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Vampyrus

Vampyrus

Titel: Vampyrus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hellinger , Gabriele S. Schlegel
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nicht nur seinen Kopf drehte, sondern auch Anstalten machte, sich aufzurichten. Mit Grauen sah Henk, wie Valerius seine Ellenbogen auf dem Boden aufstützte und langsam, seinen Oberkörper aufrichtete.
    Henk konnte nicht mehr denken. Er sprang auf und das Einzige, was ihm in den Sinn kam, war Verwunderung, dass er seinen Körper nicht spürte, sondern sich ganz leicht anfühlte. Mit einem letzten Funken Verstand raffte er Mantel und Tüte vom Boden auf und rannte so schnell er konnte. An die Pistole in seiner Tasche dachte er nicht mehr.
    Zwölf Tage waren vorüber. Übermorgen würde Van Buyten kommen. Sofern Henk übermorgen noch am Leben war. Mittlerweile verlief sein Leben in zwei Phasen, die sich abwechselten. Sein Leben tagsüber fühlte er sich sicher und durchlebte eine Mattigkeit und Hoffnungslosigkeit, die ihn nur noch von Stunde zu Stunde schleppte. Nachts dagegen herrschte blanke Panik in ihm. Dann starrte er stundenlang im Finstern zu dem Bullauge hinaus, ob sich Valerius noch einmal zeigen würde. Seit er ihn das erste Mal gesehen hatte, wusste er, dass der Andere draußen auf ihn lauerte. Schlafen konnte er schon lange nicht mehr und wenn, dann für ein paar Stunden, wenn der Körper sein Recht forderte. Die restliche Zeit lag er auf seinem Bett und horchte auf jedes kleine Geräusch. Es waren seltsame Geräusche von außerhalb des Pods zu hören. Manchmal ein Schaben an einer der Wände oder ein Schleifen auf dem Dach. Manchmal heulte auch nur der Wind durch das Ofenrohr. Und dann waren das auch leise winselnde Geräusche, als würde jemand draußen sitzen, der am Erfrieren war und unbedingt hereingelassen werden wollte. Dann saß Henk auch nur auf dem Fußboden mit einer Flasche Rotwein im Schoß und wiegte seinen Oberkörper hin und her.
    Van Buyten wusste die Antwort. Darüber war sich Henk ganz sicher. Die zwei Hautlappen, die er Valerius abgenommen hatte, hatte er in zwei Tüten verteilt und in die Kühltruhe gelegt, wo sie zu blutigen Eisklumpen zusammengefroren waren. Er konnte sich immer noch nicht vorstellen, warum seine Auftraggeber ein Stück Haut als Beweis für die Durchführung wollten. Vielleicht war dieser Valerius eine Art Mutant, der über unglaubliche Selbstheilungskräfte verfügte. Und die Gangster arbeiteten für ein Labor, das diese Kräfte erforschen wollte. Vielleicht um ein neuartiges Medikament herzustellen. Aber dann hätten sie auch ganz normal mit Valerius zusammenarbeiten können. Der könnte sich wiederum geweigert haben. Auf jeden Fall war dieser Valerius kein normaler Mensch. Oder, und bei dem Gedanken lief Henk eine Gänsehaut über den Rücken, waren magische Kräfte im Spiel?
    Ja, der Metallkoffer. Henk öffnete ihn und betrachtete nachdenklich die hölzernen Pfeile. Tötete man Vampire nicht, indem man ihnen einen Holzpfahl ins Herz rammte? Und hatte es nicht geheißen, dass ein Vampir nicht in ein Haus eindringen könnte, es sei denn, er würde eingeladen? Henk grinste schmerzlich. Dann wäre er ja sicher.
    Diese Nacht war die schlimmste von allen bisherigen. Trotz der zwei Flaschen Wein, die Henk getrunken hatte, um einschlafen zu können, war er zwei Stunden später schweißgebadet wieder aufgewacht. Die Bedrohung, die die ganze Zeit in der Luft gelegen hatte, war von einer Intensität, die Henk geradezu mit jeder Faser seines Körpers spürte. Ihm war, also ob direkt vor den Wänden seiner Behausung sich etwas Unheilvolles zusammenzog, das mit jeder Minute an Stärke gewann. Henk lag auf dem Rücken in seinem Bett und starrte die abblätternde Farbe auf der stählernen Zimmerdecke an. Ein Klopfen an der Außentüre ließ ihn zusammenfahren.
    „Henk, bist du da?!“ Die Stimme war die Van Buytens. Henk bewegte sich nicht, wollte nicht, dass der Mann vor der Türe mitbekam, dass er wach war. „Henk! Es ist wichtig. Lebenswichtig! Wenn du da drin bist, mach auf und lass mich rein!“
    Van Buyten klang panisch und klopfte stärker. Henk schwenkte die Beine über den Bettrand. Die Armbrust lag gespannt und geladen neben seinem Lager. Ohne zu überlegen griff er danach. Dann machte er drei Schritte zur Tür und entriegelte sie. Wie in Zeitlupe schwang die schwere Stahltüre nach innen.
    Im Rahmen stand ein dunkler Schatten. Valerius. Henk war nicht einmal besonders überrascht. Sein langes weißes Haar wehte im Wind und seine Augen waren auf ihn, Henk gerichtet. Neben Valerius stand leise vor sich hin schluchzend Van Buyten, die Hände vor sein Gesicht geschlagen.

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