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Unter Sternenjägern

Unter Sternenjägern

Titel: Unter Sternenjägern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Clayton
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Staub auf. Aber selbst die Blindwut reichte nicht aus, um sie gegen diese massiven Mauern aus maschinengeschnittenem Stein, bestückt mit Energiekanonen, die wie dunkle, häßliche Dämonen auf den vier Ecktürmen der Anlage aufgepflanzt waren, anrennen zu lassen.
    Die Blindwut kehrte sich nach innen, hetzte Watuk gegen Watuk, bis die Straße von den verwesenden Körpern von zu Tode gestochenenen oder geschlagenen Männer stank.
    In den Notunterkünften kauerten sich die Frauen zusammen und versuchten, das Entsetzen und die Anspannung zu ertragen. Manche konnten es nicht mehr aushalten und gingen stumm zu der niedrigen Steinmauer, wo sich der PSI-Schirm erhob. Sie standen und starrten hinaus, auf die gewölbten braunen Augen, die unablässig auf sie zurückstarrten. Sekundenlang standen sie da. Dann knieten sie langsam nieder, eine nach der anderen, in Gruppen, zu zweit oder zu dritt, manchmal hielten sie sich zur Beruhigung die Hände, Haupthausfrau und Verpflichtete knieten nebeneinander, Kastenunterschiede waren unter ihrem gemeinsamen Grauen begraben. Sie berührten mit der Stirn den Boden, erhoben sich und traten stumm über die Mauer, um sich den Hasen hinzugeben – ganz so, wie an anderen Orten und zu anderen Zeiten Frauen, ins Unerträgliche getrieben, von Klippen gesprungen oder ins Meer hinausgeschwommen waren.
    In Chwereva lagen die Jungen verborgen, still, warteten, verzehrten die Wegrationen, die Agoteh ihnen gegeben hatte, und tranken Wasser, das sie spät in der Nacht von den Wasserhähnen im Stall gestohlen hatten. Umeme war auf die Mauer geklettert und hatte in das Tembeat hinuntergeschaut. Während ein Freund oben auf der Mauer wartete, um Warnung zu geben, wenn ein Chwerevamann kam, wagte er sich in die Asche des Stalles hinunter und huschte durch bizarre Schatten in das Tembeat.
    Er kam zurück, erfüllt von bitterem Zorn und überwältigendem Kummer. Zuerst konnte er ihnen nicht sagen, was er vorgefunden hatte, aber spät in der Nacht tat er es doch – weil er seine Erinnerungen von diesem Grauen befreien mußte.
     
    Kitosime tauchte die Kürbisflasche in das dunkle Wasser, hob sie wieder hoch, hielt sie über das Steinbecken, damit die Tropfen in einem langsamer werdenden Rhythmus zurückfallen und die Spiegeloberfläche mit Silberpocken überziehen konnten. Oben flackerten die beiden Steinlampen rot und golden, hauchten einen duftenden, schwarzen Nebel zu der niedrigen, bereits von zwei Jahrhunderten der Zeremonien geschwärzten Decke hinauf.
    Mit großer Konzentration goß sie Wasser über die fünf Machtsteine, leitete ihre Zeremonie von Vorstellungen ab, die aus den Tiefen ihres Innersten emporquollen, summte eifrig eine sich hebende und senkende Melodie, die aus derselben Dunkelheit kam. Ihr Körper vibrierte davon, und es wurde stärker und stärker, als die Steine erwachten und auf die Namen reagierten, die sie ihnen gab. Schwarzer Wehweli. Agodoz, bernsteinbraun, mit helleren Flecken. Leghu, grün und weiß wie gefrorenes Wasser. Und die Zwillinge, beide ein blasses, helles Blau. Im Zwielicht des Dachschreins, während draußen der Sturm in großen Kreisen umherwirbelte, der Regen in Schauern gegen geschlossene Läden prasselte, Blitze die Dunkelheit weiß machten, zischten die Machtsteine unter der Berührung des Wassers und sangen mit der Kraft von Kitosimes Melodie. Die Luft um sie herum erbebte.
    Die Augensteine warteten vor ihren Knien. Sie fühlte sie warten. Angespannt. Verlangend. Ihr Körper summte durch ihr Verlangen. Sie bemühte sich. Suchte. Das Summen schlug zusammen, verschmolz dann. Sie fühlte es verschmelzen. Fühlte die Kraft, die in ihre Hände, ihre Arme sickerte. Sie hob die Kürbisflasche hoch, goß dann den Rest des Wassers über die Augensteine. Sie pendelte ihren Oberkörper vor und zurück, als das Summen sie verzehrte. Sie verspürte eine große Hitze, sah rotes und gelbes Flackern. Bilder bewegten sich vor der Dunkelheit, schwangen immer rundherum, in schwindelerregenden Kreisen, kreuzten sich hinter ihr und zuckten wieder zur Vorderseite, verschwommenes Leuchten, das sich in Gesichter verwandelte …
     
    Hodarzus Gesicht. Verstört. Verzerrt, denn er weinte. Über ihn gebeugte Fa-Männer mit triefend roten Assagais. Strömendes Blut, das die Speerspitzen hinauspumpte. Sich in Rauchgestalten verwandelte. Schwankend. Verblassend. Sich verwandelnd …
    Manoreh, flach auf dem Rücken, mit breiten, flachen Gurten auf einen Tisch gefesselt, nackt, mit

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