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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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sage, ist …» Ich sah sie ungefähr zwei Wochen lang nicht, und in dieser Zeit zementierten sie ihre Freundschaft in den teuflischen Ausmaßen eines süchtigen Tag-und-Nacht-Gesprächs.
    Dann kam der Frühling, die große Zeit der Wanderschaft, und jeder in der verstreuten Clique machte sich bereit für die eine oder andere Reise. Ich arbeitete fleißig an meinem Roman, und als ich in der Mitte angelangt war, nach einem Ausflug mit meiner Tante in den Süden, wo wir meinen Bruder Rocco besuchten, war ich bereit, zum allerersten Mal an die Westküste zu fahren.
    Dean war schon aufgebrochen. Carlo und ich hatten ihn zur Greyhound-Station an der 34th Street begleitet. Oben gab es da einen Fotoautomat, wo man Bilder für einen Vierteldollar machen konnte. Carlo nahm seine Brille ab und machte ein finsteres Gesicht. Dean schoss eine Profilaufnahme und blickte sich schüchtern um. Ich machte ein en-face-Bild, auf dem ich aussah wie ein dreißigjähriger Italiener, der jeden umbringen würde, der ein Wort gegen seine Mutter sagt. Dieses Foto schnitten Dean und Carlo säuberlich mit einer Rasierklinge in der Mitte durch, und jeder verstaute seine Hälfte in seiner Brieftasche. Dean hatte sich für die große Heimfahrt nach Denver in einen echten Geschäftsanzug geworfen, wie er an der Westküste üblich ist; er hatte seinen ersten Auftritt in New York hinter sich. Ich sage Auftritt, aber er hatte bloß wie ein Hund auf Parkplätzen geschuftet. Er war der phantastischste Parkplatzwächter der Welt, er konnte ein Auto mit vierzig Sachen rückwärts in eine enge Lücke quetschen, knapp vor der Mauer bremsen, rausspringen, zwischen Kotflügeln durchrennen, in den nächsten Wagen springen, mit fünfzig Meilen in der Stunde auf einem kleinen Fleck wenden, schnell rückwärts rein in eine Parklücke, rrrums , die Handbremse reinknallen, dass man den Wagen hochschnellen sieht, während er raushechtet; dann schnell zur Kassenbude, im Sprint wie ein Hundertmeterläufer, den Parkschein aushändigen, in einen gerade angekommenen Wagen springen, bevor der Besitzer halb draußen ist, buchstäblich unter ihm durchtauchen, während er aussteigt, den Wagen mit klappernden Türen starten und losdonnern zum nächsten freien Platz, wenden, reinstoßen, bremsen, rausspringen, rennen; und diese Schufterei acht Stunden lang, ohne Pause, jeden Abend, in der täglichen Rushhour und in der Rushhour nach dem Theater, in speckigen Pennerhosen, einer zerschlissenen, pelzgefütterten Jacke und mit klatschenden kaputten Schuhen. Jetzt hatte er sich für die Fahrt nach Hause einen neuen Anzug gekauft; blau, Nadelstreifen, mit Weste und allem Drum und Dran – für elf Dollar an der Third Avenue, dazu eine Uhr mit Uhrkette und eine Reiseschreibmaschine, auf der er in einem möblierten Zimmer in Denver anfangen wollte zu schreiben, sobald er dort einen Job gefunden hatte. Unser Abschiedsessen bestand aus Frankfurtern mit Bohnen in einem Riker’s in der Seventh Avenue, und dann stieg Dean in den Bus, an dem Chicago stand, und brauste los in die Nacht. Da fuhr er hin, unser Hitzkopf. Ich schwor mir, den gleichen Weg zu nehmen, wenn erst der Frühling richtig blühte und das Land wachküsste.
    Und das war eigentlich der Anfang von meinen Erfahrungen unterwegs, und die Dinge, die kommen sollten, sind zu phantastisch, um sie hier nicht zu erzählen.
    Ja, und nicht nur weil ich Schriftsteller war und neue Erfahrungen suchte, wollte ich Dean näher kennenlernen, und auch nicht nur, weil mein Herumhängen auf dem Campus einen Kreislauf vollendet hatte und eine Blamage war, sondern auch, weil er mir irgendwie, trotz aller Unterschiede zwischen uns, wie ein lange verlorener Bruder vorkam; der Anblick seines knochigen Schmerzensgesichts mit den langen Koteletten und des angespannten schwitzenden muskulösen Nackens erinnerte mich an meine Kindheit an den Färbereiabwassertümpeln und Badepfützen und Flussufern von Paterson und am Passaic River. Seine schmutzigen Arbeitsklamotten hingen mit solcher Anmut an ihm – bei keinem Maßschneider konnte man einen besseren Sitz kaufen, man konnte ihn sich nur beim «Naturschneider natürlicher Lebensfreude» verdienen, so wie Dean es getan hatte, bei all seiner Schufterei. Und in seiner aufgeregten Art zu reden hörte ich wieder die Stimmen alter Gefährten und Brüder unter der Brücke, zwischen den Motorrädern, in der von Wäscheleinen durchzogenen Nachbarschaft und auf schläfrigen Türstufen am Nachmittag, wo die

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