Vamperl soll nicht alleine bleiben
Großen, der holte mit der Hand aus um zuzuschlagen, aber da hing Vamperl schon an seiner Galle und saugte. Der Zweite
trat näher, Vamperl stach noch einmal zu – und fiel wie ein reifer Apfel von ihm ab. Der kleine Bub bückte sich und hob ihn
auf.
»Gib her!«, sagte der dritte Große.
»Lass ihn in Ruhe«, sagten die beiden anderen.
»Gib her!«, wiederholte der Dritte, dessen Galle noch voller Gift war.
Der kleine Bub heulte und schniefte, aber er schüttelte den Kopf.
»Nicht so fest drücken!«, rief Frau Lizzi. Der Kleine wandte sich ihr zu. Die beiden Großen hielten den Dritten fest, der
sich noch wütend wehrte.
Frau Lizzi legte dem Kleinen die Hand auf die Schulter. »Danke! Aber jetzt gib ihn mir bitte. Du tust ihm weh.« Sie hatte
furchtbare Angst, er könnte Vamperl zerdrücken.
Vamperl lag völlig verdreht da. Ein Flügel hing herunter. Blut tropfte aus der Nase des Buben.
Vorsichtig bettete Frau Lizzi Vamperl in ihre Hand. Sie legte zwei Fingerspitzen auf seine Brust. Sie spürte nichts.
»Er hat gezuckt!«, rief der Bub. »Mit einem Auge.«
Frau Lizzi hatte nichts bemerkt. Sie strich seinen Flügel zurecht.
Da rülpste Vamperl. Laut.
Frau Lizzi fing an zu lachen. Vamperl rülpste noch einmal, öffnete die Augen,stöhnte und zeigte auf seinen Bauch. Frau Lizzi massierte ihn mit einem Finger. Das schien zu helfen, nach kurzer Zeit gähnte
er und verkroch sich in die Handtasche.
Frau Lizzi lud den Buben auf ein Eis ein. Er wollte Vamperls Geschichte hören und nickte bei jedem Satz, als hätte er es so
und nicht anders erwartet. Vamperl schnarchte, dass Frau Lizzis Tasche wackelte.
Der Bub erzählte Frau Lizzi,die drei Großen hätten ihn heute zum ersten Mal erwischt. »Sonst brauche ich nie Hilfe, weil ich
so schnell bin. Und stark.« Er ballte die Faust. »Wollen Sie fühlen?«
Frau Lizzi drückte seinen Oberarm. »Du bist wirklich ziemlich stark. Übrigens – wie heißt du?«
»Murat.« Er bekam einen verschlossenen Blick, löffelte den Rest von seinem Eis aus, stand auf, bedankte sich und war in der
Menge verschwunden.
Schade, dachte Frau Lizzi. Der arme Kerl hat ja richtig Angst gekriegt. Warum wohl?
In der Nähe begann ein Lautsprecher zu krächzen. »In wenigen Minuten beginnt das große Luftballonsteigen! Vergesst nicht Namen
und Adresse auf die Karte zu schreiben und vielleicht einen Gruß dazu.«
Frau Lizzi erwischte die Kellnerin am Schürzenzipfel, zahlte und eilte zu der Frau mit den Luftballons.
»Dürfte ich auch einen haben? Ich bin zwar kein Kind...«
»Aber Sie waren einmal eines. Hier bitte!« Die Frau war freundlich. Sie reichte Frau Lizzi eine Schnur, an der ein grüner
Ballon im Wind tanzte. Frau Lizzi band die Schnur an ihr Handgelenk, setzte sich auf eine Bank und schrieb:
Auf die Rückseite schrieb sie ihre Adresse.
Die Kinder sammelten sich. Zu dumm, dachte Frau Lizzi, dass ich keine Tinte mithabe. Dann hätte ich einen Pfotenabdruck vom
Vamperl druntersetzen können.
»Eins-zwei-drei-los!«, brüllten alle.
Hunderte Luftballons schwebten in den blauen Himmel. Wunderschön sah das aus. Einen Moment lang hielten sie sich nahe beieinander,
dann trieben die ersten davon. Die Kinder wie die Großen reckten die Hälse und blickten ihnen nach. Manche winkten. Ein grüner
Luftballon flog geradewegs nach Osten. Ob das meiner ist?, dachte Frau Lizzi. Jetzt war er nur noch ein Punkt und gleich darauf
nicht mehr zu sehen.
Vamperls Abschied
Am Sonntag fastete Vamperl und Frau Lizzi ruhte sich aus.
Am Montagmorgen platzte Hannes in ihre Wohnung. »37 Spinnennetze im Haus, 89 in der Scheune und 75 im Stall, die schenke ich Ihnen alle. Mein Vater hat einen jungen Hund, der
ist fast ein Bernhardiner.«
Einen Bach hatten sie aufgestaut. Und ein Baumhaus gebaut. Und vier Rehe gesehen. »Aber der Mama kann ich nichts erzählen,
sonst fängt sie wieder an zu heulen. Auf einer Burg waren wir auch.«
»Fein, dass du es so schön gehabt hast«, sagte Frau Lizzi.
»Schön? Überhaupt nicht schön! Er hat eine Freundin und die ist auch noch nett.«
Vamperl flog auf seine Schulter undkämmte ihm mit den Fingern die Haare.
»Lass mich in Ruhe!«, schrie Hannes ihn an.
Frau Lizzi fragte: »Seit wann sind deine Eltern geschieden?«
»Seit drei Jahren.«
»Deine Mama hat doch nichts davon, wenn dein Vater unglücklich ist.«
Hannes rannte aus der Wohnung und knallte die Tür zu.
Vamperl setzte sich auf Frau Lizzis Knie und
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