Vampire Earth 2 - Wolfsdämmerung
her.
»Wir sehen uns bei Sonnenaufgang«, sagte er und kroch tiefer in das Loch.
Der Fluchttunnel war ein wahres Wunder improvisierter Baukunst. Valentine hatte angenommen, er würde sich hindurchschlängeln müssen wie ein Maulwurf durch seinen
Gang, dabei aber die breiteren Schultern der Grogs vergessen. An manchen Stellen stützte Holz die Tunnelwände, an anderen Aluminium, und zwischen Straße und Schienen kroch Valentine durch einen vollständig betonierten Tunnel. Der Bau dieses Fluchtwegs musste an sich schon eine faszinierende Geschichte abgeben; er gelobte, sich die ganze Geschichte von Khiz-Mem erzählen zu lassen, sollte er diese Sache heil überstehen.
Als die Öffnung hinter ihm zurückfiel, wurde es stockdunkel. Valentine hasste diese Abgründe vollkommener Finsternis. Die Dunkelheit des Grabes, des Todes. Selbst seine neuen, lichtempfindlicheren Augen waren hier nutzlos; nur Schlächter konnten hier jagen. Er stellte sich vor, wie stahlharte Finger aus der Dunkelheit hinter ihm nach ihm griffen und sich um seinen Hals legten. Schließlich tastete er in seiner Tasche nach einem ledernen Tabaksbeutel und holte den diamantförmigen Glühstein hervor. Er hatte ihn in ein Geflecht aus Lederschnüren gebunden, das er sich nun um den Hals hängte. Der tröstliche gelbe Lichtschein schien ihm, als begleitete ihn ein winziges Stück Sonne durch die Finsternis, und er fühlte, wie seine Furcht auf ein beherrschbares Maß zusammenschrumpfte. Er schnupperte in der feuchten Tunnelluft und nahm einen vagen Schweinegestank wahr.
Sein Bündel hinter sich herzuziehen war eine erschöpfende Angelegenheit; etwa alle zehn Minuten musste er eine Pause einlegen. Er lernte schnell, das unter einer der allzu unregelmäßig vorhandenen Belüftungsöffnungen zu tun, die die Grogs in die Oberfläche gebohrt hatten. Ratten und Feldmäuse hatten sich in dem Tunnel ein behagliches Heim geschaffen; er roch und hörte sie überall um sich herum, wenn er sie auch nicht zu sehen bekam.
Mit vor Schmerzen schreiender Muskulatur an Rücken und Schultern kroch Valentine durch den Tunnel. Es war
ein bisschen, als ruderte er, abgesehen davon, dass das Boot ebenso fehlte wie frische Luft und Wasser. Jedenfalls rutschte sein Hintern immer nur gerade einen halben Meter weiter in der scheinbar unendlich langen Dunkelheit, ehe er seinen improvisierten Deckenschlitten mit einem Zug an einem nicht vorhandenen Ruder voranzerren musste.
Der Schweinegeruch war sein heiliger Gral, sein Gestank am Ende des Tunnels. Als er intensiv genug war, dass er seine Wolfsnase nicht mehr brauchte, bewegte er sich mit neuer Energie voran. Und als seine tastende Hand dreckverschmiert war, wusste er, er hatte das Ende erreicht.
Er ließ sein Bündel an Ort und Stelle zurück. Gegen das Ekelgefühl ankämpfend schmierte er sich den widerlichen Schlamm auf Gesicht und Hände. Von jetzt an würde er daran denken, eine Dose von Duvaliers Theaterschminke mitzunehmen.
Willst dir wohl einreden, du würdest das hier überleben, was? Das war eine Kriecherei ohne Wiederkehr, und das weißt du.
Der Tunnel führte schräg nach oben. Über sich sah er ein knapp dreißig Zentimeter breites Rohr mit einem trichterförmigen Ende, das vertikal zu dem Tunnel verlief. Er legte seinen tröstlichen Glühstein weg und wartete darauf, dass seine Augen sich den Lichtverhältnissen anpassten. Dann lauschte er mit harten Ohren, hörte aber nur die leisen Geräusche der Tiere über ihm.
Valentine drückte den Trichter zur Seite. Unter dem breiten Ende verbarg sich ein Loch, das in eine Betonwanne getrieben worden war, die von einem schmutzigen Bodengitter abgedeckt wurde. Das stinkende Abflussrohr samt Trichter ließ sich problemlos wegstemmen. Er kletterte durch das Loch in den Hohlraum unterhalb des Gitters.
Er hielt inne und lauschte erneut, ehe er das Gitter anhob und auf den Zementboden des Schweinestalls in
der Scheune hinauslugte. In einer warmen Ecke lagen grunzende Mastschweine auf einem Haufen. Jenseits einer niedrigen Trennwand erkannte er weitere Schweineställe samt dem schlafenden Vieh.
Er kletterte aus dem vergitterten Loch heraus. Eines der Schweine erwachte und musterte ihn einmal von Kopf bis Fuß, ließ sich aber gleich wieder zur Seite fallen, als es erkannte, dass er keinen Schlabbereimer bei sich hatte. Valentine erkundete die unterste Ebene der dunklen Scheune. Es klang und roch, als gäbe es Kühe auf einer höheren Ebene. Das Erdgeschoss teilten sich die
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