Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Varus - Historischer Roman

Titel: Varus - Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iris Kammerer
Vom Netzwerk:
trotzte.
    Annius schickte die Kameraden voraus zur Taberna und kehrte um, schlenderte unschlüssig zu Fufidius’ Haus, dessen Tor die ersten Männer gerade durchschritten, als gingen sie unters Joch. Fufidius war vor seinem Anwesen stehen geblieben und wurde von einem Sklaven begrüßt, der die Zügel des Pferdes in Empfang nahm. Der Sklavenhändler ließ den Blick über die Ware schweifen, machte dann einen schnellen Schritt und griff ein Mädchen heraus, das Mädchen, das Annius gerade erst wiedererkannt hatte.
    »Die hier fasst ihr mir auf keinen Fall an, verstanden?«, rief der Dicke in den Hof. »Das ist seit Monaten die erste Jungfrau, die ich ergattern konnte. Wenn sie erst besser im Futter steht, wird sie einen hübschen Preis einbringen.«
    Annius fröstelte. Und war verwirrt. Das Schicksal des Mädchens war vollkommen alltäglich, und dennoch schien sich eine kalte Faust um seinen Magen zu ballen. Er ertappte sich dabei, dass er eine Hand auf seinen Leib legte, als der Sklavenhändler ihn ins Auge fasste und grinsend eine Braue hob. Dann schob er das Mädchen in Richtung des Aufsehers, der unbeholfen ihren Arm packte und sie wegführte.
    Sie sträubte sich nicht. Sie ließ es einfach geschehen.

    Die Taberna war angefüllt mit einem schwülen Brodem aus Schweiß und Leder, Bier und Wein, vermischt mit fadem Essensdunst - Zwiebel, Kohl und Schweinefleisch. Annius wäre lieber hinausgegangen, denn selbst in der engen Gasse wäre die Luft angenehmer gewesen als in dem stickigen Schankraum, aber die Kameraden hatten die Knöchel schon ausgepackt und knobelten mit wechselndem Glück. Nur halbherzig beteiligte er sich am Spiel, während sie lachten, einander knufften und verspotteten. Die gute Laune war ihm vergangen, als der feiste Sklavenhändler die Taberna betreten und sich zu einigen anderen Händlern an den Tisch gesetzt hatte, die sich ebenfalls mit Wein und Würfelspiel die Zeit vertrieben.
    Wieder stieg vor Annius’ Augen das Bild des Mädchens auf, das mit leicht gesenktem Kopf unter dem Torbogen stand, das Haar stumpf vom Staub und Schmutz des langen Marsches, Stirn und Wangen verdeckt von wirren Strähnen, während der fette Kerl ihren Arm umklammert hielt. Wieder hörte er die Worte des Sklavenhändlers, und er begriff nicht, warum eine solche Kleinigkeit in ihm einen solchen Widerwillen erregte, als hätten ihn die Monate des Friedens verzärtelt. Im Laufe seines Soldatenlebens hatte er weit Schlimmeres gesehen und gehört. Und getan.
    Verstohlen spähte er zu den Händlern hinüber, bemerkte, dass der Hintern des Sklavenhändlers über den Rand des Schemels quoll, während er mit verschränkten Armen dasaß und sein offenbar nicht abreißendes Glück im Spiel genoss. Rasch leerte Annius seinen Becher und erhob sich, durchquerte den Raum, um an den Tisch der Händler zu treten.
    Erst als die Gesichter der Männer sich ihm zugewandt hatten, erkannte er, wo er stand, nicht aus eigenem Antrieb, sondern als hätte ihn ein Gott hierhergeführt. Seine Hand
umschloss die Würfel, die mitten auf dem Tisch lagen, helle, elfenbeinerne Würfel.
    »Willst du ein Spiel mit uns wagen, Soldat?«, feixte einer der Männer, ein hagerer, lang aufgeschossener Mann in den besten Jahren, in dem Annius einen Pferdehändler erkannte.
    Annius nahm auch den ledernen Becher an sich und ließ die Würfel hineinfallen. »Ich will das Mädchen«, knurrte er und bohrte den Blick in die Augen des Sklavenhändlers, der ihn mit offenem Mund anstarrte.
    »Du bist auf der Straße herumgelungert, als ich eintraf.« Fufidius’ Gesicht überzog ein Grinsen. »Bist wohl einer von denen, die lieber zureiten als gebrauchte Gäule zu nehmen, was? Dazu musst du dein Glück nicht verwetten. Du kannst sie als Erster haben - wenn ich dabei bin.« Er straffte sich und verschränkte die Arme. »Und ich mache dir einen anständigen Preis. Was sagst du?«
    Stumm und reglos erwiderte Annius den Blick. Ein Mädchen den Klauen eines solchen Unholds zu entreißen, würde die Qualen, die ihn im Orcus erwarteten, verringern - und er hatte vieles abzubüßen. Er zog einen Schemel heran, um sich darauf niederzulassen. Hart schüttelte er den Becher, stülpte ihn auf den Tisch, ohne den Blick von den schmalen Augen des Sklavenhändlers zu wenden, und schob ihn langsam in die Mitte, hob ihn aber nicht hoch, sondern ließ seine Rechte darauf ruhen. »Ich will das Mädchen.«
    »Und was ist dein Einsatz?«, fragte Fufidius zwinkernd. »Nur für den Fall,

Weitere Kostenlose Bücher