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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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dahinter steckt. Ich hätte mich darauf nicht einlassen dürfen, aber ich wußte nicht, wer sonst die Rechnungen bezahlen sollte.«
    Leidy begann zu verstehen, warum ihnen der Anwalt im letzten Jahr ausgewichen war. »Er erzählte dir nicht, wer sie waren?«
    Dink schüttelte den Kopf. »Nein, zuerst nicht. Erst viel später. Ich erzähle dir, was er mir erzählt hat …«
     
    Sommer 1979. Cyrus Hudder saß zusammengekauert in der Box einer Flughafen-Cafeteria im Mittleren Westen; auf dem holzimitierten Plastiktisch vor ihm lag ein halb angegessenes Pastrami-Sandwich und eine unberührte Flasche Heineken. Er hatte so viele Jahre seines Lebens auf Reisen zugebracht, daß er sich kaum an die Qualität oder gar die Namen der Flughäfen erinnerte, auf denen er umsteigen mußte; gestaltlose Knoten in einer Graphik verbindender Linien, ein mathematisches Problem, das als Handelsvertreter bekannt ist.
    Eine ohrenzerreißende Stimme kam über die Lautsprecher, die jemanden aufforderte, ein White Courtesy-Telefon zu suchen. Cyrus riß sich selbst aus seinen freudlosen Träumereien und strich mit den Fingern durch das dünner werdende Haar. Unter den Augen hatte er Tränensäcke, um den ernsten Mund permanente Falten, aber in ihm brannte ein Groll, der seine Haut rötete und ihm den falschen Glanz von Vitalität verlieh.
    Neben ihm auf der Bank, unter seinem fleckigen Mantel, lag eine abgenutzte Ledermappe; aus langer Gewohnheit ruhte seine Hand schützend auf ihr. Er hätte die Labornotizen studieren sollen, die blassen Kohlekopien und Xerox-Blätter. Statt dessen ließ er seine Gedanken schweifen, befaßte sich nicht mit den notwendigen Plänen, spielte nicht mit neuen Ideen, sondern ging ergebnislos vergangene Fehler durch. Dachte an Leidy, jetzt, da der Junge bereits ein Mann war, Gedanken, die ihn noch immer traurig machten und wütend. Er dachte an Greta, die sich so weit von ihm zurückgezogen hatte, daß sie sich bereits gegen ihn wandte, Gedanken, die ihm die Tränen in die Augen trieben. Und er dachte an die Vorgänge im Hudder Research, Gedanken, die ein Labyrinth von Frustration und Selbstmitleid öffneten.
    Während er die vollgestopfte Aktenmappe auf seinen Schoß zog, schob sich eine dunkle Figur vor das Neonlicht. »Entschuldigen Sie, ich fragte mich, ob Sie nicht Cyrus Hudder sind.«
    »Was?«
    »Entschuldigen Sie.« Ein gutgekleideter Mann um die dreißig von starker Statur und dickem, kurzrasiertem schwarzen Haar. »Ich dachte, ich kenne Sie.«
    »Ja, ich bin Cyrus Hudder.«
    »Edward Samarri, Sir.« Der junge Mann zögerte einen Augenblick, streckte halb die Hand aus, Cyrus jedoch ermutigte ihn nicht. »Ich nehme an, es ist kein besonders günstiger Zeitpunkt. Ich konnte einfach nicht widerstehen, Ihnen guten Tag zu sagen. Ich bin ein großer Bewunderer von Ihnen.«
    »Kenne ich Sie? Was wollen Sie, einen Job?«
    »Nein, Sir, Sie kennen mich nicht. Ich habe kaum außerhalb der Fachorgane veröffentlicht.« Er hatte einen seltsamen Akzent, ein Ausländer, der in Großbritannien sein Englisch gelernt hatte.
    »In welcher Branche arbeiten Sie?«
    »Öl. Ich bin bei Noramar Oil in Houston.«
    »Texxon.«
    »Das sind wir.« Samarri lächelte. »Ich habe Sie in New Orleans reden hören, Dr. Hudder, vor einigen Jahren. Habe seitdem alles gelesen, was ich von Ihnen finden konnte. Ihre Arbeit stellt zweifellos Weichen für die Zukunft. Meiner Meinung nach.«
    »Leider teilen Ihre Firmenbosse nicht Ihre Meinung.«
    Samarri lächelte entschuldigend. »Eigentlich hoffe ich sie davon zu überzeugen.«
    Cyrus entspannte sich. »Entschuldigen Sie die schlechten Manieren, Mr. …«
    »Samarri, Sir.«
    »Mr. Samarri.« Cyrus legte seine Mappe zur Seite und beugte sich nach vorne, um ihm über den Tisch hinweg die Hand zu geben. »Wollen Sie sich setzen?«
    »Ich störe Sie nicht?«
    »Keineswegs.«
    »Bin gleich wieder zurück.« Samarri ging zur Theke und kam eine Minute später mit einer kalten Flasche Bier, die er Cyrus hinstellte, und einem Plastikbecher mit Kaffee für sich selbst zurück.
    »Vielen Dank.« Cyrus stieß mit der kalten Flasche gegen seine lauwarme. »Was meinen Sie mit ›Weichen stellen für die Zukunft‹?«
    »Nun, Sir …« Samarri rutschte auf die Bank gegenüber. »Sie haben ausführlich über Tiefenbohrungen geschrieben. Haben die Probleme dargelegt, ungewöhnliche Methoden diskutiert. Einigen von uns ist klar – und wie ich bereits sagte, ist dies ein Ansatzpunkt, von dem wir unsere

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