Vaters böser Schatten
du solltest mit deinem Lob vorsichtiger sein. Vielleicht versau ich es heute Abend ja auch!“
„Ist mir schnuppe!“
Wenige Minuten später – Leon hatte schon Angst, dass seine Turnschuhe nicht trocken sein würden – setzten sie sich auf die Räder.
„Ich hab dich noch nie auf dem Fahrrad gesehen“, stellte Ryan fest. „Sieht sexy aus.“
„Gibt es irgendeine Situation, in der ich nicht sexy bin?“, fragte Leon frech und fuhr los.
Ryan überlegte, setzte sich ebenfalls in Bewegung und radelte gemütlich hinter Leon hinterher. „Jaah, ich weiß was!“, schrie er.
Leon bremste etwas ab. „Ach? Und?“
„Damals im Kuhstall. Du hast gesagt, ich sei ein Idiot! Da warst du nicht sexy!“
„Nicht? Oh, Snoopy, du enttäuscht mich! Sandy sagte immer, ich sei besonders sexy, wenn ich wütend bin!“
„Sandy?“, grübelte Ryan. „Oh, ich weiß. Deine Freundin aus London. Sie hatte recht. Nur damals warst du nicht wütend, als du mich als Idiot betitelt hast. Du warst genervt.“
„Und dann bin ich nicht sexy?“, grinste Leon und funkelte Ryan amüsiert an.
„Nein, dann bist du eher ziemlich anstrengend.“ Ryan bog in den Wald ein, fuhr durch einen kleinen, steinigen Bach und schlängelte sich zwischen den Bäumen durch, bis sie an der Hauptstraße wieder herauskamen.
„Mir tut der Hintern weh!“, jammerte Leon lachend, als sie endlich bei den Fahrradständern auf dem Schulhof ankamen, wo Michelle, Lauren und Rick gerade ihre Räder anschlossen.
„Na, Jungs? Wieder fit?“, lächelte Michelle und gab beiden einen kleinen Kuss.
„Klar. Du tust ja gerade so, als würden wir nichts aushalten“, antwortete Ryan.
Sie hatten am Abend mit zehn Freunden ein kleines Lagerfeuer veranstaltet, Bier getrunken und laute Musik gehört. Dakota und Rick waren zwischenzeitlich auf dem Heuboden verschwunden, Ryan und Leon selbst hatten sich für eine Viertelstunde in die Ställe zurückgezogen und alle waren nicht vor eins am Morgen im Bett gewesen.
„Eben. Wir sind doch ganze Kerle.“ Leon lachte leise auf und legte seinen Arm um Michelle. „Komm, Schatz, wir haben Musik!“
„Jaah, lass uns trällern gehen!“
Ryan blieb mit Lauren und Rick zurück und schüttelte grinsend den Kopf, als Leon noch einmal zurückkam, ihm einen kleinen, aber heftigen Kuss gab und ihn vergnügt zuzwinkerte. „Ich liebe dich …“, flüsterte er.
Ryan setzte sich im Klassenraum für Englisch auf seinen Platz und räumte in Gedanken das neue Wohnzimmer ein. Es würde toll werden. Seine Mutter machte ihm keine Sorgen. Sie liebte Leon wirklich und eigentlich betrachtete sie ihn mehr als ihren Schwiegersohn. Nur wäre es finanziell möglich? Sein Blick glitt aus dem Fenster und erstaunt stellte er fest, dass er einen wunderbaren Einblick in den Musiksaal hatte, der im gegenüberliegenden Gebäude lag.
Neugierig lehnte er sich ans Fenster und lächelte, als er Leon erkannte, der mit einer Gitarre in den Hand augenscheinlich sang. Ryan hatte ihn nie bewusst singen gehört. Nur im Auto, wo die Texte aber eher dahin genuschelt waren. Konnte er singen? Ryan musste ihn heute Abend fragen. Er zuckte zusammen, als ein Stück Kreide vor ihm auf dem Tisch landete.
„Guten Morgen, Mr. McCoy!“, lächelte Mrs. Finn, seine Englischlehrerin.
„Hi!“, grinste Ryan. „Hatten wir das nicht schon?“
Die anderen Schüler kicherten und auch Mrs. Finn konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
„Mr. McCoy, ich habe Sie etwas gefragt. Was ist denn jetzt bitte wichtiger als mein Unterricht?“
Ryan wurde etwas rot, als er einen weiteren Blick zu Leon warf, der am offenen Fenster saß und mit Michelle lachte. „Nun, ich würde nicht sagen, dass es im Moment wichtiger ist, aber mein Freund sitzt da drüben, das lenkt ab. Sorry. Was hatten Sie mich gefragt?“
„Verstehe. Nun, das ist natürlich ein Argument. Vielleicht sollte ich Sie umsetzen!“
„Ähm … nein, das wäre keine gute Idee. Ich bin artig!“ Ryan funkelte sie frech an, setzte sich gerade hin und beantwortete die Frage seiner Lehrerin, die sie gnädigerweise noch einmal wiederholte. Doch er konnte nicht anders. Seine Aufmerksamkeit verließ den Raum erneut, als er bemerkte, dass Leon ihn beobachtete.
Da saßen sie in zwei verschiedenen Räumen, lächelten sich verliebt an und sehnten die Pause herbei, bis Leon andeutete, dass er eine Zigarette rauchen gehen würde. Ryan nickte ihm zu und hob die Hand.
„Ja?“
„Ich müsste mal für kleine Jungs!“
Mrs.
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