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Untitled

Untitled

Titel: Untitled Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown Author
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Jungen hinunterschaute, dessen traurige, leblose Augen zu mir aufsahen. In meinem Kopf ging es sehr laut zu. Das Herz tat mir weh. Armer kleiner Mustaf, wer du auch gewesen sein magst.
    »Ich glaube nicht, daß er den Jungen töten wollte«, sagte ich zu Sampson. »Er oder sie.«
    »Oder es.« Sampson schüttelte den Kopf. »Ich bin für es. Das ist ein Ding, Alex. Dasselbe Ding, das Anfang der Woche in Condon Terrace zugeschlagen hat.«

    3. Kapitel
     
    Seit sie drei gewesen war, wurde Maggie Rose Dunne ständig von Menschen beobachtet. Mit neun war sie an besondere Aufmerksamkeit gewöhnt, als wäre sie das tapfere Schneiderlein oder Frankensteins Tochter.
    An jenem Morgen wurde sie beobachtet, aber sie wußte es nicht. Dieses eine Mal hätte Maggie Rose darauf geachtet. Dieses eine Mal war es ungeheuer wichtig.
    Maggie Rose war in der Georgetown-Tagesschule in Washington, wo sie versuchte, sich den anderen hundertdreißig Schülern anzupassen. Im Augenblick sangen sie alle begeistert im Chor.
    Es war für Maggie Rose nicht leicht, sich anzupassen, obwohl sie sich das verzweifelt wünschte. Schließlich war sie die neunjährige Tochter von Katherine Rose. Maggie konnte an keinem Videoladen vorbeigehen, ohne ein Bild ihrer Mutter zu sehen. Die Filme ihrer Mutter schienen jeden zweiten Abend im Fernsehen zu laufen. Ihre Mom war häufiger für den Oscar nominiert worden, als andere Schauspielerinnen in der Zeitschrift People erwähnt wurden.
    Wegen dieser ganzen Dinge versuchte Maggie Rose, so gut wie möglich in der Menge unterzutauchen. An jenem Morgen hatte sie ein ramponiertes Fido-Dido-Sweatshirt mit strategisch plazierten Löchern vorn und hinten an. Sie hatte zerschlissene, zerknitterte Guess-Jeans ausgewählt. Sie trug alte rosa ReebokTurnschuhe – ihre »alten Treter« – und Fido-Söckchen ganz unten aus dem Schrank. Sie hatte sich das lange blonde Haar mit Absicht vor der Schule nicht gewaschen.
    Ihrer Mom sind schier die Augen aus dem Kopf gefallen, als sie die Aufmachung sah. Sie sagte: »Igitt«, aber sie ließ Maggie trotzdem so in die Schule. Ihre Mom war toll. Sie begriff wirklich, was für ein schweres Leben Maggie hatte.
    Die Kinder in der überfüllten Aula, Klassen eins bis sechs, sangen »Fast Car« von Tracy Chapman. Ehe sie auf dem schimmernden schwarzen Steinway in der Aula das FolkRock-Lied spielte, hatte Ms. Kaminsky versucht, allen die Botschaft zu erklären.
    »Dieses bewegende Lied von einer jungen Schwarzen aus Massachusetts handelt davon, im reichsten Land der Welt bitterarm zu sein. Es handelt davon, in den neunziger Jahren unseres Jahrhunderts schwarz zu sein.«
    Die winzige, klapperdürre Lehrerin für Musik und Kunst war immer so intensiv. Sie hatte das Gefühl, es sei die Pflicht eines guten Lehrers nicht nur zu informieren, sondern zu überzeugen, die wichtigen jungen Köpfe in der prestigeträchtigen Tagesschule zu formen.
    Die Kinder mochten Ms. Kaminsky; deshalb versuchten sie, sich die Nöte der Armen und Benachteiligten vorzustellen. Weil die Schulgebühr an der Georgetown-Tagesschule zwölftausend Dollar betrug, brauchten sie dazu etwas Phantasie.
    »Du hast ein schnelles Auto«, sangen sie mit Ms. K. und dem Flügel.
    »Und ich habe einen Plan, uns hier rauszubringen.«
    Während Maggie »Fast Car« sang, versuchte sie ernsthaft sich vorzustellen, wie es war, wenn man so arm war. Sie hatte genug arme Leute gesehen, die in der Kälte auf den Straßen von Washington schliefen. Wenn sie sich konzentrierte, konnte sie sich schreckliche Szenen zwischen Georgetown und Dupont Circle vor Augen führen. Vor allem die Männer mit drekkigen Lumpen, die einem an jeder Ampel die Windschutzscheibe abwuschen. Ihre Mutter gab ihnen immer einen Dollar, manchmal mehr. Manche Bettler erkannten ihre Mutter und drehten völlig durch. Sie grinsten, als wäre das der Höhepunkt ihres Tages, und Katherine Rose hatte ihnen immer etwas Nettes zu sagen.
    »Du hast ein schnelles Auto«, sang Maggie Rose laut. Sie wollte ihre Stimme richtig anschwellen lassen.
    »Aber ist es so schnell, daß es wegfliegen kann?
    Wir müssen uns entscheiden,
    Heute nacht weg, und wir leben, sonst Tod uns beiden.«
    Das Lied ging mit lautem Beifall und Jubel von allen Schülern in der Aula zu Ende. Ms. Kaminsky verbeugte sich etwas linkisch vor dem Flügel.
    »Schwere Pflichtübung«, murmelte Michael Goldberg. Michael stand rechts neben Maggie. Er war ihr bester Freund in Washington, in das sie vor noch nicht einmal

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