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Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition)

Titel: Mordswiesn: Der fünfte Fall für Max Raintaler (Krimi im Gmeiner-Verlag) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gerwien
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    »Country roads, take me home, to the place I belong …«
    Das ganze Bierzelt dröhnte und wackelte, während Hunderte von Kehlen ihrer Sehnsucht nach West Virginia freien Lauf ließen. Exkommissar Max Raintaler wunderte sich wie schon so oft darüber, was all diese Menschen aus aller Herren Länder wohl dazu brachte, ausgerechnet in dem winzigen Appalachenstaat unweit der amerikanischen Ostküste ihre Heimat zu sehen. Wussten die denn nicht, wie ärmlich es dort zuging? Noch um vieles ärmlicher als irgendwo sonst in den USA, bis auf den Staat Mississippi vielleicht. West Virginia oder Fürstenfeld in Österreich, das waren seit Jahren die zwei mit Abstand beliebtesten Reiseziele der Oktoberfestgäste. Fast jeder hier schien aus welchen Gründen auch immer unbedingt dorthin zu wollen.
    Der sportliche blonde Urbayer schaute sich kopfschüttelnd um. Aber wieso kommt ihr dann alle jeden Herbst hierher nach München?, dachte er und gab sich gleich selbst die passende Antwort darauf: Weil unser Bier so gut schmeckt wie sonst nirgends und weil die Stimmung in unseren Bierzelten weltweit einfach einzigartig ist. Und natürlich weil es bei uns in Bayern sowieso am schönsten ist. Genau. Er grinste zufrieden.
    »Prost, Gemeinde. So jung kommen wir nie wieder zusammen.« Der kleine dicke Franz Wurmdobler, Max’ alter Schulfreund und Exkollege bei der Münchner Kripo, nutzte die kurze Musikpause, um mit allen am Tisch anzustoßen. Alle, das waren Max’ hübsche, dunkelhaarige Freundin Monika, der immer lustige, schnauzbärtige und frisch geschiedene Torwart Josef Stirner, mit dem Max gemeinsam beim FC Kneipenluft Fußball spielte, Franz’ sportliche Frau Sandra, Mike, der schlaksige, junge Gitarrist, mit dem Max gelegentlich live in kleinen Musikclubs in und um München auftrat, dessen blonde Freundin Jane und Monikas beste Freundin, die ebenfalls blonde Anneliese. Sie hatte als Einzige am Tisch ein Dirndl an, so wie die meisten Frauen an den anderen Tischen. Monika, Sandra und Jane stellten dagegen auch heuer wieder ihre eigene Auffassung von Wiesnmode zur Schau. Ganz so, als hätten sie sich extra dazu verabredet, trugen sie Jeans, Ballerinas und weiße Blusen.
    Anneliese hatte die Box, in der sie saßen, wie jedes Jahr am zweiten Wiesnsamstag ab 18 Uhr für sie reserviert. Was nur möglich war, weil sie den Festwirt über ihren reichen Exmann Bernhard persönlich kannte. Ein normaler Sterblicher würde an einen solch exklusiven Platz gar nicht rankommen, nicht einmal für viel Geld. Annelieses neuer Freund, der schöne Giuliano aus bella Italia wollte später auch noch zu ihnen stoßen.
    »Prost, Franzi. Auf unser aller Gesundheit.« Max lachte. Die anderen lachten mit. Natürlich wussten alle, wie ungesund sich die drei bis acht Wiesnmaß, die sie heute jeder tranken, morgen früh anfühlen würden.
    »Hey, hey, Baby …« Die Kapelle nahm ihren Dienst am musikalischen Seelenheil der illustren Gäste aus Nah und Fern wieder auf. Alles grölte den eingängigen Refrain von DJ Ötzis Megahit mit.
    Nach der zweiten Strophe musste Max dringend einmal wohin. Gemeinsam mit Franz, dem es genauso erging, bahnte er sich den Weg quer durchs Zelt zu den stets überfüllten Toiletten hinüber. Vorbei an tief ausgeschnittenen, drallen Dirndldekolletés und abenteuerlichen, braunen und beigefarbenen Trachtenimitationen im Landhausstil nebst den dazugehörigen, bierselig grinsenden Gesichtern.
    Woher kommt bloß immer wieder dieser seltsame Zwang zur Uniformierung, überlegte Max, der in seiner schwarzen Jeans und seinem schwarzen Lieblings-T-Shirt mit der Frontaufschrift ›Knödelgrab‹ zum Feiern angetreten war. Es ist doch noch gar nicht so lange her, dass wir für lange Haare, Freiheit und Individualität gekämpft haben. Soll das alles etwa völlig umsonst gewesen sein? Anscheinend ja, so wie es aussieht. Ja, ja. Die guten alten Zeiten kommen halt immer mehr aus der Mode. Er stellte sich kopfschüttelnd in die Reihe der Wartenden.
    »Jetzt schau dir bloß einmal diese vielen halbgaren Bürscherl an, die hier drinnen aufs Klo wollen. Und saumäßig heiß ist es auch noch. Oder?« Der riesige Mann in der kurzen Hirschledernen und dem weißrosa karierten Hemd vor Max und Franz hatte sich zu ihnen umgedreht. Dem Dialekt nach stammte er wie sie aus Oberbayern. Er bedachte sie mit einem großväterlich freundlichen Fünfmaßblick.
    »Ja mei. Beim Bieseln ist die Jugend halt immer vorn dran. Weil sie alle noch ihre

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