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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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geschehen. Er brüllte im Inneren der Kapsel, brüllte so laut er nur konnte, und brüllte wieder.
    Dann wartete er und horchte in sich hinein.
    Gut, vielleicht wird er sterben.
    Aber nicht, wenn alles so funktionierte, wie es funktionieren sollte. Und sein Vater hatte dieses Gerät gebaut, und bald würde Marta an den Konsolen sitzen. Er schaltete die Kommunikationsbox auf Senden; er riß die Funkeinheit auf und steckte sie in den Datenstromkreis, genauso wie Marta es ihm noch während des Fluges gesagt hatte.
    »Bringt mich runter.«
    Direkt unter ihm, wo er nichts sehen konnte, öffnete sich das Loch, um die Kapsel aufzunehmen; das leuchtende Sonnenlicht verschwand, als die Kapsel in den Schacht eintauchte. Dann schlossen sich über seinem Kopf die Ventile des Bohrlochs.
    Leidy hörte die Ventile unter sich bersten; mit einem Geräusch, das klang, als breche ein Staudamm. Er sah nicht, vielmehr spürte er den dickflüssigen Schlamm in die Kammer rauschen, der die Kapsel verschluckte. Als er den hohen Ton des Sauerstoffs aus der großen Stahlflasche neben sich vernahm, erinnerte er sich daran zu atmen.
    »Okay, ich bin im Schlamm. Los, jetzt bringt das Ding endlich in Bewegung«, sagte er.
    Der Lautsprecher in der Kapsel krächzte. »Fahren fort, Sir.« Es war die Angewohnheit eines Soldaten, zu jemanden, der Befehle gab, Sir zu sagen.
    Der Soldat, noch ein halbes Kind, hatte behauptet, etwas von Computer zu verstehen. Alles, was er bislang zu tun hatte, war der Funktionsliste zu folgen, die Cyrus für Edward hinterlassen hatte. Leidy hätte sich bedeutend besser gefühlt, wenn Marta am anderen Ende der Leitung gewesen wäre.
    Er hörte die Pumpen tuckern. Der enge Boden, auf dem er stand, fiel weg wie ein nach unten rasender Aufzug; die Kapsel beschleunigte, je mehr der auf ihr lastende Druck zunahm. Leidy fuhr in die Dunkelheit, in die Eingeweide der Erde.
    Langsam wurde ihm bewußt, daß die Dunkelheit keine totale war; an den beiden Seiten der Kapsel zogen sich flackernde Lichtbänder entlang, ein orangefarbenes Glühen, das heller zu werden schien, sobald seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es waren die Kühlleitungen, die der seismischen Bombe, die zweite der Kapsel seines Vaters, beide leiteten Hitze an die Oberfläche. Er spürte, wie die Kabel gegen die Wände des Angelgeräts vibrierten, das das Bohrloch hinabfuhr. Er bewegte sich in vertikaler Richtung durch die Erde, schneller als eine U-Bahn. Trotzdem würde es Stunden dauern, bis er den Grund des Lochs erreicht hatte. Bereits jetzt schien es ihm, als würde die Dunkelheit weniger dunkel, als begannen die umliegenden Felsen zu glühen.
    Er hatte sich nach einem Teleskop in das Innere der Erde gesehnt. Vielleicht hatte Marta recht, ein solches Ding konnte es nicht geben. Aber er ging selbst in die Erde, wohin nur ein Mensch vor ihm, sein Vater, vorgedrungen war. Die Sicht war trübe, verzerrt, doch das sich aufhellende Spektrum, das er mit seinen eigenen Augen wahrnahm, das von seiner Vorstellungskraft eingefärbt wurde, enthielt eine Qualität an Information, die kein dummes Instrument vermitteln konnte; er war so hautnah mit den Fähigkeiten seines Vaters in Berührung, daß er nicht anders konnte, als zu staunen und ihn zu bewundern.
    Was seinen Vater dort unten festhielt, davon hatte er keine Vorstellung, und daran wollte er auch nicht denken. Er hatte nie daran gezweifelt, daß er ihn befreien und lebend zurückbringen konnte.
     
    Zwei Stunden, nachdem Leidy in das Loch eingefahren war, traf Marta im beschädigten Kontrollraum ein. Sie hatte keine Probleme, ihn auf der Kommunikationsleitung zu hören, obwohl er Schwierigkeiten zu haben schien, sie zu hören; ihre Übertragung war mit einem Höllenlärm unterlegt, den grollenden Bauchschmerzen der Erde. Andererseits war sie froh, daß er sie nur schlecht empfangen konnte. Sie mußte ihm nicht erzählen, daß Cyrus aufgehört hatte, den Code zu senden.
    Eine halbe Stunde, nachdem sie angekommen war, glaubte sie ein ungefähres Verständnis davon zu haben, wie die Dinge hier funktionierten – hier, in dieser Ruine, wo der Wind durchpfiff, die aufgesplitterte Metallverkleidung in monotonen Rhythmen schlug und der Raum nach Asche und geronnenem Blut stank.
    Die Sonne stand nun hoch, die Monitore waren in dem grellen Licht, das durch die großen Löcher in den Wänden drang, nur schwer zu lesen, aber Marta konnte sehen, daß Leidy nur Minuten von dem Ort entfernt war, wo Cyrus und der

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