Untergang
werden die Vandalen Hippo Regius überfluten. Sie werden dort ihre Pferde eindringen lassen, ihre Brutalität und den Irrglauben der Arianer. Gut möglich, dass sie alles zerstören werden, was er weiland geliebt als schwacher Sünder, aber er hat so viel über das Ende der Welt gepredigt, dass er sich drüber nicht beunruhigen sollte. Die Männer werden umkommen, die Frauen werden vergewaltigt werden, der Mantel der Barbaren wird sich erneut mit ihrem Blut färben. Der Boden, auf dem Augustinus ruht, ist allüberall gekennzeichnet mit dem Alpha und dem Omega, dem Zeichen Christi, das er mit seinen Fingerspitzen berührt. Das Versprechen Gottes hört nicht auf, sich zu erfüllen, und die im Todeskampf liegende Seele ist schwach, verletzlich bis zur Versuchung. Welches Versprechen kann Gott den Menschen machen, Er, der sie so wenig kennt, dass Er taub blieb gegenüber der Hoffnungslosigkeit Seines eigenen Sohnes und sie auch dann noch nicht verstand, als Er einer von ihnen geworden war? Und wie sollten die Menschen seinen Versprechungen trauen, wenn Christus selbst seine eigene Göttlichkeit bezweifelte? Augustinus erschauderte auf dem kalten Marmor, und kurz bevor sich seine Augen öffneten zum ewigen Licht, das über der Stadt glänzt, die keine Armee je einnehmen wird, fragt er sich angsterfüllt, ob all die weinenden Gläubigen, die die Predigt auf den Untergang Roms nicht hatte trösten können, seine Worte nicht besser verstanden haben mochten als er selbst. Die Welten vergehen in Wahrheit eine nach der anderen, von Finsternis zu Finsternis, und gut möglich, dass ihre Abfolge nichts bedeutet. Diese unerträgliche Hypothese brennt Augustinus in der Seele und er stößt einen Seufzer aus, Ruhender im Kreise seiner Brüder, und er strengt sich an, sich dem Herrn zuzuwenden, sieht aber nur das merkwürdige tränenfeuchte Lächeln, das ihm einst die Arglosigkeit einer unbekannten jungen Frau geschenkt hatte, um vor seinen Augen das Ende zu bezeugen und zugleich die Ursprünge, denn dies ist eine einzige und sich gleichbleibende Bezeugung.
Anmerkung des Autors zur französischen Originalausgabe
Die Kapitelüberschriften entstammen, mit Ausnahme der letzten, den
Sermones
von Augustinus. Ich habe mich entschlossen, die exzellente, 2004 vom
Insititut d’études augustiniennes
herausgegebene Übersetzung von Jean-Claude Fredouillezu verwenden. Zudem habe ich aus den
Psalmen
und der
Genesis
sowie aus dem Gedicht
Todesfuge
von Paul Celan Sulamiths »aschenes Haar« zitiert, selbst wiederum dem
Hohelied der Liebe
entliehen
.
Ohne die Hilfe von Daniel Istria hätte ich mir nie vorstellen können, wie eine afrikanische Basilika des fünften Jahrhunderts ausgesehen haben mochte noch den Ablauf der Predigten in ihr
.
Jean-Alain Husser hat mir ermöglicht, mich mit den Rätseln sowohl der Kolonialadministration als auch der tropischen Krankheiten vertraut zu machen, bei denen ich mir erlaubt habe, die Symptome in Hinsicht auf Kriterien zu verändern, die ich mich nicht getraue, als ästhetische zu bezeichnen. Mögen sie beide meiner Dankbarkeit und meiner Freundschaft versichert sein!
So viele Dinge gibt es, die ich meinem Großonkel Antoine Vesperini verdanke, dass es mir, anstatt sie alle aufzuzählen, einfacher und gerechter erschien, ihm diesen Roman zu widmen, der ohne ihn nicht existieren würde
.
Anmerkung des Übersetzers zur deutschsprachigen Ausgabe
Die aus den
Sermones
des Augustinus stammenden Kapitelüberschriften wurden direkt aus dem französischen Original ins Deutsche übertragen. Die Zitate aus den
Psalmen
und der
Genesis
sind der Elberfelder Bibel entnommen.
Besonderer Dank für ihre intensive Unterstützung bei der Anfertigung der Übersetzung gilt Barbara Wahlster, Max Dumas und Romain Prevost.
Im folgenden Glossar haben wir Begriffe und Namen von Städten sowie Personen versammelt, von denen wir hoffen, dass eine kurze Erläuterung dem Leser behilflich sein möge.
Alta Rocca
im Süden Korsikas gelegener Landstrich, heute Teil des Naturschutz-gebietes
Regionaler Naturpark Korsika
Alveolen
hier: medizinischer Fachausdruck für Lungenbläschen
AOF
Abkürzung für
Afrique occidentale française
, Französisch-Westafrika; von 1895 bis 1958 gebräuchliche Bezeichnung für die Föderation der französischen Kolonien in Westafrika
Arianer
eigentlich Anhänger des Arianismus, einer christlich theologischen Lehre, die im Gegensatz zur Trinitätslehre steht; in der Spätantike seit dem Erstem Konzil von
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