kolben zu einem ordentlichen Haufen. Er sah seine Lehrer an. Sechs Männer aus der Wildnis, Wiedereingegliederte. Hier untergebracht, weil sie draußen verloren gewesen wären. Vor Fa-Feuern gerettet, um von einem Mob von Fanatikern in Blindwut zerfetzt zu werden. Einen Moment lang fühlte er sich als nutzloser alter Mann. Er schloß die Augen, versunken in schwarzer Depression, die seine Kraft aus ihm heraussaugte. Er war alt, viel zu alt. Alt und nutzlos.
    Dann dachte er an die Jungen, die sich irgendwo in dem Chwereva-Komplex hinter ihm verbargen. Und an die Ranger Zart, Adeleneh und Surin, die noch unterwegs waren, um das Land auf der anderen Seite der Jinolimas zu kartografieren und zu erforschen. Und an Faiseh und Manoreh. Er kicherte leise. Dieser Dickschädel Dallan hatte nicht begriffen, hinter was Manoreh her war. Seine Notlage, das Gespenst wieder schlucken zu müssen, war echt, aber er benutzte sie dazu, um trotz des allgemeinen Verbots mit einem Bodenfahrzeug aus Kiwanji herauszukommen, benutzte sie dazu, um seine Nase auf Haribus Fährte zu setzen. Der alte Mann wünschte ihm Glück, hoffte, daß die Jäger so gut waren, wie es ihr Ruf behauptete. Sechs Lehrer und eine alte Legende. Er lachte laut und zog überraschte Blicke von den anderen auf sich. Er gab sich nicht die Mühe, es zu erklären. Eine alte Legende. Alle sangen sie seine Lieder, erzählten wilde Geschichten von seinen Großtaten. Und hatten ihn völlig vergessen. Angaleh, den Wanderer, Dichter und Liedermacher. Ein Störenfried, der besser in die Welt der Mythen verbannt wurde, mochte er dort die Leute dazu anstacheln, die Grundvoraussetzungen dieser Gesellschaft in Frage zu stellen. Jetzt war er der Direktor. Nach zwanzig Jahren hatte er fast vergessen, wer er einmal gewesen war. Niemand hatte ihn in all diesen Jahren beim Namen genannt. Und jetzt würde er sterben. Ich wäre lieber draußen bei Manoreh, dachte er. Aber das ist der Lauf der Dinge.
    Agoteh schrie und legte sein Gewehr an. Als der Schuß in dem langen, schmalen Raum widerhallte, blickte der Direktor durch seinen Spalt hinaus und sah einen Watuk auf das Gesicht fallen. Dann kamen andere kreischend und heulend um die Ecke. Er riß sein Gewehr hoch und fing an, in die Menge hineinzufeuern.
    Zu Dutzenden fielen sie, als sie auf die Ställe zurannten. Aber sieben Männer waren nicht genug. Ein weiteres Dutzend erreichte den Stall. Sie schlugen die Äxte in die Tür, Axtgriffe gegen die Fensterverriegelungen.
    Der Direktor hörte sie hereinströmen, fühlte, wie ihr Haß und ihre Wut gegen ihn schmetterten. Er wartete darauf, daß sie die Leiter heraufschwärmten, lachte wieder, und in seinen alten Augen leuchtete es. Ein verdammt gutes Leben – das meine, dachte er. Besser als jedes, mit dem sich diese Bastarde brüsten können. Er erschoß den ersten Mann, der die Leiter heraufstürmte, den zweiten ebenfalls.
    Er starb schwer. Wie die Wurzeln eines Wasserbaumes, so reichten die Wurzeln seines Lebens tief in den drahtigen alten Körper hinein. Er hielt länger durch als die anderen Lehrer. Als sie tot waren, kämpfte er noch immer, brüllte – fast begraben unter toten Männern – seine alten Lieder hinaus. Aber am Ende starb er doch. Vom Mob zerfetzt. Sie zerrten an ihm, wie wilde Hunde an ihrer Beute zerren. Dann brannten sie das Gebäude über seinem zerstückelten Körper nieder. Und zogen sich zurück, auf die Straße hinaus, die Blindwut durch Blut und Zerstörung besänftigt. Mit müder Befriedigung ließen die Angreifer die brennenden Gebäude hinter sich zurück und schlenderten heim

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