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Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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für mich tut? Also komm!«
    »Junge, das siehst du richtig«, brummte Julian.
    »Trotzdem«, beharrte ich so freundlich wie möglich, »ich möchte, dass du heute vorsichtig bist. Versprochen?«
    Er flötete: »Vielleicht sollte ich einfach aus der Schule bleiben.«
    »Komm, Freundchen. Lass’ nur einfach alles in deiner Schu l tasche. Benutze deinen Spind gar nicht.«
    Julian zog die Augenbrauen herunter und kniff störrisch die Lippen zusammen.
    »Heh, ich habe ihm die Schlange nicht in den Spind ge ­ tan«, meinte ich abwehrend. »Ich verabscheue Schlangen, Nagetiere und Spinnen. Ich hasse sie. Frag’ Arch.«
    »Stimmt«, meinte Arch, ohne gefragt zu sein. »Ich darf weder Hamster noch Wüstenrennmäuse haben. Ich darf nicht einmal eine Ameisenzucht haben.« Er schluckte den letzten Bissen seines Croissants hinunter, wischte sich den Mund ab und stand vom Tisch auf. »Insekten gehören auch noch auf die Liste.«
    Arch polterte die Treppe hinauf, um sich für die Schule ferti g zumachen. Sobald er fort war, beugte Julian sich ver ­ schwörerisch zu mir. Sein abgehärmtes Gesicht versetzte mir einen Stich.
    »Ich helfe ihm bei den Schularbeiten. Du weißt schon, ich mache ihm einen Plan, was er lernen soll, unterstütze ihn und so. Wir arbeiten jeden Abend zusammen im Esszimmer, wenn es dir recht ist. Da ist mehr Platz.«
    »Julian, du hast doch keine Zeit …«
    Mein Telefon klingelte wieder. Es war wohl einer jener Tage.
    »Lass mich abnehmen!«Julian sprang auf und nahm den Hörer, doch statt meiner üblichen Geschäftsformel sagte er: »Ja?«
    Ich hoffte inständig, dass es keiner meiner Kunden aus dem Aspen Meadow Country Club war. Julian flüsterte mir zu: »Greer Dawson«, und ich schüttelte den Kopf.
    Julian sagte: »Was? Du machst Quatsch.« Stille. »Ach, na ja …
    Sie sprach mit hoher, steifer, förmlicher Stimme. »Ich habe eine neue Himbeerkonfitüre entwickelt und hätte gerne, dass Sie sie probieren, Goldy. Sie ist … exquisit. Wir möchten, dass Sie sie in einer Linzer Torte verwenden, die Sie für das Café machen könnten.«
    »Ach, wirklich? Wer ist wir?«
    Sie antwortete mit einem Tsz.
    »Ich werde es mir überlegen, Greer.«
    »Und wie lange wird das dauern? Ich muss es wissen, ehe die Schule heute zu Ende ist, damit ich es in meine Bewer ­ bung schreiben kann, die ich wegschicken muss.«
    »Was willst du in deine Bewerbung schreiben?«
    »Dass ich ein kommerziell erfolgreiches Rezept für Him ­ beerkonfitüre entwickelt habe.«
    Ich hasse es, wenn man mir ein Ultimatum stellt, vor al ­ lem, wenn es vor acht Uhr morgens geschieht. »Sag deiner Mutter, ich komme kurz vor Mittag in der Küche des Cafés vorbei, um die Konfitüre zu probieren und mit ihr darüber zu sprechen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, legte ich auf. Mein Croissant war kalt. Ich wandte mich Julian zu. »Wes ­ halb bis du sauer auf sie?«
    »Wir sollten uns gegenseitig vor dem Eignungstest ab ­ fragen. Ich habe letztes Jahr nicht so gut abgeschnitten, wie ich wollte, zu nervös, schätze ich, daher lag mir wirklich viel daran, weißt du. Miss Ferrell« – er sprach den Namen mit dem profunden Abscheu der Jugend aus – »sagt, wir brauch ­ ten diese Büffelei nicht, aber sie hat uns trotzdem geraten, ein paar Sachen noch mal durchzugehen. Ich habe Greer gestern abgefragt. Aber statt mich dann abzufragen, muss Greer nach Denver rasen zu ihrer letzten privaten Übungs ­ stunde für die Tests.« Seine Schultern sackten nach unten. »Naja. So habe ich mehr Zeit, mich mit Arch zu beschäfti ­ gen. Wir können die Schulbücherei benutzen.«
    »Warum gehst du nicht mit Greer zu der Übungsstunde?« fragte ich arglos.
    Er stieß seinen Stuhl zurück. »Woher soll ich tausend Mäuse nehmen?«
    Es war eine rhetorische Frage, und wir beide wussten es. Doch ehe ich noch erklären konnte, dass ich ihn gerne ab ­ fragen würde, knallte Julian die Küchentür zu.

     
     
    Als die Jungen fort waren, machte ich mir eine Tasse Espresso und nahm sie mit auf die Veranda vor der Küche. Am Himmel trieben nur noch ein paar weiße Kissen entlang. Die schweren, dunklen Wolken hatten sich ve r zogen, nachdem sie nur ein paar Zentime ­ ter Schnee hinterlassen hatten. Ich fegte mit einem Hand ­ tuch Schnee und Eis von einer Holzbank und setzte mich auf ein anderes Han d tuch. Eigentlich war es zu kalt, um draußen zu sitzen, aber die Luft war belebend. Aus einem tiefblauen Himmel schien die Sonne. Die Schneehäufchen, die sich auf

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