Unwiederbringlich
respektiert, aber der andern Herrn halber, unter denen, nach meiner freilich schwachen Personalkenntnis, einige Durchgänger sind. So, wenn ich recht sehe, Oberstlieutenant Tersling, da links am Fenster. Und dann denk ich auch an unsre Prinzessin, der als einer politischen Dame alles gleich zugetragen wird. Ich bange ohnehin vor dem Kreuzverhör, dem ich morgen oder in den nächsten Tagen ausgesetzt sein werde.«
Pentz lachte. »Lieber Holk, Sie kennen doch hoffentlich die Frauen...«
Erichsen machte schelmische Augen, weil er wußte, daß Pentz, trotz seines Glaubens, er kenne sie, sie sicherlich
nicht
kannte.
»... Die Frauen, sag ich. Und wenn nicht die Frauen, so doch die Prinzessinnen, und wenn nicht die Prinzessinnen, so doch unsre Prinzessin. Sie haben ganz recht, es ist eine politische Dame, und mit einem schleswig-holsteinschen Programm dürfen Sie ihr nicht kommen. Darin ist nichts geändert, aber auch nichts verschlimmert, weil sie, trotz aller Politikmacherei, nach wie vor ganz ancien régime ist.«
»Zugegeben. Aber was soll ich für meine Person daraus gewinnen?«
»Alles. Und ich wundre mich, daß ich Sie darüber erst aufklären muß. Was heißt ancien régime? Die Leute des ancien régime waren auch politisch, aber sie machten alles aus dem Sentiment heraus, die Frauen gewiß, und vielleicht war es das Richtige. Jedenfalls war es das Amüsantere. Da haben Sie das Wort, auf das es ankommt. Denn das Amüsante, was in der Politik wenigstens immer gleichbedeutend ist mit Chronique scandaleuse, spielte damals die Hauptrolle, wie's bei unsrer Prinzessin noch heute der Fall, und wenn Sie sich vor einem politischen Kreuzverhör fürchten, so brauchen Sie nur von Berling oder der Danner oder von Blixen-Finecke zu sprechen und nur anzudeuten, was in Skodsborg oder in der Villa der guten Frau Rasmussen an Schäfer- und Satyrspielen gespielt worden ist, so fällt jedes politische Gespräch sofort zu Boden, und Sie sind aus der Zwickmühle heraus. Hab ich recht, Erichsen?«
Erichsen bestätigte.
»Ja, meine Herren«, lachte Holk, »ich will das alles gelten lassen, aber ich kann leider nicht zugeben, daß meine Situation dadurch sonderlich gebessert wird. Die Schwierigkeiten lösen sich bloß ab. Was mich vor dem politischen Gespräch bewahren soll, ist fast noch schwieriger als das politische Gespräch selber. Wenigstens für mich. Sie vergessen, daß ich kein Eingeweihter bin und daß ich Ihr Kopenhagener Leben, trotz gelegentlicher Aufenthalte, doch eigentlich nur ganz oberflächlich aus ›Dagbladet‹ oder ›Flyveposten‹ kennenlerne. Die Danner und Berling oder die Danner und Blixen-Finecke – davon soll ich mit einem Male sprechen; aber was weiß ich davon? Nichts, gar nichts; nichts, als was ich dem neusten Witzblatt entnommen, und das weiß die Prinzessin auch, denn sie liest ja Witzblätter und Zeitungen bis in die Nacht hinein. Ich habe nichts als die Witwe Hansen, die mir doch als Bezugsquelle nicht ausreicht.«
»Ganz mit Unrecht, Holk. Da haben Sie keine richtige Vorstellung von der Witwe Hansen und ihrer Tochter. Die sind ein Nachschlagebuch für alle Kopenhagner Geschichten. Wo sie's hernehmen, ist ein süßes Geheimnis. Einige sprechen von Dionysosohren, andere von einem unterirdischen Gange, noch andere von einem Hansenschen Teleskop, das alles, was sich gewöhnlichen Sterblichen verbirgt, aus seiner Verborgenheit herauszuholen weiß. Und endlich noch andere sprechen von einem Polizeichef. Mir die verständlichste der Annahmen. Aber ob es nun das eine sei oder das andere, soviel ist gewiß, beide Frauen, oder auch Damen, wenn Sie wollen, denn ihr Rang ist schwer festzustellen, wissen alles, und wenn Sie jeden Morgen mit einer Frau Hansenschen Ausrüstung zum Dienst erscheinen, so verbürg ich mich, daß Sie gefeit sind gegen intrikate politische Gespräche. Die Hansens, und speziell die junge, wissen mehr von der Gräfin Danner als die Danner selbst. Denn Polizeibeamte haben auf diesem interessanten Gebiete sozusagen etwas Divinatorisches oder Dichterisches, und wenn nichts vorliegt, so wird was erfunden.«
»Aber da lerne ich ja meine gute Frau Hansen von einer ganz neuen Seite kennen. Ich vermutete höchste Respektabilität...«
»Ist auch da in gewissem Sinne... Wo kein Kläger ist, ist kein Richter...«
»Und ich werde mich, unter diesen Umständen, zu besondrer Vorsicht bequemen müssen...«
»Wovon ich Ihnen durchaus abreden möchte. Die Nachteile davon liegen obenauf, und
Weitere Kostenlose Bücher