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Unverkäuflich!

Unverkäuflich!

Titel: Unverkäuflich! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bobby Dekeyser
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lag, zu vertreiben. Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt, doch ich wiederholte in jedem Gespräch, in jeder Sitzung, im eilig einberufenen Treffen aller Importeure: Wir drehen das Spiel! Wir haben neue Ideen! Wir kommen zurück  – und wir schaffen das! Das größte Abenteuer steht erst noch bevor! Das größte Abenteuer sollte eine Tour um die Welt sein, eine Reise mit unseren Möbeln, eine »Tour du Monde« zu den Sehnsuchtsorten unserer Mitarbeiter (jeder durfte angeben, wohin er schon immer reisen wollte): Kenia, New York City, Seychellen, Indien, Thailand, französische Alpen, Mexiko. Wir mussten wieder Geschichten erzählen, wir mussten in Bewegung kommen, das war wichtig. Ein Tross von vierzig Leuten sollte sich schon bald unter der Ägide des neuen Marketingchefs Tom Wallmann auf den Weg machen, und es würde eine Reise werden, von der man noch lange sprach: In Kenia sah das Team plötzlich einem Löwenmännchen direkt in die Augen, in Indien bekamen wir nur deshalb Zutritt zum Palast einer Prinzessin, weil die Wachleute meinen Sohn Yannick, der dem Fotografen assistierte, mit Leonardo di Caprio verwechselten (die Rolle musste er durchziehen, bis der Termin beendet war), in Südafrika sahen wir Wale vor dem Boot und in den Alpen fuhren wir nachts im Schein von Fackeln eine Skipiste hinunter. Energie ist wichtiger als das Produkt, das im Laden steht. Energie ist der Schlüssel zum Erfolg, alles geht um Energie. Eine Firma, die keine Energie verströmt, wird nicht zu einem Höhenflug ansetzen. Damit dies gelingen kann, braucht es eine gute Struktur und die richtigen Leute, es funktioniert wie mit einer Fußballmannschaft: Schon ein einziger Nörgler oder Miesepeter kann die Stimmung runterziehen.
    Was uns beim Neustart behinderte, war ein Brief, der mich wenige Tage später erreichte. Zwischen den Zeilen stand, was ich als Übel der heutigen Zeit empfinde: Gier. Die Bank eröffnete mir, dass sie bereit sei, in einem Meeting, an dem achtzehn Mitarbeiter und Berater teilnehmen sollten, über die Verlängerung des Kredits zu verhandeln. Allein die Option, die bestehenden Kredite zu verlängern, sollte anderthalb Millionen Euro kosten. Außerdem erwarteten sie von mir ein finanzielles Engagement in Höhe von mehreren Millionen Euro und forderten, den CEO und den Finanzchef einsetzen zu dürfen. Eine Beraterfirma sollte alle Finanzen genau durchleuchten, um Kosten zu »optimieren«. Sie wollten uns kontrollieren und herumkommandieren und uns sämtliche Risiken übertragen. Es war unfassbar in seiner Dreistigkeit. Der Termin  – dem ich zustimmen musste  – war bereits festgelegt, einige Wochen später, in Lüneburg. Ich beriet mit meinem Schwager Jan und mit Hervé, was wir dagegen unternehmen konnten, doch wir waren ratlos. Uns war klar: Wenn wir diesen Forderungen zustimmen mussten, und danach sah es aus, dann war das Ende des Unternehmens besiegelt. Gab es einen Ausweg? Seltsam war, dass mich das Verhalten der Banken zwar ärgerte, aber nicht schockierte. Ich wusste, dass irgendetwas geschehen würde, schon bald, ich konnte es spüren. Es würde sich ein Notausgang öffnen, das war ganz klar, als sagte es mir eine Stimme. Eine Woche nach dem Bankenbrief hielt ich zusammen mit Virgin-Gründer und Multimilliardär Richard Branson einen Vortrag vor dem Swiss Economic Forum, vor mehr als tausend Geschäftsleuten und Managern; die Rede wurde auch vom Schweizer Fernsehen übertragen und hinterher gab es Interviews, in denen man mich auf den Rückkauf der Firma ansprach, den viele für verrückt hielten. Ich sprach über meinen Lebensweg, über die ewige Achterbahnfahrt, über Optimismus, über Werte und das Krisengenörgel, ich stellte meine Stiftung vor. Diesen Bericht sah ein Arzt, Mitte vierzig, Sohn einer angesehenen Schweizer Familie, aus der Dynastie der Rolex-Erben, ein Bekannter meines Freundes Philippe Frutiger, eines Hoteliers aus Ascona. Daniel Borer wollte mich kennenlernen. Schon am Tag darauf trafen wir uns in Genf, ich holte ihn mit dem Motorboot in der Nähe des Flughafens ab. Weil es spät geworden war und die meisten Restaurants geschlossen hatten, saßen wir bei einer Brotzeit in unserer Küche zusammen, tranken Weißbier und aßen Brezeln. Wir unterhielten uns über das Leben, über unsere Kinder, über alles Mögliche. An einem Tag kümmert sich Daniel Borer, der Arzt, ein besonderer, sensibler Mensch, um Halsentzündungen oder Kinderkrankheiten, am nächsten betreut Daniel Borer, der Investor,

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