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Unterwegs

Unterwegs

Titel: Unterwegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Kerouac
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einen Apfelkuchen mit Eiskrem; ich aß praktisch nichts anderes auf dem ganzen Weg quer durchs Land, ich wusste, es war nahrhaft und es schmeckte natürlich köstlich. Ich beschloss, alles auf eine Karte zu setzen. Ich stieg in Davenport in einen Bus, nachdem ich eine halbe Stunde lang eine Kellnerin im Café des Busbahnhofs angegafft hatte, und fuhr bis an den Stadtrand, diesmal aber dorthin, wo die Tankstellen sind. Hier donnerten, rrrums , die großen Trucks vorbei, und binnen zwei Minuten hielt einer für mich mit kreischenden Bremsen. Mit jubelnder Seele rannte ich hin. Und was für ein Fahrer – ein großer dicker harter Truckdriver mit vorquellenden Augen und einer heiseren Raspelstimme, der die Gänge nur so reindrosch und die Kupplung trat und seine Karre in Fahrt brachte und mir kaum Beachtung schenkte. So konnte ich meine müde Seele ein bisschen ausruhen, denn das ist eine der größten Unannehmlichkeiten beim Trampen, dass du mit unzähligen Leuten reden und ihnen das Gefühl geben musst, dass sie keinen Fehler gemacht haben, als sie dich auflasen. Du musst sie sogar unterhalten, und das alles ist ein großer Stress, wenn man auf Achse ist und nicht vorhat, in Hotels zu schlafen. Der Typ überbrüllte einfach das Dröhnen und ich brauchte nur zurückzubrüllen, und wir entspannten uns. Er schrubbte die Kiste in einem Rutsch bis Iowa und erzählte mir brüllend die komischsten Geschichten, wie er noch in jeder Stadt, die ein unfaires Tempolimit hatte, die Polizei angeschmiert hatte, und immer wieder sagte er: «Diese verdammten Cops, mich kriegen sie nicht am Arsch!» Gerade als wir nach Iowa City hineinrollten, sah er einen anderen Truck, der hinter uns herkam, und weil er in Iowa City abbiegen musste, blinkte er den anderen Typ mit den Rücklichtern an und bremste, sodass ich rausspringen konnte, was ich auch tat mit meinem Seesack, und der andere Lastwagen, mit diesem Wechsel einverstanden, hielt für mich an, und wieder saß ich im Handumdrehen in einer riesigen hohen Kabine, bereit, Hunderte von Meilen durch die Nacht zu brausen. Und wie war ich glücklich! Der neue Truckdriver war so verrückt wie der andere und brüllte genauso, und ich brauchte mich nur zurückzulehnen und dahinzurollen. Jetzt sah ich Denver schon vor mir aufragen wie das gelobte Land, weit draußen unter den Sternen, jenseits der Prärie von Iowa und der Ebene von Nebraska, und dahinter sah ich meine noch größere Vision von San Francisco wie ein Juwel in der Nacht. Zwei Stunden lang ließ er die Karre rollen und erzählte Geschichten, und dann, in einer Stadt in Iowa, wo Dean und ich Jahre später auf Verdacht in einem Cadillac angehalten wurden, der wie gestohlen aussah, schlief er ein paar Stunden auf dem Fahrersitz. Ich schlief auch und machte dann einen kleinen Spaziergang an der einsamen Backsteinmauer entlang, die von einer einzigen Laterne beleuchtet war, während am Ende all der kleinen Seitenstraßen die Prärie brütete, und der Duft von Mais war wie nächtlicher Tau.
    Im Morgengrauen erwachte er mit einem Ruck. Wir donnerten los, und eine Stunde später wurde vor uns der Qualm von Des Moines über den grünen Maisfeldern sichtbar. Er musste jetzt sein Frühstück verzehren und wollte sich Zeit lassen, darum fuhr ich gleich weiter nach Des Moines, ungefähr vier Meilen, mitgenommen von zwei Typen von der University of Iowa; es war seltsam, in ihrem nagelneuen bequemen Auto zu sitzen und sie über Prüfungen reden zu hören, während wir locker in die Stadt sausten. Am liebsten hätte ich jetzt einen ganzen Tag lang geschlafen. Also ging ich zum YMCA und fragte nach einem Zimmer; sie hatten keins: Einer Eingebung folgend wanderte ich hinunter zu den Eisenbahngleisen – und davon gibt’s eine Menge in Des Moines – und landete in einem düsteren alten Präriegasthof neben dem Lokomotivschuppen und verschlief einen ganzen langen Tag auf einem großen sauberen harten weißen Bett, mit in die Wand geritzten schmutzigen Sprüchen neben meinem Kopfkissen und zerschlissenen gelben Fenstervorhängen, die vor die rauchige Szene des Rangierbahnhofs gezogen waren. Ich wachte auf, als die Sonne sich rot färbte; und das war das einzige Mal in meinem Leben und der sonderbarste Moment überhaupt, da ich einen Moment lang eindeutig nicht wusste, wer ich war – ich war weit fort von zu Hause, zerschlagen und müde von der Fahrt, in einem billigen Hotelzimmer, das ich noch nie gesehen hatte, und hörte draußen Dampf zischen, das

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