Untitled
nicht Molly gleichtun, die wartete und wartete und immer noch darauf wartete, dass ihr so genannter Freund Jones wie von Zauberhand wieder auftauchte. Oh ja, Molly hatte Stein und Bein geschworen, dass sie nicht mehr viele Gedanken an den Kerl ve r schwendete, aber Gina wusste es besser.
Meistens geschah es am Abend, nach der Arbeit. Dann tat Molly so, als wollte sie ein Buch lesen, bis sie diesen a b wesenden Gesichtsausdruck bekam und …
Fast drei Jahre war es her, dass Molly den Scheißkerl das letzte Mal gesehen hatte. Während dieser ganzen Zeit hatte er ihr nicht einmal eine einzige Postkarte geschickt.
Natürlich, sie selbst hatte gut reden. Postkarten von Max wurden auch bei ihr unter der Rubrik »Mangelware« geführt, und zwar in der Spalte mit einer Null.
Aber sich drei Jahre lang vor Sehnsucht zu verzehren, das war lächerlich. Verdammt noch mal, schon ein Jahr war schlimm genug – und Gina hatte diesen ganz besonders düsteren Jahrestag schon vor Monaten hinter sich gebracht. Es war definitiv Zeit, die Hoffnung auf etwas, was nie geschehen würde, zu begraben. Es war hundertprozentig Zeit, sich nicht mehr länger in all diesen Was-wäre-wenns zu suhlen und en d lich vorwärtszublicken.
Vielleicht befand sich ja ein Mr. Wonderful unter den Männern, die heute Nachmittag mit dem Bus eintreffen sollten. Vielleicht würde er Gina kennen lernen, sich Hals über Kopf in sie verlieben und als Freiwilliger hier im Lager bleiben, bis ihre Zeit um war.
Das war nicht vollkommen ausgeschlossen. Es geschahen manchmal noch Zeichen und Wunder.
Falls sich die Freiwilligen aus der Busladung allerdings als ältere Herrschaften oder als Mönche oder aber – das war das Wahrscheinlichste – als ältere Mönche entpuppen sollten, dann war es vielleicht an der Zeit, das nicht nur scherzhaft gemeinte Angebot von Paul Kibathi Jimmo noch einmal zu überdenken, der Pater Ben vier schwangere Ziegen zum Tausch angeboten hatte, wenn er dafür Gina zur Frau bekam.
Paul war ein unverschämt gut aussehender, gebildeter und außerordentlich liebenswürdiger junger Mann, der von der Purdue University in Indiana ein Stipendium erhalten hatte. Doch schon während seines ersten Studienjahrs war er nach Kenia zurückgekehrt. Sein Bruder war gestorben, vermutlich an AIDS, aber niemand sprach darüber. Er wurde gebraucht, um die Farm seiner Familie zu führen.
Die noch einmal hundertsechzig Kilometer weiter draußen in der Wildnis lag. Gina wusste es nicht ganz genau, aber sie hätte ihr gesamtes Girokonto plus das Haus ihrer Eltern auf Long Island darauf verwettet, dass in Pauls Küche keine Mikrowelle stand.
Durchaus denkbar, dass sie nicht einmal ein Dach hatte.
Nicht ganz Ginas Stil, und dabei war noch nicht einmal die Tatsache berücksichtigt, dass Paul bereits mit einer Kenianerin namens Ruth verheiratet war.
»Wie-immer-sie-heißt kann bei uns im Zelt schlafen«, sagte Molly jetzt zu Gina, während sie Winnies Puls fühlte und die Decke hob, um nach dem Verband über der grässlich entzündeten Wunde des Mädchens zu sehen.
Gina musste die Augen zusammenkneifen und schaute sich die Wunde durch die Wimpern hindurch an, hoffte inständig … nein, nicht durchgeblutet, Gott sei Dank. Das hatte natü r lich nicht besonders viel zu sagen, da sie erst vor ungefähr einer Stunde Schwester Maura beim Verbandswechsel g e holfen hatte. Trotzdem, hier wurde selbst die allerkleinste Gnade registriert und voller Dankbarkeit willkommen g e heißen.
Molly hob den Kopf und blickte Gina an. »Wie heißt sie noch mal?«
»Leslie Pollard«, erwiderte Gina. »Sie ist Britin, wah r scheinlich achtzig Jahre alt und möchte mit einer Tasse Tee empfangen werden.« Und nicht etwa mit einem Schlafsack auf einem gammeligen Zeltboden. »Auch wenn wir noch irgendwo ein Feldbett auftreiben, wir würden doch niemals alle in …«
»Wir könnten uns ein Bett teilen«, sagte Molly und wandte sich Narari zu, während Gina der kleinen Patrice ein Schlüc k chen Wasser zwischen die rissigen, spröden Lippen flößte. »Du und ich. Eine von uns ist sowieso die ganze Nacht hier bei den Mädchen. Obwohl … können wir uns wirklich absolut sicher sein, dass Leslie kein Mann ist?«
Oh Gott, welch eine Vorstellung! Aber Leslie war eben gleichermaßen ein Frauen- und Männername. »AAI hat uns eine Miss Leslie Pollard angekündigt«, berichtete Gina. »Wenn die in der Zentrale also nichts verwechselt haben …«
»Was nicht völlig ausgeschlossen ist«,
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