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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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seismische Apparat feststeckten.
    »Wie sieht es draußen aus?« fragte Marta den nächststehenden Soldaten. Sie saß hier in der Tarnkleidung, die man ihr gegeben hatte, und zog an einer Pall Mall. Sie war die einzige Person im Raum, die die Kleidung, die sie trug, für ein Kostüm hielt und nicht für Arbeitskleidung.
    »Nichts zu berichten, Dr. McDougal«, sagte der Youngster.
    Vom statischen Pfeifen seines Funkgeräts konnte Marta die wechselnden Frequenzen der Militärleitung hören. Die Truppen am Bohrgelände erhielten lediglich Ausschnitte aus dem großen Bild. Das letzte, was sie hörten, war, daß noch immer irakische Truppen eintrafen; ihre Panzer mußten vor den Toren des Geländes campieren. Keine Neuigkeiten von den vorgeschobenen Posten oder nichts, das der Junge ihr mitteilen wollte. Die »Zielstaaten« – sprich die arabischen Staaten, um seinen Jargon zu übersetzen – machten noch immer lautes Geschrei, doch zumindest die Europäer und die Vereinigten Staaten hatten sich eingeschaltet.
    Was vielleicht damit zu tun hatte, daß Marta ohne Zwischenfall hier herkommen konnte. Der Helikopter war über Jordanien geflogen, nachdem er seine Absicht offen angekündigt hatte – irgend jemand im israelischen Hauptquartier hatte sich endlich mit der Realität auseinandergesetzt –, ihr Hubschrauber wurde zwar von einigen der alten F-5 des Königs angeflogen, doch das war nur eine Geste. Der Chef der Hubschrauberbesatzung, der in der offenen Luke neben Marta saß, hatte nicht einmal die Kanone zwischen seinen Knien angerührt, nur angewidert in den Fahrtwind gespuckt.
    Sie hoffte, alle Soldaten könnten sich so abgebrüht verhalten. Marta sah auf den Jungen, der neben ihr stand; etwas Verrücktes lag in der Tatsache, daß ein Teenager mit einer Maschinenpistole ihre Verbindung zur Welt draußen kontrollierte.
    Verrückt, aber es hatte Tradition.
    Sie wandte sich wieder ihren Studien zu. Sie hatte seit ihrer Ankunft viel gelernt, selbst aus den Ruinen. Dieses Bohrloch war nur ein Siebtel so tief wie das CORE-Bohrloch, doch in seiner Anlage weit ausgefeilter. Die Verkleidung umfaßte mehrere Schichten und war konzentrisch; sie besaß Kanäle, um Flüssigkeiten auf- und abzupumpen, Ventile, um lokale Variationen des Schlammdrucks zu kontrollieren und so Geräte schneller in das Loch einführen zu können. Cyrus’ Handschrift war überall abzulesen. Sie bewunderte sie, auch wenn sie sich fragte, wie besessen er gewesen sein mußte, dies zu tun. Hatte er wirklich geglaubt, daß er an einem Gasbohrschacht arbeitete?
    Leidys Stimme kam aus dem kleinen Lautsprecher. »Ich habe Kontakt«, schrie er. Seine Worte gingen im Brüllen des Hintergrunds beinahe unter.
     
    Leidy wurde von intensivstem Licht überströmt, die Art von Licht, die man mit dem Schmelzfluß flüssigen Eisens assoziieren könnte – eine Analogie aus der Alltagswelt, die der Realität nicht entsprach. Das Licht erschien ihm weiß mit einer leichten korallenroten Einfärbung. Die Hitze des Lichts wurde fortgetragen von der umströmenden Kühlflüssigkeit, die in den ineinandergeschachtelten Schalen seiner Kapsel eingebettet war; das Licht stammte vom Mantel, von der Hitze, die seit dem Ursprung des Planeten aufbewahrt wurde, und vom radioaktiven Zerfall der schweren Elemente. Die Hitze ließ den Mantel transparent erscheinen.
    Alles Illusion, natürlich. Die Sicht war ziemlich miserabel, diffus und unscharf, und er hatte über die Zusammensetzung des Gesteins in vierhundert Kilometer Tiefe ebensowenig erfahren, wie er über einen Tungsten-Faden erfahren hätte, wenn er auf eine leuchtende Glühbirne starrte. Eine miserable Sicht. Aber ein sublimer Anblick.
    Er war durstig und hungrig geworden und war nahe daran, auf den Boden zu pinkeln; die Füße schmerzten – es gab keinen Platz, um sich hinzusetzen –, und die Luft, die er atmete, begann säuerlich zu riechen. Kein gutes Zeichen. Sein eigener kondensierter Atem hing im Zylinder. Der Trip war eine Folterfahrt in einem engen Aufzug.
    Zumindest war die Temperatur noch niedrig. Kühl genug, um die fünfundzwanzig Grad Celsius. Wie Marta einmal gesagt hatte: Es glich einem Ping-Pong-Ball, der in einen Schmelztiegel mit Eisen eingetaucht wurde, und das Problem, wenn, sagen wir einmal, eine Ameise sich im Ping-Pong-Ball befindet, … nun, das Problem war, das Ding genügend zu kühlen, so daß sich die Ameise zwar einsam, ansonsten aber okay fühlte. Die Ameise war er. Er hatte keine Angst mehr,

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