Unvergessliches Verlangen: Roman (German Edition)
Bibliothek, als würde sein Leben davon abhängen. Livvie lag noch immer auf der Couch. Ihre Haut war ungesund grau, ihr Haar zerzaust und feucht. Ein Schnitt zog sich von ihrem rechten Ohr bis hinunter zum Ausschnitt ihres Kleides. Wie hatte sie das ertragen, was der Arzt gerade mit ihr gemacht hatte? Während der ganzen fürchterlichen Zeit hatte er keinen Laut aus dem Zimmer gehört.
Er wusste, dass noch jemand anders im Zimmer war, aber er sah nur Livvie, als er neben ihr auf die Knie fiel. »Oh, Liv«, flüsterte er und ergriff ihre Hand. »Es tut mir so leid.«
»Es ist schon gut.« Sie zuckte zurück, und er versuchte, den Stich, den ihm ihr Verhalten versetzte, zu ignorieren.
Er küsste ihre blutverschmierte Hand. »Nein, das ist es nicht. Du wärst beinahe getötet worden, und das alles nur meinetwegen.«
»Wegen einer Liste«, sagte sie.
Er spürte, dass ihre Hand leicht zitterte, und wollte Olivia an sich ziehen. Er wollte ihren Herzschlag fühlen und wissen, dass sie in Sicherheit war. Er wollte frei sein, sie zu beschützen und glücklich zu machen.
»Sie hat Angst wegen ihres Aussehens«, sagte Grace hinter ihm.
Er sah, dass Olivia ihrer Freundin einen strengen Blick zuwarf, hob die Hand und strich mit der Fingerspitze ganz sacht über ihre verletzte Wange. »Du siehst wunderschön aus«, flüsterte er. »Daran wird sich nie etwas ändern, Liv.«
Sie zog schwach an seiner Hand. Doch er ließ sie nicht los.
»Mein Gott, Liv«, fuhr er fort und hob ihre Hand, um sie zu küssen, »du warst so tapfer. Wenn ich wach gewesen wäre, während meine Wunden genäht worden sind, hätte man mich in einem Umkreis von einer Meile gehört.«
Sie schüttelte den Kopf. »In Brüssel ist mir jemand mit gutem Beispiel vorangegangen. Ich durfte mich in dieser Gesellschaft nicht blamieren.«
Tränen, die er in den vergangenen Jahren nicht vergossen hatte, stiegen in ihm auf. Er verdiente diese Frau nicht. Nicht seine mutige, wunderschöne Livvie. Wie konnte sie davon sprechen, sich zu blamieren, wenn es doch er gewesen war, der sie im Stich gelassen hatte?
»Er hat nach einer Liste gesucht, Jack«, sagte sie.
»Ja«, entgegnete er und nickte geistesabwesend. Im Augenblick konzentrierte er sich eher auf das zerzauste Haar, das er streichelte. »Es gibt eine Liste. Von Löwen. Aber das kann warten, Liv. Du nicht.«
»Ich fürchte, ich muss Ihnen widersprechen, mein Freund«, erklang eine Stimme hinter ihm. »Diese Liste kann ganz und gar nicht warten.«
Jack drehte sich um und erblickte Kit Braxton, der in der Tür stand. Doch er war nicht derjenige, der gesprochen hatte. Das war der Mann gewesen, der hinter ihm stand: der groß gewachsene, braunhaarige, elegante Marcus Belden, Earl Drake.
»Das wurde aber auch Zeit«, sagte Jack und kam mühsam auf die Beine. Er ließ Olivias Hand jedoch nicht los. Er hatte die absurde Angst, dass er sie, wenn er sie losließ, endgültig verlieren würde.
»Die Ärzte sagten, wir sollen Sie in Ruhe lassen, mein Junge«, sagte Marcus ruhig. »Wir dachten, das wäre sicherer.«
Jack wurde wütend. »Tatsächlich, Marcus? Für wen? Meine Frau, der um ein Haar die Kehle aufgeschlitzt worden wäre?«
Drake schlenderte in die Bibliothek, als würde er einen Ballsaal betreten, doch Jack sah den Schmerz in seinen Augen. »Ich bitte Sie um Entschuldigung, Ma’am«, sagte er und machte eine Verbeugung. »Das ist nicht der Dank, den wir einer so mutigen Dame schulden. Wir haben Leute, die das Haus bewachen, aber sie wurden … ausgeschaltet. Haben Sie Ihren Angreifer gesehen?«
»Ihr Angreifer ist im Weinkeller«, sagte Jack. »Er hat nach der Liste gesucht, die ich für Sie zurückgebracht habe.«
»Sie erinnern sich?«, fragte Drake, und seine Augen begannen zu leuchten.
Jack zuckte mit den Schultern. »Ein paar Dinge weiß ich wieder. An Sie erinnere ich mich ganz genau.«
»Und Sie werden uns verraten, worum es hier eigentlich geht«, sagte Lady Kate von der Tür aus. »Warum der Kopf von Drake’s Rakes auf einen Angriff in meinem Haus reagiert?«
»Trojanisches Pferd«, schlug Bea in einem missbilligenden Ton vor.
Lord Drake lachte leise. »Ich fürchte, ja, Lady Bea. Ich weiß, dass Sie das hier vertraulich behandeln: Ich arbeite manchmal im Auftrag Ihrer Majestät. Jack hat mir geholfen.«
Lady Kate runzelte die Stirn. »In Frankreich.«
»Wenn es nötig war. Einige von uns hatten nicht das Glück, eine Uniform anlegen zu dürfen. Wir tun, was wir können.«
»Ich
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