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Unwiederbringlich

Unwiederbringlich

Titel: Unwiederbringlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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zwei Tage schon vor dem kaiserlichen Palaste gelegen hatte, denn die Siamschen haben einen Kaiser, kam ein Minister an Bord und lud Hansen und seine Frau zu einer großen Hoftafel ein. Der Kaiser mußte sie wohl gesehen haben. Und Brigitte saß neben ihm und sprach englisch mit ihm, und der Kaiser sah sie immer an. Und als die Tafel aufgehoben war, war er wieder sehr huldvoll und gnädig und ließ kein Auge von ihr, und als man sich verabschieden wollte, sagte er zu Hansen: ›Es läge ihm sehr daran, daß die Frau Kapitänin am anderen Tage noch einmal in den Palast käme, damit seine Getreuen im Volke, und vor allem seine Frauen (wovon er sehr viele hatte), die schöne German lady noch einmal von Angesicht zu Angesicht sehen könnten.‹ Einen Augenblick erschrak Hansen über die fortgesetzte Ehre, die ja Verrat sein konnte, denn rund um den ganzen Palast herum waren Köpfe aufgesteckt, ganz so wie wir Ananas aufstecken; aber Brigitte, die das Gespräch gehört hatte, verneigte sich vor dem Kaiser und sagte mit der richtigen Miene, denn sie hat so was Sicheres und Vornehmes, daß sie zu der festgesetzten Stunde kommen werde.«
    »Gewagt, sehr gewagt.«
    »Und sie kam auch wirklich und nahm einen erhöhten Platz ein, der vor dem Portal des Schlosses und gerade so, daß das Portal ihr Schatten gab, eigens für sie errichtet worden war, und auf diesem Throne saß sie mit einem Pfauenwedel, nachdem sie vorher der Kaiser mit einer Perlenkette geschmückt hatte. Die Kette soll wunderschön gewesen sein. Und nun zogen alle feinen Leute von Bangkok und dann das Volk an ihr vorüber und verneigten sich, und zum Schluß kamen die Frauen, und als die letzte vorüber war, erhob sich Brigitte und schritt auf den Kaiser zu, um den Pfauenwedel und die Perlenkette, womit sie sich bloß für die Zeremonie geschmückt glaubte, vor ihm niederzulegen. Und der Kaiser nahm auch beides wieder an, gab ihr aber die Kette zurück, zum Zeichen, daß sie dieselbe zum ewigen Gedächtnis tragen solle. Und gleich danach kehrte sie, während die Minister sie führten und die Leibgarde Spalier bildete, bis an die Landungsbrücke zurück, von der aus Hansen Zeuge des Ganzen gewesen war.«
    »Und nun?«
    »Und von dem Tage an war eine große Sinnesänderung an ihr wahrzunehmen, und als sie den nächsten Winter wieder hier war und der, um dessentwillen sie beinahe unglücklich geworden wäre, seine Werbungen erneuern wollte, wies sie diese Werbungen, soviel ich sehen konnte, kalt und gleichgültig zurück. Und als Hansen ein halbes Jahr später wieder an Bord ging und Brigitte ihm erklärte, daß sie, vorausgesetzt, daß er nichts dawider habe, doch lieber zu Hause bleiben wollte, weil es ihr, nach solcher kaiserlichen Auszeichnung, etwas sonderbar vorkäme, noch wieder unter Matrosen leben und vielleicht in einem Hafenwirtshause schlafen zu sollen, wo man nur Negermusik höre und alles nach Gin rieche, da war Hansen nicht bloß einverstanden damit, sondern auch ganz entzückt darüber, daß sie die Reise nicht mehr mitmachen wollte, diese nicht und alle folgenden nicht. Denn von Eifersucht war keine Spur mehr an ihm wahrzunehmen. Er sah ja, was aus Brigitten geworden war, und äußerte nur noch Furcht, daß es doch wohl zuviel gewesen und ihr der siamesische Kaiser zu sehr zu Kopfe gestiegen sei.«
    Holk war in Zweifel, ob er die Geschichte glauben oder als eine kühne Phantasieleistung und zugleich als dreistes Spiel mit seiner Leichtgläubigkeit ansehen solle. Nach allem, was Pentz gestern angedeutet, war das letztere das Wahrscheinlichere. Schließlich konnt es aber auch wahr sein. Was kommt nicht alles vor? Und so frug er denn, um sich durch etwas Ironie wenigstens vor sich selber zu rechtfertigen: »wo denn die weißen Elefanten gewesen seien?«
    »Die waren wohl in ihrem Stall«, sagte die Hansen und lachte schalkhaft.
    »Und dann die Perlenschnur, liebe Frau Hansen, die müssen Sie mir zeigen.«
    »Ja, wenn das ginge...«
    »Wenn das ginge? Warum nicht?«
    »Weil, als Brigitte wieder an Bord war, die Schnur mit einem Male fehlte; sie mußte sie verloren oder in der Aufregung im Palast vergessen haben.«
    »Aber da hätt ich doch sofort nachgefragt.«
    »Ich auch. Aber Brigitte hat so was Sonderbares, und als Hansen, wie ich nachher gehört habe, darauf bestehen wollte, sagte sie nur: ›das sei so gewöhnlich und gegen den Anstand bei Hofe‹.«
    »Ja«, sagte Holk, der jetzt klarer zu sehen anfing, »das ist richtig. Und solche Gefühle muß

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