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Vaethyr: Die andere Welt

Vaethyr: Die andere Welt

Titel: Vaethyr: Die andere Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Warrington
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Hause und erholten sich. Der Schaden, den das Gewitter über Oakholme gebracht hatte, war schrecklich, aber es war keine Katastrophe, er konnte behoben werden. Was sie selbst betraf – sie konnte nicht und wagte es nicht, zu weinen. Finge sie damit an, könnte sie nie mehr aufhören. Sie musste jetzt stark sein, wie das auch Sam gewesen wäre.
    Durch das silbrige Licht kam eine Frau auf sie zugelaufen. Sie trug einen schieferblauen Umhang über ihrem langen schwarzen Kleid. Rabenschwarzes Haar umfloss ihre Schultern. Sie könnte den Schatten von Freias Krone entsprungen sein. Es war Virginia. Jon sah sie und stutzte und ging dann wortlos auf sie zu und ließ sich von ihr in ihrem Umhang in die Arme schließen. Ginnys Gesichtsausdruck verriet, dass sie irgendwie bereits über alles Bescheid wusste.
    »Irgendwie wusste ich es«, sagte Lucas plötzlich, seine Stimme ein raues Flüstern. »Ich wusste, dass der Moment, in dem wir die Tore öffneten, das Ende von Lawrence bedeutete.«
    »Er hat dich dazu gezwungen«, sagte Rosie. »Das haben wir alle gesehen.«
    »Ich hatte Angst vor ihm.« Lucas’ schwarze Wimpern senkten sich wie ein Schleier über seine Augen. »Das war nicht richtig. Ich wünschte …«
    »Es wäre alles anders gelaufen. Ja, ich weiß.«
    Die Felsen ragten standhaft in den Himmel, als wäre nichts geschehen. Rosie tastete sich mit ihren elfischen Sinnen vor: Ja, die Schattenreiche kehrten wieder wie Nebel, der vom Wind mitgerissen wurde, aber genauso leicht wieder zurückkehren konnte. Indem sie kurz darin eintauchte, sah sie, dass die Tore bis auf die schmale Öffnung des Lych-Tors geschlossen waren. Als sie in die Oberflächenrealität zurückkehrte, fiel ihr Blick auf Matthew, der müde den Berg erklomm, ein paar Meter hinter ihm folgten Comyn, Phyll und eine Handvoll Vaethyr – der gebeutelte Rest der Hirschjagd.
    »Matt?«, sagte Rosie und ging dabei auf ihren Bruder zu, um seinen Arm zu berühren. »Wohin gehst du?«
    »Ich suche natürlich Faith und Heather.«
    »Aber es könnten Gefahren auf dich lauern, Aelyr-Jäger, die dich brandmarken wollen …«
    »Wenn sie es tun, werden sie wohl genug Verstand haben, mich in Ruhe zu lassen, zur Hölle!«, sagte er kämpferisch. »Wenigstens so lange, bis ich Faith gefunden habe.«
    Er stand vor ihr in menschlicher Gestalt, aber sie nahm bereits die ersten Anzeichen der Verwandlung in sein Anderswelt-Selbst wahr, einen Anflug gestreiften, lohfarbenen Fells und glänzender Tieraugen; dann tauchte er in die Schattenreiche ab und war auch schon durchs Lych-Tor verschwunden. Rosie ließ ihn gehen. Sie verfügte weder über Energie noch Willenskraft, ihn davon abzuhalten.
    Als Comyn den Berg heraufgehumpelt kam und die Mulde erreichte, wo Rosie mit den anderen stand, trat Lucas auf ihn zu und blockierte ihm den Weg zu den Felsen.
    »Was willst du?«, fragte Comyn mit barscher Stimme. »Nach allem, was wir letzte Nacht durchgemacht haben, wirst du mich doch wohl jetzt nicht daran hindern, dass wir die Tore nun selbst in Augenschein nehmen?«
    »Ich erwarte ein wenig Respekt, Onkel«, sagte Lucas. Seine Stimme war bewegt, aber klar und bestimmt. Alle drehten sich um, um zuzuhören. Rosie sah ihren Bruder erstaunt und voller Stolz an. Er war plötzlich kein Grünschnabel mehr, sondern ein gut aussehender, selbstsicherer Mann. »Ich bitte dich darum, das Lych-Tor jetzt noch nicht zu betreten. Die Tore werden bis heute Abend verriegelt bleiben. Dann findet eine schlichte, stille Prozession zu Ehren von Lawrence statt.«
    »Das ist nur recht und billig, aber die Nacht der Sommersterne –«
    »Findet erst im Juli statt, in zwei Monaten«, sagte Luc. »Ja, sie wird stattfinden, aber es wird ein maßvolles Ereignis werden. Du glaubst doch nicht etwa, dass ich nach allem, was gestern Nacht passiert ist, die Portale weit aufreiße?« Comyn grummelte, aber Lucas bezwang ihn mit seinem Blick. »Wie, du hast wohl gedacht, du könntest mich herumschubsen, Onkel Com? Ich bin kein Kind mehr. Du kannst mich nicht kontrollieren!«
    »Offenbar.« Comyns Lippen wurden schmal, ein alter Hase, der voller Ungeduld auf die Selbsttäuschungen des Novizen reagiert. »Aber keiner von euch ist initiiert. Keiner von euch Jungen. Ihr könnt da nicht unvorbereitet hinein. Daran tragt ihr selbst keine Schuld, aber es gibt schließlich Verfahrensweisen, Prüfungen, Traditionen.«
    »Tatsächlich?«, sagte Rosie, während sie sich Comyn näherte und dabei ihren Pullover hochschob, um ihm

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