Unterdruck: Ein Dirk-Pitt-Roman (German Edition)
den beiden herüber.
»Sie sehen wie immer atemberaubend aus, Loren«, sagte er, »trotz des Gesindels, das da an Ihrem Arm hängt.«
Loren lachte. »Im Haushalt ist er immer noch ganz nützlich. Schön, Sie wiederzusehen, Mr. Vice President.«
»Wo sind Summer und Dirk? Ich dachte, sie seien ebenfalls hier.«
Neugierig hob Loren die Augenbrauen.
»Sie sind gerade in Rom«, sagte Pitt. »Die italienische Regierung veranstaltet eine Gedenkfeier für die Mannschaftsangehörigen der Barbarigo , die in Madagaskar geborgen wurden. Die beiden sind als Ehrengäste eingeladen worden.«
»Um es mal krass auszudrücken, wir wären ganz schön am Arsch gewesen, wenn sie nicht gewesen wären«, sagte Sandecker. »Dass sie es waren, die die sterblichen Überreste der Besatzungsmitglieder gefunden haben, hat die Italiener dazu gebracht, uns die Ladung Seltenerdmetalle, die sich noch in dem U-Boot befand, zu überlassen. Das hat uns die Blamage erspart, halb unvorbereitet vors Publikum zu treten.« Er zwinkerte Pitt zu.
»Apropos Seltenerdmetalle«, sagte Loren. »Ich habe auf dem Hill das Gerücht gehört, die Chinesen hätten die Absicht, den Exportstopp aufzuheben.«
»Zumindest haben sie das offiziell verlauten lassen. Nachdem die Australier Edward Bolckes Mine in Mount Weld übernommen haben, haben die Chinesen wohl alle Hoffnung verloren, den Markt zu beherrschen. Und mit unseren Wiederaufbaumaßnahmen in Mountain Pass sind wir dem Zeitplan um einiges voraus. Glücklicherweise hat das restliche Material, das in Bolckes ehemaligen Betrieben in Panama und Madagaskar noch vorhanden war, dazu beigetragen, den kurzzeitigen Engpass zu überbrücken.«
Ein Helfer kam zu Sandecker und informierte den Vizepräsidenten, dass die Zeremonie jeden Moment beginnen sollte.
Sekunden später schlängelte sich Ann Bennett durch die Stuhlreihe und ließ sich auf den freien Platz neben Loren sinken. »Hallo«, sagte sie voller Herzlichkeit. »Ich dachte schon, ich würde es nicht rechtzeitig schaffen.«
»Sind Sie gerade erst gelandet?«, fragte Loren.
»Ja. Dan Fowlers Urteilsverkündung war für heute Morgen angesetzt, und die wollte ich mir auf keinen Fall entgehen lassen.«
»Interessantes Timing«, meinte Pitt grinsend. »Was hat er denn gekriegt?«
Ann Bennett lächelte zufrieden. »Dreißig Jahre, wie der Staatsanwalt gefordert hat.«
Ein Admiral trat ans Rednerpult und begrüßte den Vizepräsidenten, der eine flammende Rede über den Schutz der Weltmeere vor allen möglichen Feinden hielt. Mehrere Navy-Vertreter schlossen sich mit ähnlich feierlichen Ansprachen an.
Während die Redner einander auf dem Podium ablösten, beugte sich Ann über Loren zu Pitt hinüber und fragte leise: »Ist sie im Wasser?«
Pitt nickte. »Vor zwei Tagen, während des Wolkenbruchs, auf den sie so sehnsüchtig gewartet haben, haben sie sie in Position gebracht.«
»Und ist sie bereit für die Praxistests?«
»Alle Systeme arbeiten im grünen Bereich, wurde mir mitgeteilt.«
»Ich dachte, die North Dakota hat ihre Praxistests längst absolviert«, sagte Loren.
»Ja, ja, das ist schon richtig, Liebling«, sagte Pitt und presste die Lippen zusammen.
Auf dem Podium wurde die Ehrenpatin der North Dakota vorgestellt und intonierte den traditionellen ersten Befehl der Indienststellung: »Bemannt unser Schiff und erweckt es zum Leben!«
Unter dem tosenden Beifall der versammelten Gäste begaben sich die Mannschaft und die Offiziere der North Dakota an Bord des U-Boots. Pitts Blick wanderte über das Schiff hinaus und richtete sich auf einen motorisierten Lastkahn, der von zahlreichen rot-weißen Warnbojen umgeben war.
»Wo ist sie?«, fragte Ann Bennett.
»Bei dem Kahn da auf der anderen Seite.«
Loren bemerkte, dass sich auch einige Navy-Vertreter offenbar mehr für den Lastkahn als für die nagelneue North Dakota interessierten.
»Was ist denn mit den Leuten los?«, fragte Loren. »Ihr tut ja alle so, als gehe es hier um noch etwas Wichtigeres als den Stapellauf der North Dakota . Und warum starren alle wie gebannt auf diese Bojen vor dem Lastkahn?«
Pitt lächelte seine Frau an und drückte zärtlich ihre Hand.
»Nicht immer gibt die See all ihre Geheimnisse preis«, sagte er. »Selbst dann nicht, wenn ihr mit einem rostigen Buttermesser gedroht wird.«
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