Unterm Kreuz des Südens. Eine australische Familiensaga
Kevin zu ihnen kam, sah Franziska in seinem sorgenvollen Gesicht, dass etwas nicht stimmte.
„Er ist bis jetzt noch nicht in Alice Springs angekommen. Ich habe die Suche nach ihm veranlasst.“
Am nächsten Morgen meldete sich der Flugplatzleiter und teilte mit, dass Touristen gegen vierzehn Uhr des Vortages den Absturz einer Cessna am Ayers Rock beobachtet hatten. „Wir erhielten diese Nachricht erst Stunden später“, sagte der Diensthabende „und leiteten sofort nach Sonnenaufgang Bergung ein. Wir erfuhren vor Ort von allen Zeugen des Unglücks, dass es keinen Zweifel daran gab, dass die Maschine mit Absicht zum Absturz gebracht worden ist.“
Kevin erstarrte am andern Ende der Leitung.
„Hallo, Mr. Goodman. Hallo sind Sie noch dran?“
Kevin ließ den Hörer fallen. Er saß auf seinem Hocker, das Gesicht in den Händen vergraben. Er schüttelte den Kopf. „Wie soll ich das den anderen beibringen?“
Kevin setzte sich auf das Sofa. Er rief Franziska und Sarah zu sich. Seine Arme legte er um ihre Schultern. „Ich habe für euch beide eine ganz schlimme Nachricht ...“
Alle waren schockiert und entsetzt. Was hatte Sabrina nur mit der Familie gemacht. Nun sind auch noch unschuldige Touristen mit hineingezogen!
Es konnte allerdings zu diesem Zeitpunkt keiner ahnen, dass es gerade diese Touristen waren, die ihn zu dieser Tat gebracht hatten. Dass er damit seine Familie oder das, was davon übrig war, schützen wollte. Er hatte sich geopfert, um ein noch größeres Unheil von allen fern zu halten.
Für Maggi war das alles zuviel. Für sie war es hauptsächlich eine Schande, was ihr Sohn da gemacht hatte. Trotz allem musste er doch dankbar sein, dass er in dieser Familie unbeschwert aufwachsen durfte, dass er selbst nach Sabrinas Flucht noch als Schwiegersohn bleiben durfte und geachtet und geliebt wurde.
Sie kam nicht darüber hinweg. Eines Morgens fand man sie tot in ihrem Bett.
Nach zwei Wochen war der Untersuchungsbericht fertig und wurde den Hinterbliebenen zugesandt. Darin erfuhren sie, dass die beiden Feriengäste geflohene Gewaltverbrecher waren und über Interpol gesucht wurden.
Als die Überreste von Neil der Familie übergeben wurden, bestattete man ihn ehrenvoll neben seiner Mum.
Nun war es jedem klar, dass er wahrscheinlich durch sein Handeln eine viel größere Katastrophe verhindert hatte.
Und trotzdem blieb bei jedem ein gewisser Zweifel offen, denn keiner wird es je erfahren, wie es sich wirklich zugetragen hatte.
Obwohl Sabrina von dem schrecklichen Tod ihres Mannes erfahren hatte, erschien nicht zur Beisetzung.
Hatte sie ein schlechtes Gewissen?
… und was sonst noch geschah !
Sechs Monate nach dem Unglück nahm Franziska Kontakt zu ihrer Tochter auf. Irgendwie schaffte sie es, ihr zu verzeihen.
Franziskas Traum war es, dass Sabrina und Neil Mozzie im Sinne von Alina weiterführten. Aber das war nur ein Traum, der sich leider nicht erfüllt hatte.
Sabrina war froh über die Nachricht ihrer Mutter, hatte sie doch ihre Eltern sehr lieb.
Sie bedauerte Neils Tod sehr, denn sie hatte ihn sehr geliebt. Nur die Liebe zu Jeremy war eben größer. Und sie bereute keinen Moment, sich so entschieden zu haben.
Franziska und Kevin konnten ihren Entschluss nur schwer nachvollziehen. Aber letztendlich verziehen sie den beiden.
Jeremy wurde zögernd in den Kreis der Familie aufgenommen.
Die beiden liebten sich sehr, kamen allerdings nicht auf die Farm zurück, um dort zu leben.
Sarah entwickelte sich zu einer hübschen Frau. Zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag heiratete sie einen Schafscherer, der seine Wanderschaft von Farm zu Farm auf Mozzie beendete.
Drei Jahre nach Neils Tod schenkte Sarah einem Mädchen das Leben. Sie nannte es Grace.
1980
Zum zweiten Geburtstag von Grace hatte Franziska eine Idee.
„Kevin, ich möchte den Kindern unsere Lieblingsstelle über dem Wasserfall zeigen! Was meinst du, schaffe ich es noch auf ein Pferd?“
Kevin nahm wie ein junger Teenager seine große Liebe Franziska in die Arme und küsste ihre schneeweißen Haare. „Ich werde dir doch nicht ausreden, was du dir in den Kopf gesetzt hast. Wenn du etwas wirklich willst, dann schaffst du es auch, auch noch mit einhundert Jahren. Da wirst du doch mit deinen dreiundsiebzig Jahren keine Bedenken haben!“
Als Sabrina mit Jeremy zu Besuch kam, sagte ihr Franziska, dass sie eine Überraschung für sie hätte.
„Ich möchte dir und Sarah eine Stelle im Busch zeigen, die mir sehr wichtig ist.
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