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Vaeter und Soehne

Vaeter und Soehne

Titel: Vaeter und Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivan Sergejevich Turgenev
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wahrhafter Nihilist,« dachte Kirsanoff. – »Wie dem auch sei,« erwiderte er, »so werden Sie mir erlauben, mich vorkommendenfalls an Sie zu wenden. Aber, lieber Bruder, ist es nicht Zeit, sich mit dem Verwalter zu besprechen?«
    Paul erhob sich.
    »Ja,« sagte er, ohne seine Rede an einen der Anwesenden zu richten, »es ist ein Unglück, vier oder fünf Jahre nacheinander auf dem Lande zu wohnen, fern von allen großen Geistern. Man wird allmählich ein wahrer Dummkopf. Man gibt sich alle Mühe, das, was man gelernt hat, nicht zu vergessen; allein, pah! eines schönen Morgens wird man gewahr, daß das lauter Läpperei war, nichts als müßiges Zeug, womit sich heutzutage kein verständiger Mensch mehr beschäftigt, man wird belehrt, daß man ein Faselhans ist. Was tun? Es scheint, daß die Jugend entschieden klüger ist als wir Alten.«
    Paul drehte sich langsam auf dem Absatz um und entfernte sich mit gemessenen Schritten. Sein Bruder folgte ihm.
    »Ist er immer von dieser Stärke?« fragte Bazaroff kalt, als kaum die Türe geschlossen war.
    »Hör, Eugen,« erwiderte sein Freund, »du bist zu schroff gegen ihn gewesen, du hast ihn verletzt.«
    »Wirklich? Man hätte sie wohl schonen sollen, diese Maulwurfsaristokraten! Aber all das ist nichts als Eigenliebe, Gewohnheiten des ehemaligen Löwen, Geckentum. Warum hat er seine Rolle in Petersburg nicht fortgespielt, da er sich dazu berufen fühlte? Übrigens: Gott segne ihn! Ich habe eine ziemlich seltene Spezies von
dyticus marginatus
gefunden, ich will sie dir zeigen.«
    »Ich habe dir versprochen, seine Geschichte zu erzählen,« sagte Arkad.
    »Wessen Geschichte, des
dyticus?
«
    »Geh mit deinen Scherzen, die Geschichte meines Onkels. Du wirst sehen, daß er nicht der Mann ist, für den du ihn hältst. Anstatt ihn lächerlich zu machen, solltest du ihn vielmehr bedauern.«
    »Möglich! Aber warum bist du so vernarrt in ihn?«
    »Man muß gerecht sein, Eugen.«
    »Ich wüßte nicht warum.«
    »Genug! hör zu …«
    Arkad schickte sich an, seinem Freunde die Geschichte seines Oheims zu erzählen. Der Leser findet sie in dem folgenden Kapitel.

Siebentes Kapitel.

    Paul Petrowitsch Kirsanoff hatte seine erste Kindheit mit seinem Bruder Nikolaus unter dem väterlichen Dache zugebracht; dann war er in das Pagenkorps eingetreten. Auffallend schön, selbstgefällig, ein wenig spöttisch und von koketter Reizbarkeit (was damals in der Mode war), gefiel er natürlich allgemein. Kaum Offizier geworden, trat er in die große Welt. Überall empfing man ihn mit offenen Armen, er ließ sichs wohl sein, mißbrauchte sein Glück und beging tausend Torheiten, allein das schadete ihm nichts. Die Frauen waren in ihn vernarrt, die Männer behandelten ihn als einen Gecken und beneideten ihn doch im stillen. Er lebte, wie schon erwähnt, mit seinem Bruder zusammen und hatte ihn sehr lieb, obschon dieser ihm in nichts glich. Nikolaus Petrowitsch hinkte ein wenig; auch er hatte ein angenehmes, aber ernstes Gesicht, sanfte, verschleierte Augen und spärliches Haar; er war träg, las aber gern und floh die große Welt. Paul brachte die Abende nie zu Hause zu; er hatte sich den wohlverdienten Ruf der Kühnheit und Gewandtheit erworben (er zuerst hatte unter den jungen Leuten von Stand gymnastische Übungen in Mode gebracht), seine Lektüre jedoch beschränkte sich im ganzen auf fünf oder sechs Broschüren von Chateaubriand. Mit achtundzwanzig Jahren Hauptmann geworden, stand ihm eine glänzende Laufbahn offen, als sich plötzlich alles änderte.
    Man erinnert sich in Petersburg noch der Fürstin R. In der Periode, von der wir reden, erschien sie von Zeit zu Zeit in der Residenz. Ihr Gemahl war ein Mann von guter Erziehung, aber ein wenig beschränkt, und sie hatten keine Kinder. Die Fürstin ging plötzlich für lange Zeit auf Reisen, kehrte unerwartet nach Rußland zurück und führte sich in allem höchst befremdend auf. Sie galt für leichtfertig und kokett; allen Vergnügungen gab sie sich mit Leidenschaft hin, tanzte bis zum Umsinken, scherzte und lachte mit den jungen Leuten, die sie vor dem Diner im Zwielicht ihres Salons empfing, und brachte die Nächte betend und weinend zu, ohne einen Augenblick Ruhe finden zu können. Oft blieb sie bis zum Morgen in ihrem Zimmer, die Arme in Herzensangst ringend, oder blaß und kalt über die Blätter eines Psalters gebückt. Kam der Tag, so verwandelte sie sich wieder in die elegante Dame, machte Besuche, lachte, schwatzte und warf sich auf

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