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Urmel aus dem Eis

Urmel aus dem Eis

Titel: Urmel aus dem Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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den Sand.

    Plötzlich war Wutz bei ihm. Niemand hatte gesehen, wo sie herkam. Sie trug einen nassen Waschlappen im Maul und begann, das Wesen damit von den Eierschalen und der klebrigen Masse zu säubern.
    Da öffnete es seine Augen einen winzigen Schlitz, und das erste, was es von der Welt erblickte, war appetitliche rosa Haut. Eine Flut piepsiger Schmatz- und Quietschlaute ausstoßend, stupste es Wutz mit dem weichen Maul.
    „O du saftige Rübe — öff!“ japste Wutz. „Es hält mich womöglich für seine Mutter? Professor, was soll ich bloß tun?“ Sie wollte sich von dem mißgestaltigen Küken entfernen — aber dieses kroch auf den schwachen Beinchen hinter ihr her.
    „O ja, o ja!“ rief Professor Habakuk Tibatong wie aus einem Traum erwachend. „Kein Zweifel, es ist ein Urmel! Was für ein Wunder!“ Er riß sich die Brille herunter und fuchtelte mit ihr erregt in der Luft herum.
    „Qui quä pscht gluck gluck miminipi quä tsch tsch öh äh! …“ quietschte das Wurm.
    „Ein Urmel“, seufzte der Professor überwältigt. „Und sprechen kann es auch schon!“



Sechstes Kapitel:
In dem Professor Habakuk Tibatong einen großen Fehler macht

    Wenn man von den Tieren der Urzeit spricht, dann stellt man sie sich gewöhnlich so groß vor wie Ozeandampfer oder Wohnhäuser, jedenfalls viel gewaltiger als Elefanten. Es gab aber auch kleinere Tiere, nur finden wir diese nicht so beachtenswert wie die mächtigen Ungeheuer, die schon ausgestorben sind.
    Manche Urtiere wurden bis zu fünfunddreißig Meter lang — andere waren nicht größer als ein Huhn. Als das Urmel aus dem Ei schlüpfte, war es immerhin schon fast so groß wie ein Kind, oder genauer: wie eine Gans — nur sah es natürlich anders aus. Viel, viel später, als es ausgewachsen war, überragte es Professor Tibatong gerade um eine Kopflänge — zum Fürchten groß wurde es also niemals.
    Nun, bis dahin sollte sich noch manches ereignen.
    Zunächst herrschten Friede und Freude. Nur Wutz hatte es schwer. Als sie das Urmel wusch und von diesem so als erstes Wesen bemerkt wurde, nahm das Urmel sie instinktiv als Mutter an. Und nun konnte sie sich nicht zwei Schritte von ihm entfernen, ohne daß es in ein mörderisches Quietschen und Zetern ausbrach. Es watschelte hinter ihr her, so gut es das eben vermochte, und wenn es sie einmal vermißte, stieß es Klagelaute aus, gegen die Seele-Fants trauriger Gesang mild und heiter klang. Dann bebte sein ganzer kleiner Körper, und große Tropfen rannen aus seinen Kugelaugen. Was sollte Wutz nur machen?
    Solange das Urmel noch so schwach auf den Beinen war, konnte es nicht zum Blockhaus auf den Gipfel des Berges Homi hinaufgehen.
    Ping Pinguin schlug vor, aus Decken und Ästen eine Art Tragkorb zu bauen — aber er hatte gut reden, denn er kam als Träger ja wirklich nicht in Frage. Auch wollte Professor Tibatong das Urmel auf keinen Fall der geringsten Gefahr aussetzen: zum Beispiel konnten die Träger stolpern, das Urtierbaby zu Boden fallen und sich dabei verletzen.
    So entschied er, daß nicht weit vom Strand, am Fuß des Berges Homi und dort, wo der üppige Wald begann und die Baumblüten dufteten, ein kleines Lager hergerichtet wurde: die Urmel-Babystube.
    „Nein!“ rief Wutz ganz entschieden. „Nein! Professor, ich versorge deinen Haushalt — öff! —, ich nähe dir die Knöpfe an und bereite dir die Mahlzeiten. Vielleicht gibt es Leute, die es noch besser können, aber ich tue, was in meinen Kräften steht — öff!“
    „Du bist eine wunderbare Köchin!“ sagte der Professor. „Vor allem dein Rüben-und-Kartoffel-Eintopf ist köstlich!“
    „Danke!“ antwortete Wutz. „Aber das war es nicht, was ich hören wollte — öff! Sondern ich wollte sagen, daß ich für dich mein Bestes tue. Ich putze sogar den Dreck im Klassenzimmer weg, den deine Schüler dort hinterlassen — öff!...“
    „Äch hänterlasse keinen Dreck!“ erboste sich Schusch.
    Wutz beachtete seinen Einwurf nicht. „Aber niemand kann mich zwingen — niemand, Professor! —, weitab von meiner gemütlichen Schlummertonne meine Nächte mit dieser abscheulichen Schreckgestalt zu verbringen!“
    Und kaum hatte sie dies gesagt, trabte sie auch schon davon. Ihr appetitliches Hinterteil wippte, der Ringelschwanz stand wie ein Korkenzieher in die Höhe. Schon verbarg sie das Bambusgebüsch.
    Das Urmel, das kein Auge von ihr gelassen hatte, reckte den Hals weit vor und pumpte sich mit würgenden Schluckbewegungen voll Luft. Dann

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