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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: nanu
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Leben Glück und Sinn geben, verdammt noch mal, und wenn sie dabei draufging.
     
    Sarasota Hospital, Sarasota, Florid a
    1. August 2003
    Vor zweiundzwanzig Monaten
     
    Max überlegte, ob er sterben sollte.
    Das tat wahrscheinlich sehr viel weniger weh.
    Das Problem dabei: Jedes Mal, wenn er die Augen au f schlug, auch nur ein bisschen, sah er Gina, die ihn mit unen d lich besorgtem Blick betrachtete.
    Es war absolut möglich, dass sie während dieser gesamten qualvollen, schmerzerfüllten Ewigkeit seit seiner Operation nicht länger als einen oder zwei Augenblicke lang von seiner Seite gewichen war.
    Es sei denn, das alles war ein Traum und sie war in Wir k lichkeit gar nicht da.
    Aber wenn er nicht die Kraft hatte, die Augen zu öffnen, dann hörte er ihre Stimme. Die mit ihm sprach. »Bleib bei mir, Max. Verlass mich nicht. Du musst kämpfen, um meinetwillen …«
    Manchmal redete sie nicht. Manchmal weinte sie. Leise, damit er es nicht hörte.
    Aber er hörte es jedes Mal. Es gab nichts, was diesen Nebel um ihn herum besser durchdringen konnte als ihr Weinen.
    Vielleicht war es ja gar kein Traum. Vielleicht war es die Hölle.
    Nur, dass er manchmal spüren konnte, wie sie seine Hand hielt, ihre Lippen, ihre Wange an seiner Hand. Solche Freuden würde es in der Hölle niemals geben.
    Aber er konnte seine Stimme einfach nicht dazu bewegen, es ihr zu sagen, konnte nicht mehr tun, als weiteratmen und sein Herz weiterschlagen zu lassen.
    Und anstatt zu sterben, lebte er weiter. Auch wenn das b e deutete, dass er eine völlig neue Dimension des Begriffs Schmerz entdecken musste. Denn die Schmerzen, die er erlebt hatte, bevor er eine Kugel in die Brust bekommen hatte, waren nicht einmal annähernd mit den Folterqualen vergleichbar, die er jetzt durchmachen musste.
    Und doch waren diese Folterqualen nicht annähernd so schmerzhaft wie Ginas Weinen.
    Dann, eines Abends, wachte er auf.
    Wachte richtig auf. Die Augen weit aufgerissen. Die Stimme intakt. »Gina.« Die Stimme ein bisschen zu intakt. Er hatte sie eigentlich nicht aufwecken wollen.
    Aber geweckt hatte er sie. Sie hatte geschlafen, die langen Beine angezogen, zusammengerollt in einem Sessel neben seinem Bett. Jetzt setzte sie sich auf, strich sich die Haare aus dem Gesicht und griff nach der Klingelschnur für die Krankenschwestern. »Max!«
    Er wusste, dass er diesen Augenblick sein ganzes Leben lang nicht vergessen würde, und wenn er fünfhundert Jahre alt werden sollte. Diesen Gesichtsausdruck. Sie strahlte von innen heraus, obwohl ihr sofort die Tränen die Wangen hinunterliefen.
    Was er da auf ihrem Gesicht sah, das war eine Mischung aus Liebe und Hoffnung und reinster, strahlendster Freude. Es jagte ihm eine Heidenangst ein.
    Wie konnte man nur so glücklich sein?
    Und dann war er auch noch irgendwie verantwortlich dafür – einfach, indem er ihren Namen gesagt hatte.
    »Oh mein Gott«, wisperte sie. »Oh mein Gott! Schlaf nicht wieder ein. Schlaf …
    »Durst«, sagte er, aber sie war schon an der Tür.
    »Diana! Diana, er ist aufgewacht!« Sie weinte vor Glück.
    Das war eindeutig besser, als wenn sie vor Unglück weinte, so wie in seinem Auto … Wann war das gewesen? Oh Gott, erst gestern Abend? Gina hatte sich schrecklich aufgeregt, und er hatte den Fehler begangen, mit auf ihr Motelzimmer zu kommen. Um zu reden. Nur reden. Bloß, nachdem sie dann aufgehört hatte zu weinen, da hatte sie ihn geküsst, und er hatte sie geküsst und …
    Gütiger Gott.
    Was hatte er getan?
    Nachdem sie sich geliebt hatten, war Max eingeschlafen – das erste Mal seit Jahren, dass er eine Nacht lang tief und fest geschlafen hatte. Daran konnte er sich noch erinnern.
    Allerdings war er beim Aufwachen immer noch da g e wesen, in Ginas Bett. An dem Ort, den er sich geschworen hatte zu meiden. Auch daran konnte er sich noch viel zu gut erinnern.
    Und doch, er wollte bleiben. Für immer.
    Also war er natürlich weggerannt. So schnell und so weit wie menschenmöglich. Und hatte ihr dabei sehr wehgetan und …
    Moment mal.
    Ihm war vielleicht ein bisschen schwindelig und er sah die Welt ziemlich verwackelt und hatte immer noch diese e r barmungslosen Schmerzen, aber in seinem Krankenzimmer standen überall Kaffeebecher und Getränkedosen herum. An den wenigen freien Stellen waren ein paar angewelkte Blumensträuße zu sehen. Dazu noch ein Stapel mit Büchern und Zeitschriften. Ganz abgesehen davon, dass Gina die Krankenschwestern offensichtlich beim Namen kannte

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