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Unternehmen CORE

Unternehmen CORE

Titel: Unternehmen CORE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Preuss
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sicher, wie sie es nur sein konnten, daß Cyrus tot war.
     
    »Der Brief ist echt«, sagte Dink. Er war wieder in Manhattan; in einem vollen irischen Pub in der Nähe seines zentral gelegenen Büros sprach er über einem Lammkotelett zu Leidy, er mußte laut reden, unter dem kleinen Tisch stießen ihre Knie aneinander. »Sein Papier, seine Handschrift.«
    »Ja, vielleicht. Was er schreibt, klingt nicht nach ihm.«
    Leidy steckte eine Gabel voll Lammfleisch in seinen Mund und kaute. Es war lauwarm und fettig. Er war sich nicht sicher, ob er überhaupt hier sein wollte. »Es gab keine Zeugen«, sagte er.
    »Keine Geheimnisse.« Dink sägte an seinem Kotelett, das außen schwarz und innen am Knochen blutig war. »Nacht. Dicker Nebel. Man konnte keine zwanzig Meter weit sehen. Wenn er nicht auf dem Geländer saß und eine Stunde lang nachdachte, wie es, wie sie sagen, die meisten tun … Jedenfalls war es sein Gepäck, auf dem Wagen waren seine Fingerabdrücke. Eine positive Identifizierung durch die Verleihfirma.«
    »Sie haben ihn nicht gefunden.«
    »Die Strömung bei Sonnenaufgang betrug vier Knoten, Ebbe. Ging hinaus, meine ich. Manchmal können sie die Leichen von Leuten nicht finden, die sie springen sehen. Die Küstenwache kommt nicht so schnell zu ihnen, wie die Strömung sie hinaustreibt. Dort sinken sie den Festlandsockel hinab.«
    Leidy verzog das Gesicht. »Die Polizei meint also, er hat den Wagen im Presidio geparkt, damit sie ihn nicht in der Nähe der Brücke parken sehen.«
    »Das sagen sie.« Dink hielt inne und nahm einen Schluck von seinem purpurfarbenen Burgunder.
    »Und blockiert jemand anderem die Zufahrt?«
    Dink setzte das Weinglas ab und nahm eine Gabel Fleisch. »Geisteszustand«, murmelte er und kaute.
    »Ich denke, mein Vater hat alles nur vorgetäuscht. Er will, daß wir glauben, er sei tot.«
    Dink schluckte bedächtig. »Alles ist möglich.« Die Anwaltsversion eines toleranten Geistes. »Noch eines. Eine CHP-Streife berichtete, daß er auf der Brücke einen Mann überprüfte. Mittleren Alters, könnte dein Vater gewesen sein. Aber der Cop konnte sich an nichts mehr erinnern; er wurde abberufen, bevor er ihn sich genauer anschauen konnte, konnte die Personalien nicht aufnehmen.«
    »Er ist nicht tot«, sagte Leidy.
    »Wo ist der Haken?« fragte Dink. »Was konnte er gewinnen? Er plünderte nicht die Firma. In den letzten Wochen steckte dein Vater den größten Teil seiner Ersparnisse in die Gehaltszettel seiner Firma. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich die Hälfte von ihnen bereits vor zwei Jahren ausgestellt.«
    »Vielleicht wollte er, daß sie ihn auch dann noch lieben, wenn sie sich eine neue Arbeit suchen müssen«, sagte Leidy.
    »Nein, er behielt sie, weil er glaubte, er besitze noch eine Firma.«
    Leidy legte Messer und Gabel weg. Er hatte keinen Appetit mehr.
    »Ich glaube, er haßte dieses Leben, aber er haßte es nicht genug, um es zu beenden. Er wollte von vorne anfangen.«
    Dinks Gesicht war vom Schlafmangel der vergangenen Tage aufgequollener, als es sein militärisches Aussehen gewöhnlich erlaubte. »Wenn er das wollte, hätte er es leichter haben können, und billiger.«
    »In solch ehrenvollen Dingen wie Scheidungsverfahren wäre die Wahrheit aufgeflogen«, sagte Leidy. »Aber so kann er uns bestrafen.«
    Dink sah auf seinen Teller, als schämte er sich. Er hatte diesen Jungen immer gemocht, schon damals, als er noch in den Windeln lag. Leidy hatte den Optimismus seiner Mutter und etwas von ihrem Charme. Cyrus mußte seinen Sohn, ohne dies zu wollen, mit einem Teil seines eigenen Grolls, seiner eigenen Reserviertheit infiziert haben. Und der Junge hatte seine eigenen Probleme. Schließlich war er von Caltech gefeuert worden.
    Dink wischte sich mit der schweren Leinenserviette den Mund ab. »Schau, es ist doch nicht so, daß die Polizei in San Francisco sich nicht ihre eigenen Gedanken machen würde. Daß ich nicht darüber nachgedacht hätte. Ich sagte ihnen alles, was ich weiß. Dein Vater täuschte keinen Selbstmord vor.«
    »Was hast du ihnen erzählt?«
    »Das meiste kennst du. Der Streit um die Patente mit den Gibbs-Labors.«
    »Was weiß ich nicht?«
    Dink hielt inne, betrachtete für einen Augenblick seinen Teller, und schaute dann Leidy in die Augen. »Er hatte eine Art Sponsor, Leute, die ihm ihr Geld gaben, damit er seine Rechte verteidigen konnte – im Gegenzug erhielten sie nicht ausschließliche Rechte auf Hudderit. Cyrus wollte mir nicht sagen, wer

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