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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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vorgestoßen bin – merke ich, dass ich ihm gar nicht helfen kann . Keiner kann das. Ich bin schließlich nicht allmächtig. Nicht dass ich mir das je eingebildet habe, aber du weißt schon, man versucht die Illusion aufrechtzuerhalten.«
    Sie lächelte. »Für mich und Luc warst du immer der König von Elfland.«
    »Ich glaubte Lawrence zähmen zu können, aber nein. Konnte nicht mal Jess auf Dauer glücklich machen. Ich habe mich von der Arbeit in Beschlag nehmen lassen und war viel zu sehr damit beschäftigt, mein kleines Imperium aufzubauen, als daran zu denken, dass sie den Geist eines wilden Elfenwesens in sich trägt und, kaum bin ich weg, mit jemandem wie Lawrence in den Wald abhaut.«
    »Sie kam zurück.«
    »Ja, das tat sie. Und sang danach keine einzige Note mehr, als wollte sie sagen: Sieh nur, ich habe mir selbst die Flügel gestutzt. Das habe ich nie gewollt. Um nichts auf der Welt hätte ich ohne Lucas sein wollen. Sie hat keine Veranlassung, sich zu bestrafen.«
    »Aber du ebenso wenig. Wir brauchen unseren Vater, keinen Superman.«
    Auberon lachte leise. Er beugte sich vor und stützte seine Hände auf seinen Schenkeln ab. »Als Lawrence damals die Tore verriegelte, hat mich das erschreckt und bestürzt, wie man das von einem Vollblutelfenwesen erwarten kann. Ein Teil von mir war jedoch auch froh. Ich liebe die Erde, Rosie. Hier bin ich tief verwurzelt. Und diese schuldbewusste Seite von mir dachte, dass meine Frau und meine Kinder, solange Elysium unerreichbar war, dessen Sog nicht spüren und auch nicht in der Wildnis der Spirale verschwinden würden. Das erklärt zum Teil, warum ich Lawrence nicht allzu heftig bekämpft habe.«
    »Zum Teil?« Rosie beobachtete ihren Vater sehr genau. Seine Augen unter den gesenkten Lidern waren dunkel, kleine Schweißperlen saßen in den schwarzen Locken seines Barts. Sie hielt den Atem an, als könnte auch nur der leiseste Hauch sein Geständnis scheitern lassen.
    »Die Initiation eines jungen Elfenwesen kann eine Tortur sein. Und deshalb ging ich davon aus, dass ich mir, solange die Tore geschlossen blieben, niemals Sorgen machen müsste, meine Kinder dem ausgesetzt zu sehen.«
    »Das wissen wir, Dad.«
    Er lachte resigniert. »Euch zu sehr zu beschützen war falsch, aber ich habe erlebt, wie brutal das sein kann. Lawrence … obwohl in Sibeyla geboren, wurde von seiner Großmutter in ganz jungen Jahren auf die Erde gebracht, weshalb er von den Aelyr bei seiner Rückkehr nach Elysium wie ein Vaethyr behandelt und deshalb initiiert und gebrandmarkt wurde. Es ist die kleine Rache an denen, die die Dreistigkeit besaßen, wegzugehen. Sein Vater Albin hat ihm sein Verschwinden offenbar besonders schwer verübelt. Als meine Initiation anstand, hätte Lawrence eigentlich nicht mitkommen müssen, aber er tat es, weil wir Freunde waren.«
    »Ist etwas Schlimmes passiert?«
    »Das ist es ja, man kann es nicht vorhersagen. Als ich dran war, ja, es hat wehgetan, und ja, es war furchterregend, aber ich habe es überlebt, wie man sieht. Was Lawrence hingegen sah, trieb ihn in den Wahnsinn.«
    »Was war das?«
    »Ich glaube nicht, dass er es erklären könnte, nicht mal sich selbst. Er wurde mit dem konfrontiert, was ihn schon immer heimgesucht hat, was es auch sein mag. Ich erwachte aus meiner eigenen Trance auf den Wiesen von Elysium und sah ihn. Wir waren allein – die Initiierten werden, wie du weißt, sich selbst überlassen – und er war ein Stück vor mir, rannte blind umher und zerrte dabei an seiner Haut. Ich rannte ihm nach. Am Rande einer Schlucht blieb er stehen und ich schrie, aber er hörte mich nicht. Dann stürzte er sich hinab.
    »Als ich ihn erreichte, war er acht Meter tief hinabgestürzt und auf einem Felsen am Rande eines Flusses gelandet. Überall war Blut. Er lag bewusstlos im Wasser. Ich kletterte also hinunter und zog ihn heraus, unternahm Wiederbelebungsversuche und stoppte den Blutfluss aus seiner Seite und wartete, bis er wieder zu sich kam.«
    »Du hast ihm das Leben gerettet.«
    Auberon seufzte. »Wenigstens dieses eine. Und er war völlig durcheinander. Er fantasierte von einem Schattenungeheuer und sagte, er könne damit nicht leben, warum ich ihn nicht hätte sterben lassen. Was sollte ich dazu sagen? Ich versicherte ihm, dass es nur eine Vision sei – aber Initiationsvisionen können verzerrte Bilder der Wirklichkeit sein, wie wir nur zu gut wissen. Jedenfalls kam er wieder auf die Beine und wir kehrten zurück und verloren nie wieder ein

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