V8 – Komm, wenn du dich traust!
Atem und er verstummte sofort. Da war Kiki Lilou. Das Mädchen aus seiner Schule. Aus seiner Klasse. Das einzige Mädchen, das ihn vielleicht interessierte. Vielleicht. Ja, vielleicht undwenn überhaupt! Und die stand jetzt vor ihm und schaute ihn aus dem Schatten der tief in die Stirn gezogenen Kapuze neugierig an. Ihr Gesicht war genauso ölverschmiert wie das Sweatshirt und die zerrissene Jeans. Doch David war das egal. Für ihn war das so was wie das perfekte Make-up. Sie war wunderschön und weil sie das war, hoffte er inständig, dass sie ihn in seinem Gurkenkostüm und unter dem grün geschminkten Gesicht mit der angeklebten Gurken-Pinocchio-Nase auf keinen Fall erkennen würde.
„Willst du vielleicht eine Gurke?“, fragte er heiser und würgte die Wörter aus seinem Hals, der so trocken war, als hätte Voldemort den Supermarkt persönlich in einen Backofen verwandelt.
„Ähm, willst du eine Gurke?“, fragte er noch mal, während Kiki den Kopf auf die Seite neigte, als könnte sie so durch die Schminke schauen.
Doch David blieb cool. Er stach mit der Gabel in das Gurkenfass, das er unter dem Arm trug, und zog eins der Ebenbilder seiner Nase heraus.
Na, nimm schon! Los, nimm schon!, dachte er ungeduldig und suchte gleichzeitig nach dem Weg, auf dem er schnellstens verschwinden konnte.
Da hörte er Luca hinter sich.
„Oh, nein! Bitte nicht die! Hey, Kiki Lilou, das ist nicht mein Bruder!“
David ballte die Fäuste. So zornig war er. Zornig auf Luca. Doch das nutzte ihm nichts. Der Boden unter seinen Füßen war flüssig geworden und begann Wellen zu schlagen, als Kiki jetzt grinste.
„Hallo David!“, sagte sie frech. „Da hätte ich dich doch fast nicht erkannt. Dabei bin ich nur hier, weil ich dich suche. Ich will dir was zeigen.“
„Aber er will’s nicht sehen.“
Luca war bei ihm und stellte sich mit dem Rücken zu Kiki direkt vor ihm auf: „Das ist ein Mädchen!“, zischte sie warnend. „Ein Mädchen, hörst du?! Und sie kommt aus dem Süden! Dem Süden, dem Süden! Und die ist verrückt!“
Sie wirbelte drohend zu Kiki herum.
„Zisch ab! Los, zieh Leine! Verdufte! Verschwinde!“
Sie sagte das laut, sodass jeder es hörte. Jeder im Supermarkt und davor auf der Straße.
„Verdufte! Verschwinde!“
Doch sie sah dabei wie ein Zwergpudel aus. Ein Zwergpudel, der, während er bellt, schon rückwärts zu seinem Herrchen flieht. Deshalb packte sie David und zog ihn hinter sich her.
„Das ist nicht mein Bruder David Michele. Das ist eine Gurke!“
So, jetzt wusste es jeder und jeder sah David in seinem Gurkenkostüm, als Luca mit ihrem riesigen Würstchenhut die noch riesigere Pyramide aus Gulaschsuppenkonserven rammte und in sich einstürzen ließ.
06
Die richtigen Freunde
Sechs Stunden später – nach dem fünf Stunden dauernden Job, mussten Luca und David die Gulaschsuppenpyramide wieder aufbauen – sechs Stunden später saß Luca allein an einem Tisch auf der Terrasse des Döner Diner am Rande des großen Parkplatzes vor der Kartbahn. Sie ließ eine rosarote Kaugummiblase aus ihrem Mund wachsen. Eine rosarote Blase aus Super-Diamond-Dachsmann-von-Drachenherz-Trotz. Doch als die Blase zerplatzen sollte, riss sie nur ein und fiel schlaff über Lucas Kinn und Nasenspitze, wo sie sich klebrig festsaugte. Im selben Moment knallte ein Eisbecher vor ihr auf den Tisch. Luca zuckte zusammen und sah ihren Bruder bedröppelt an.
„Ich hab dich beschützt“, sagte sie vorsichtig und zog ihren Kopf wie eine Schildkröte ein. „Du hast nicht gewollt, dass wir uns blamieren.“
David blitzte sie an. Und obwohl er vor Wut vergessen hatte, sich abzuschminken, obwohl er noch immer die grüne Schminke samt Gurkennase trug, sah er dabei sehr gefährlich aus. „Genau. Und damit das nicht noch einmal passiert, bleibst du bis um halb sieben hier.“
„Das sind mehr als zwei Stunden!“, protestierte Luca. „Und du musst auf mich aufpassen.“
„Das tut der Eisbecher!“, blaffte David zurück. „Ich kann dich nicht brauchen. Du bist ein Tollpatsch, ein …“
„Diesellutscher?“, flüsterte Luca und sah ihren Bruder mit einem Zuckerblick an, der den Eisbecher beinah zum Schmelzen brachte.
„Lass das!“, wehrte sich David. „Ich will mal dahin!“ Er zeigte auf das Logo des Turms vor der Kartbahn, das in schwindliger Höhe an den Wolken kratzte. „Sobald ich mein Kart hab, werde ich zu den Besten gehören. Zu den Besten der Besten! Raaah!“, kam David ins Schwärmen und
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