Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
Ihrer Waffen beraubt und sich mit lediglich zwölf Knoten dahinschleppend, war das Unterseeboot eher eine lahme Ente als ein gefürchteter Angreifer.
Als eine schaumgekrönte Welle gegen den Bug schwappte, warf Conti einen Blick auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr.
»Sonnenaufgang in weniger als einer Stunde.«
Indem er den unausgesprochenen Befehl ausführte, setzte Catalano ein Fernglas an die Augen und suchte den Horizont nach anderen Schiffen ab. Der Leutnant folgte seinem Beispiel, ließ den Blick rund um den Kommandoturm wandern und kontrollierte den Ozean und den Luftraum über ihnen. Seine Gedanken wanderten nach Casoria, einer kleinen Stadt nördlich von Neapel, wo seine Frau und sein kleiner Sohn auf ihn warteten. Ein Weingarten gedieh hinter ihrem bescheidenen Bauernhaus, und plötzlich sehnte er sich nach den verträumten Sommernachmittagen, an denen er mit seinem Sohn zwischen den Rebstöcken Fangen gespielt hatte.
Dann hörte er es.
Über dem Dröhnen der beiden Dieselmotoren des U-Boots nahm er noch ein anderes Geräusch wahr. Eine Art höherfrequentes Summen. Er straffte sich und vergeudete keine Zeit mit der Suche nach seiner Herkunft.
»Die Luke schließen!«, rief er.
Sofort ließ er die Turmleiter ins Boot hinab. Das Alarmtauchsignal ertönte einen kurzen Moment später und trieb die Angehörigen der Mannschaft eilends auf ihre jeweiligen Positionen. Im Maschinenraum rastete eine wuchtige Kupplung ein, stoppte die Dieselmotoren und schaltete auf den Antrieb durch eine Reihe batteriebetriebener Elektromotoren um. Meerwasser spülte bereits über das Vorderdeck, während Catalano die Luke des Kommandoturms verschloss und dann in die Zentrale hinabstieg.
Normalerweise vollendete eine gut ausgebildete U-Boot-Crew ein Alarmtauchmanöver in weniger als einer Minute. Aber da dieses Boot als Frachtschiff unterwegs und bis unters Dach beladen war, gab es nur wenig, was dieses Exemplar der italienischen U-Boot-Flotte schnell zustande brachte. Mit quälender Trägheit tauchend, befand es sich fast zwei Minuten, nachdem Conti das sich nähernde Flugzeug entdeckt hatte, endlich vollständig unterhalb der Meeresoberfläche.
Catalanos Stiefel klapperten und klirrten auf der Stahlleiter, während er sich geradezu in den Kontrollraum fallen ließ. Dort suchte er sofort seine während des Alarmtauchmanövers vorgeschriebene Position auf. Das Rattern der Dieselmotoren war verstummt, als sich der elektrische Antrieb einschaltete, und die Mannschaft bewahrte die herrschende Stille, indem sich die Männer nur noch im Flüsterton miteinander verständigten. Der Steuermann der Barbarigo , ein Mann mit rundem Engelsgesicht namens De Julio, rieb sich den Schlaf aus den Augen, während er Conti fragte, ob sie gesichtet worden seien.
»Das konnte ich nicht feststellen. Ich habe das Flugzeug gar nicht gesehen. Aber der Mond steht am Himmel, und die See ist relativ ruhig. Ich bin davon überzeugt, dass wir zu sehen sind.«
»Wir werden es sicher bald erfahren.«
Der Kapitän trat ans Steuer und warf einen Blick auf den Tiefenmesser. »Bringen Sie uns auf zwanzig Meter runter und geben Sie volles rechtes Seitenruder.«
Der Erste Steuermann des U-Boots nickte, während er den Befehl wiederholte, konzentrierte sich auf die Anzeigeinstrumente und packte das große stählerne Steuerrad mit festem Griff. Stille senkte sich auf den Kontrollraum herab, während die Männer darauf warteten, was das Schicksal für sie bereithielt.
Gut dreihundert Meter über ihnen warf ein schwerfälliges englisches Flugboot vom Typ Consolidated PBY »Catalina« zwei Wasserbomben ab, die rotierend wie ein Paar Kreisel ins Meer stürzten. Die Maschine war noch nicht mit Radar ausgerüstet, vielmehr war es der Heckschütze des RAF-Flugzeugs gewesen, der die weiße Heckwelle der Barbarigo auf der kabbeligen Wasseroberfläche entdeckt hatte. Begeistert über seinen Fund, drückte er die Nase gegen das Plexiglasfenster und verfolgte mit großen Augen, wie die beiden Bomben ins Meer eintauchten. Sekunden später schossen zwei Wassersäulen senkrecht in die Luft.
»Ein wenig zu spät«, sagte der Copilot.
»Hatte ich mir schon gedacht.« Der Pilot, ein hochgewachsener Londoner mit einem sorgfältig gestutzten Schnurrbart, legte die Ca talina so lässig in eine scharfe Kurve, als schenke er sich eine Tasse Tee ein.
Das Abwerfen der Bomben hatte etwas von einem Ratespiel, da das Unterseeboot bereits außer Sicht verschwunden und nur noch
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