Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vater sein dagegen sehr

Vater sein dagegen sehr

Titel: Vater sein dagegen sehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
Vom Netzwerk:
Matratze, Geschenk von meinem ehemaligen Fräulein Braut. Sie kam aus der Hotelbranche.«
    Luedecke sah ihn überrascht an: »Ehemalige Braut?«
    »Tcha«, murmelte Lutz, »ich konnte ihretwegen die Kinder schließlich nicht umbringen.«
    »Oh, das habe ich nicht geahnt. Und dabei war Friedrich Roeckel von der Dame und von deinem Glück so begeistert, daß das Ulrikchen Gift und Galle spuckte.«
    »Ich bin inzwischen in ein neues Glück getreten«, sagte Lutz mit einem kleinen Grinsen, »dieses Mal ins richtige. Und seltsam, diese Dame will mich nun wieder aus dem Grunde haben, aus dem die andere mir ausrückte. Die Frauen sind ziemlich merkwürdig.«
    Unten ging die Tür. Die Kinder kamen mit dem geschlachteten Kalb wieder, und der Hund sprang voraus, weil er das Kalb roch und auf die Knochen wartete, die für ihn abfallen würden. Sie schleppten ein riesiges Paket ins Zimmer.
    »Um Himmels willen!« rief Lutz bestürzt. »Was habt ihr da eigentlich eingekauft?«
    »Mei'!« schrien die Kinder, und ihre Ohren flammten und ihre Worte übersprudelten sich. »Wie wir im Metzgerladen erzählt haben, daß unser Papa aus Gefangenschaft zurückgekommen ist, da haben alle Leut im Laden geröhrt, und die Frau Metzgermeister Englert hat die Hände überm Bauch gefaltet und hat gesagt >nein, daß es so etwas gibt!<; und die Frau Oberlehrer Haberstock hat gesagt >es ist eine Fügung Gottes«, und dann hat die Frau Metzgermeister Englert eingepackt, Onkel Lutz!!« Die Kinder schlugen gleichzeitig die Hände vor den Mund — »Eingepackt, sag' ich dir! Da, nehmt's alles mit für euchernen Papa, der wo aus Rußland heimgekehrt ist, hat sie gesagt und hat eingepackt, Trümmer Würst und einen ganzen Plunzen Preßsack und Leberkäs, aber von der besten Sorte, und Kalbshaxn, und vier Schnitzl, aber solchene Trümmer!!«
    »Das goldene Hallfelder Herz«, murmelte Lutz. Irgend etwas arbeitete in seinem Halse. Zum Teufel, hörte das heute mit den Rührszenen überhaupt nicht mehr auf?! Das war ja, war ja wie auf der österreichischen Bauernbühne, wenn die Mutter auf dem Sterbebett den letzten Wunsch äußerte, noch einmal den nach Amerika ausgewanderten Wastl zu sehen, und, bumms, die Tür aufging, und der Wastl an ihrem Lager niedersank; und kaum, daß sie sich in die Arme gefallen waren, bumms, die Tür auf ging, und der Briefträger das Schreiben von der Lotterie brachte, daß sie das Große Los gewonnen hätten; und kaum, daß er draußen war, bumms, noch einmal die Tür aufging und der alte Kaiser Franz Joseph unter bengalischer Beleuchtung auf der Bühne erschien, um am Glück seiner treuen Untertanen teilzunehmen; und daß die Mutter gesund wurde, versteht sich wohl von selbst.
    »He, Rudi, na was sagst du nun zu deinem Vater, dem du noch nicht einmal die Hand gegeben hast, du Lauser!«
    Der Bub trat vor und streckte Hermann Luedecke die Hand entgegen: »Grüß Gott, Papa«, stotterte er etwas verlegen, »woaßt, ich moan — weißt du, ich meine, ich hätts net glaabt — geglaubet, moan i, wann's die Traudl mir nicht gsagt hätt', daß du unser Papa bist.«
    Sie gingen zu viert an die Arbeit. Traudl deckte den Tisch, Rudi wusch den Endiviensalat, Lutz klopfte die Schnitzel und Hermann Luedecke schürte ein. Manchmal streifte er die Kinder wie zufällig mit der Hand oder mit dem Ellenbogen. Die Schnitzel brutzelten in dem heißen Fett.
    »Und was machst du jetzt, Vati?« fragte die Traudl. »Ich mein, bleibst du hier bei uns und beim Onkel Lutz im Turm in Hallfeld?«
    »Vorerst einmal für eine Nacht, wenn der Rudi mir sein Bett abtritt.«
    »Nu freilich!« sagte der Rudi großmütig.
    »Und dann muß ich gesund werden. Das wird ein paar Wochen oder sogar ein paar Monate lang dauern. Ich bin nämlich gar nicht gut beieinander.«
    »Und dann?«
    Lutz ahnte, worauf die hartnäckigen Zwischenfragen der Kinder hinausliefen, und warf seinem Schwager einen Blick zu, der ihn zur Vorsicht mahnte. Luedecke verstand ihn sofort.
    »Ja, dann werde ich mich um eine Stellung umschauen. Der Laden, den die Mutti in Traunstein führte, wirft für uns alle doch zuwenig ab.«
    »Mei' da hast recht, es war schon ein rechtes Gefrett — aber dann?«
    Hermann Luedecke stellte sich ahnungslos.
    »Ja, Traudl, dann muß man eben sehen, wie es weitergeht. Weißt du, ich war so lange von Deutschland fort, daß ich mich hier erst wieder zurechtfinden und einleben muß. Es hat sich hier inzwischen so viel geändert. — Sieh einmal, ich hatte immer darauf

Weitere Kostenlose Bücher